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Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835.

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Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen.
werden können, da sie sich, auf schwarzem Grunde betrachtet,
durch grössere Weisse von dem übrigen rothen Parenchym unter-
scheiden. Mit mehr Deutlichkeit dagegen konnte ich sie an der
Milz eines halb reifen Kalbes wahrnehmen. Auf einfachen Durch-
schnitten bemerkte ich schon ein netzförmiges Gewebe von dich-
ten Fäden, an welchen, wie die microscopische Betrachtung lehrte,
kleine Bläschen, doch in geringerer Zahl als im Erwachsenen, sa-
ssen. Dadurch, dass kleine Parthieen der frischen Milz zwischen
den Fingern zerrieben wurden, liess sich ein freies Skelett dieser
zierlichen Fäden darstellen. Leider blieb mir aber ihr Verhältniss
zu den Blutgefässen unbekannt, da das Organ nicht injicirt war.
Durch kohlensaueres Kali wurden Stücke dieser Milz sehr hart.
Auf feinen Querschnitten zeigten sich die genannten Fäden und
Bläschen mitten in einem sehr körnerreichen, rothen Parenchym.
Bei stärkeren Vergrösserungen aber stellten sich die Fäden als
eine Ansammlung von longitudinell verlaufenden, parallelen, sehr
dünnen Fasern dar, zwischen welchen eine vollkommen helle und
durchsichtige Masse befindlich war. Sie weichen also der Struc-
tur nach von dem Bauchfelle wesentlich ab und nähern sich viel-
leicht den Zwischen-Faserschichten der Arterien, welche nach Pur-
kinje's und meinen Beobachtungen ebenfalls aus parallelen Längsfa-
sern bestehen. -- Die bläuliche Farbe der Milz erscheint, wenigstens
bei den Haussäugethieren, schon vor der Mitte des Fruchtlebens.

c. Speicheldrüsen.

Die letzte Abtheilung der blastematischen Wucherungen des
Schleimblattes sind die Speicheldrüsen, welche entweder ganz in
dem Bereiche des Schleimblattes bleiben oder in das seröse Blatt
sich hineinbegeben. Es wird aber zweckmässig seyn, übersicht-
lich noch einmal die beiden vorigen Abtheilungen in das Gedächt-
niss zurückzurufen, um so den eigenthümlichen Charakter der
Speicheldrüsengenese desto deutlicher zu erkennen. Lungen, Le-
ber und Speicheldrüsen (mit einem Ausführungsgange versehene
Drüsen überhaupt) kommen darin überein, dass sie ein Blastem
haben, d. h. eine von der Stelle des Schleimblattes, in welche
sie später münden oder von welcher sie ausgehen, abgelagerte
Urmasse, welche als erste Grundlage der Bildung angesehen wer-
den kann. Allein schon diese ist in jeder Abtheilung verschieden.
Bei den Lungen und der Leber ist sie von Anfang an bestimmt,

Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen.
werden können, da sie sich, auf schwarzem Grunde betrachtet,
durch gröſsere Weiſse von dem übrigen rothen Parenchym unter-
scheiden. Mit mehr Deutlichkeit dagegen konnte ich sie an der
Milz eines halb reifen Kalbes wahrnehmen. Auf einfachen Durch-
schnitten bemerkte ich schon ein netzförmiges Gewebe von dich-
ten Fäden, an welchen, wie die microscopische Betrachtung lehrte,
kleine Bläschen, doch in geringerer Zahl als im Erwachsenen, sa-
ſsen. Dadurch, daſs kleine Parthieen der frischen Milz zwischen
den Fingern zerrieben wurden, lieſs sich ein freies Skelett dieser
zierlichen Fäden darstellen. Leider blieb mir aber ihr Verhältniſs
zu den Blutgefäſsen unbekannt, da das Organ nicht injicirt war.
Durch kohlensaueres Kali wurden Stücke dieser Milz sehr hart.
Auf feinen Querschnitten zeigten sich die genannten Fäden und
Bläschen mitten in einem sehr körnerreichen, rothen Parenchym.
Bei stärkeren Vergröſserungen aber stellten sich die Fäden als
eine Ansammlung von longitudinell verlaufenden, parallelen, sehr
dünnen Fasern dar, zwischen welchen eine vollkommen helle und
durchsichtige Masse befindlich war. Sie weichen also der Struc-
tur nach von dem Bauchfelle wesentlich ab und nähern sich viel-
leicht den Zwischen-Faserschichten der Arterien, welche nach Pur-
kinje’s und meinen Beobachtungen ebenfalls aus parallelen Längsfa-
sern bestehen. — Die bläuliche Farbe der Milz erscheint, wenigstens
bei den Haussäugethieren, schon vor der Mitte des Fruchtlebens.

c. Speicheldrüsen.

