Ich habe der Liman diesen Brief mitgeben wollen; aber wie man denn noch immer schlechter ist, als seine Vorsätze, so ist es nicht geschehen. Früher bekommen Sie ihn aber, als durch die Liman, denn sie kömmt den Mittwoch nach meiner Rechnung an, und diesen Brief haben Sie Dienstag. Ich wollte Ihnen aber gerne die gute Sensation machen, daß Ih- nen eine gute Freundin von einer andern einen Brief mit- bringen sollte, der ein Einschluß von einem Manne ist, der Sie gewiß recht schätzt. Prinz de Ligne hat mir vorgestern diesen Brief und Billet übersandt. Gestern war er auch bei mir, vermuthlich um noch etwas darüber zu sagen, mein Bad verhinderte mich aber, ihn anzunehmen. Was Sie ihm schick- ten, hat mir sehr gefallen: ihm auch, denn den Morgen dar- auf hatte ich schon die Antwort. Übrigens sind Sie in seinen Werken mit gedruckt, ich sah's in einem Theil davon, den ich hier durchblätterte, ich komme auch darin vor. Nämlich so, er hat doch voriges Jahr manches an Sie und mich addres- sirt, worauf Sie antworteten, Ihre Antworten also und seine Anreden sind der Folge nach gedruckt. Es nimmt sich ordent- lich aus, als wenn wir schon gestorben wären. Sie werden doch vermuthlich etwas von mir wissen wollen? Nun, ich befinde mich so ziemlich besser, lebe still, diät und häuslich, und ruhig mit Mariane, Mad. Bernard (die Kluge aus Bres- lau) und Burgsdorf, der Sie tausendmal lieber hat, als Sie
An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
Töplitz, den 9. September 1796.
Ich habe der Liman dieſen Brief mitgeben wollen; aber wie man denn noch immer ſchlechter iſt, als ſeine Vorſätze, ſo iſt es nicht geſchehen. Früher bekommen Sie ihn aber, als durch die Liman, denn ſie kömmt den Mittwoch nach meiner Rechnung an, und dieſen Brief haben Sie Dienstag. Ich wollte Ihnen aber gerne die gute Senſation machen, daß Ih- nen eine gute Freundin von einer andern einen Brief mit- bringen ſollte, der ein Einſchluß von einem Manne iſt, der Sie gewiß recht ſchätzt. Prinz de Ligne hat mir vorgeſtern dieſen Brief und Billet überſandt. Geſtern war er auch bei mir, vermuthlich um noch etwas darüber zu ſagen, mein Bad verhinderte mich aber, ihn anzunehmen. Was Sie ihm ſchick- ten, hat mir ſehr gefallen: ihm auch, denn den Morgen dar- auf hatte ich ſchon die Antwort. Übrigens ſind Sie in ſeinen Werken mit gedruckt, ich ſah’s in einem Theil davon, den ich hier durchblätterte, ich komme auch darin vor. Nämlich ſo, er hat doch voriges Jahr manches an Sie und mich addreſ- ſirt, worauf Sie antworteten, Ihre Antworten alſo und ſeine Anreden ſind der Folge nach gedruckt. Es nimmt ſich ordent- lich aus, als wenn wir ſchon geſtorben wären. Sie werden doch vermuthlich etwas von mir wiſſen wollen? Nun, ich befinde mich ſo ziemlich beſſer, lebe ſtill, diät und häuslich, und ruhig mit Mariane, Mad. Bernard (die Kluge aus Bres- lau) und Burgsdorf, der Sie tauſendmal lieber hat, als Sie
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0176"n="162"/><divn="2"><head>An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Töplitz, den 9. September 1796.</hi></dateline><lb/><p>Ich habe der Liman dieſen Brief mitgeben wollen; aber<lb/>
