Unsre Anwesenheit in Paris dauerte schon mehrere Wochen, und noch immer fand keine diplomatische Au¬ dienz Statt. Endlich wurde diese angesagt, und wir rüsteten uns, dem Kaiser Napoleon vorgestellt zu wer¬ den. Vorher führte der Fürst von Schwarzenberg uns noch zu einigen Großen des Hofes und Reichs, beson¬ ders aber zu Berthier, dem Fürsten von Neufchatel und Wagram, wie er damals hieß. Wir fanden eine zahl¬ reiche Versammlung, die Herren herumgehend und im wechselnden Gespräch, dem man doch einige Behutsam¬ keit anmerkte, die Damen feierlich auf ihren Stühlen, und nicht sehr lebhaft unterhalten. Der General Graf von Neipperg, mein Oberst, und ich, waren wie es schien die einzigen Fremden, und man bemächtigte sich unser mit Beeiferung. Berthier war äußerst freundlich, er hatte ein gutmüthiges, zuvorkommendes Wesen, und die Art Ruhe, welche mit großer Tüchtigkeit sich immer
Am Hofe Napoleons.
Paris, 1810.
Unſre Anweſenheit in Paris dauerte ſchon mehrere Wochen, und noch immer fand keine diplomatiſche Au¬ dienz Statt. Endlich wurde dieſe angeſagt, und wir ruͤſteten uns, dem Kaiſer Napoleon vorgeſtellt zu wer¬ den. Vorher fuͤhrte der Fuͤrſt von Schwarzenberg uns noch zu einigen Großen des Hofes und Reichs, beſon¬ ders aber zu Berthier, dem Fuͤrſten von Neufchatel und Wagram, wie er damals hieß. Wir fanden eine zahl¬ reiche Verſammlung, die Herren herumgehend und im wechſelnden Geſpraͤch, dem man doch einige Behutſam¬ keit anmerkte, die Damen feierlich auf ihren Stuͤhlen, und nicht ſehr lebhaft unterhalten. Der General Graf von Neipperg, mein Oberſt, und ich, waren wie es ſchien die einzigen Fremden, und man bemaͤchtigte ſich unſer mit Beeiferung. Berthier war aͤußerſt freundlich, er hatte ein gutmuͤthiges, zuvorkommendes Weſen, und die Art Ruhe, welche mit großer Tuͤchtigkeit ſich immer
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Am Hofe Napoleons.
Paris, 1810.
Unſre Anweſenheit in Paris dauerte ſchon mehrere
Wochen, und noch immer fand keine diplomatiſche Au¬
dienz Statt. Endlich wurde dieſe angeſagt, und wir
ruͤſteten uns, dem Kaiſer Napoleon vorgeſtellt zu wer¬
den. Vorher fuͤhrte der Fuͤrſt von Schwarzenberg uns
noch zu einigen Großen des Hofes und Reichs, beſon¬
ders aber zu Berthier, dem Fuͤrſten von Neufchatel und
Wagram, wie er damals hieß. Wir fanden eine zahl¬
reiche Verſammlung, die Herren herumgehend und im
wechſelnden Geſpraͤch, dem man doch einige Behutſam¬
keit anmerkte, die Damen feierlich auf ihren Stuͤhlen,
und nicht ſehr lebhaft unterhalten. Der General Graf
von Neipperg, mein Oberſt, und ich, waren wie es
ſchien die einzigen Fremden, und man bemaͤchtigte ſich
unſer mit Beeiferung. Berthier war aͤußerſt freundlich,
er hatte ein gutmuͤthiges, zuvorkommendes Weſen, und
die Art Ruhe, welche mit großer Tuͤchtigkeit ſich immer
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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 2. Mannheim, 1837, S. [292]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten02_1837/306>, abgerufen am 21.11.2024.
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