Die letzte Abtheilung der blastematischen Wucherungen des
Schleimblattes sind die Speicheldrüsen, welche entweder ganz in
dem Bereiche des Schleimblattes bleiben oder in das seröse Blatt
sich hineinbegeben. Es wird aber zweckmäſsig seyn, übersicht-
lich noch einmal die beiden vorigen Abtheilungen in das Gedächt-
niſs zurückzurufen, um so den eigenthümlichen Charakter der
Speicheldrüsengenese desto deutlicher zu erkennen. Lungen, Le-
ber und Speicheldrüsen (mit einem Ausführungsgange versehene
Drüsen überhaupt) kommen darin überein, daſs sie ein Blastem
haben, d. h. eine von der Stelle des Schleimblattes, in welche
sie später münden oder von welcher sie ausgehen, abgelagerte
Urmasse, welche als erste Grundlage der Bildung angesehen wer-
den kann. Allein schon diese ist in jeder Abtheilung verschieden.
Bei den Lungen und der Leber ist sie von Anfang an bestimmt,

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[521/0549] Ausstülpungsbildungen. Speicheldrüsen. werden können, da sie sich, auf schwarzem Grunde betrachtet, durch gröſsere Weiſse von dem übrigen rothen Parenchym unter- scheiden. Mit mehr Deutlichkeit dagegen konnte ich sie an der Milz eines halb reifen Kalbes wahrnehmen. Auf einfachen Durch- schnitten bemerkte ich schon ein netzförmiges Gewebe von dich- ten Fäden, an welchen, wie die microscopische Betrachtung lehrte, kleine Bläschen, doch in geringerer Zahl als im Erwachsenen, sa- ſsen. Dadurch, daſs kleine Parthieen der frischen Milz zwischen den Fingern zerrieben wurden, lieſs sich ein freies Skelett dieser zierlichen Fäden darstellen. Leider blieb mir aber ihr Verhältniſs zu den Blutgefäſsen unbekannt, da das Organ nicht injicirt war. Durch kohlensaueres Kali wurden Stücke dieser Milz sehr hart. Auf feinen Querschnitten zeigten sich die genannten Fäden und Bläschen mitten in einem sehr körnerreichen, rothen Parenchym. Bei stärkeren Vergröſserungen aber stellten sich die Fäden als eine Ansammlung von longitudinell verlaufenden, parallelen, sehr dünnen Fasern dar, zwischen welchen eine vollkommen helle und durchsichtige Masse befindlich war. Sie weichen also der Struc- tur nach von dem Bauchfelle wesentlich ab und nähern sich viel- leicht den Zwischen-Faserschichten der Arterien, welche nach Pur- kinje’s und meinen Beobachtungen ebenfalls aus parallelen Längsfa- sern bestehen. — Die bläuliche Farbe der Milz erscheint, wenigstens bei den Haussäugethieren, schon vor der Mitte des Fruchtlebens. c. Speicheldrüsen. Die letzte Abtheilung der blastematischen Wucherungen des Schleimblattes sind die Speicheldrüsen, welche entweder ganz in dem Bereiche des Schleimblattes bleiben oder in das seröse Blatt sich hineinbegeben. Es wird aber zweckmäſsig seyn, übersicht- lich noch einmal die beiden vorigen Abtheilungen in das Gedächt- niſs zurückzurufen, um so den eigenthümlichen Charakter der Speicheldrüsengenese desto deutlicher zu erkennen. Lungen, Le- ber und Speicheldrüsen (mit einem Ausführungsgange versehene Drüsen überhaupt) kommen darin überein, daſs sie ein Blastem haben, d. h. eine von der Stelle des Schleimblattes, in welche sie später münden oder von welcher sie ausgehen, abgelagerte Urmasse, welche als erste Grundlage der Bildung angesehen wer- den kann. Allein schon diese ist in jeder Abtheilung verschieden. Bei den Lungen und der Leber ist sie von Anfang an bestimmt,

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Zitationshilfe: Valentin, Gabriel Gustav: Handbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen mit vergleichender Rücksicht der Entwicklung der Säugetiere und Vögel. Berlin, 1835, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/valentin_entwicklungsgeschichte_1835/549>, abgerufen am 22.12.2024.