wie man denn <hirendition="#g">noch</hi> immer ſchlechter iſt, als ſeine Vorſätze,<lb/>ſo iſt es nicht geſchehen. Früher bekommen Sie ihn aber, als<lb/>
durch die Liman, denn ſie kömmt den Mittwoch nach meiner<lb/>
Rechnung an, und dieſen Brief haben Sie Dienstag. Ich<lb/>
wollte Ihnen aber gerne die gute Senſation machen, daß Ih-<lb/>
nen eine gute Freundin von einer andern einen Brief mit-<lb/>
bringen ſollte, der ein Einſchluß von einem Manne iſt, der<lb/>
Sie gewiß recht ſchätzt. Prinz de Ligne hat mir vorgeſtern<lb/>
dieſen Brief und Billet überſandt. Geſtern war er auch bei<lb/>
mir, vermuthlich um noch etwas darüber zu ſagen, mein Bad<lb/>
verhinderte mich aber, ihn anzunehmen. Was Sie ihm ſchick-<lb/>
ten, hat mir ſehr gefallen: ihm auch, denn den Morgen dar-<lb/>
auf hatte ich ſchon die Antwort. Übrigens ſind Sie in ſeinen<lb/>
Werken mit gedruckt, ich ſah’s in einem Theil davon, den ich<lb/>
hier durchblätterte, ich komme auch darin vor. Nämlich ſo,<lb/>
er hat doch voriges Jahr manches an Sie und mich addreſ-<lb/>ſirt, worauf Sie antworteten, Ihre Antworten alſo und ſeine<lb/>
Anreden ſind der Folge nach gedruckt. Es nimmt ſich ordent-<lb/>
lich aus, als wenn wir ſchon geſtorben wären. Sie werden<lb/>
doch vermuthlich etwas von mir wiſſen wollen? Nun, ich<lb/>
befinde mich ſo ziemlich beſſer, lebe ſtill, diät und häuslich,<lb/>
und ruhig mit Mariane, Mad. Bernard (die Kluge aus Bres-<lb/>
lau) und Burgsdorf, der Sie tauſendmal lieber hat, als Sie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[162/0176]
An Guſtav von Brinckmann, in Berlin.
Töplitz, den 9. September 1796.
Ich habe der Liman dieſen Brief mitgeben wollen; aber
wie man denn noch immer ſchlechter iſt, als ſeine Vorſätze,
ſo iſt es nicht geſchehen. Früher bekommen Sie ihn aber, als
durch die Liman, denn ſie kömmt den Mittwoch nach meiner
Rechnung an, und dieſen Brief haben Sie Dienstag. Ich
wollte Ihnen aber gerne die gute Senſation machen, daß Ih-
nen eine gute Freundin von einer andern einen Brief mit-
bringen ſollte, der ein Einſchluß von einem Manne iſt, der
Sie gewiß recht ſchätzt. Prinz de Ligne hat mir vorgeſtern
dieſen Brief und Billet überſandt. Geſtern war er auch bei
mir, vermuthlich um noch etwas darüber zu ſagen, mein Bad
verhinderte mich aber, ihn anzunehmen. Was Sie ihm ſchick-
ten, hat mir ſehr gefallen: ihm auch, denn den Morgen dar-
auf hatte ich ſchon die Antwort. Übrigens ſind Sie in ſeinen
Werken mit gedruckt, ich ſah’s in einem Theil davon, den ich
hier durchblätterte, ich komme auch darin vor. Nämlich ſo,
er hat doch voriges Jahr manches an Sie und mich addreſ-
ſirt, worauf Sie antworteten, Ihre Antworten alſo und ſeine
Anreden ſind der Folge nach gedruckt. Es nimmt ſich ordent-
lich aus, als wenn wir ſchon geſtorben wären. Sie werden
doch vermuthlich etwas von mir wiſſen wollen? Nun, ich
befinde mich ſo ziemlich beſſer, lebe ſtill, diät und häuslich,
und ruhig mit Mariane, Mad. Bernard (die Kluge aus Bres-
lau) und Burgsdorf, der Sie tauſendmal lieber hat, als Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/176>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.