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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Willkühr, Belieben, Bestreben, Begierde, Verabscheu-
ung, Ueberlegung, Wahl und Befriedigung des Thieres
entspringen, und dadurch einer größern Vollkommenheit,
und des Thieres eigenmächtiger Anwendung zu eignen Ab-
sichten fähig werden möchten. §. 370. 371.

§. 699.

Es möchte noch für einige Leser nöthig seyn, einen
Zweifel aufzulösen, der ihnen wegen der allgemeinen na-
türlichen Subordination aller thierischen Kräfte unter die
ursprüngliche thierische Lebenskraft des Gehirns einfallen
könnte. Wir haben in diesem ganzen Werke gelehret, daß
die meisten und wesentlichsten zu einem thierischen Leben er-
foderlichen thierischen Verrichtungen nicht nur schlechter-
dings, sondern auch in ihrem natürlichen Zusammenhan-
ge, ohne Beystand und Mitwirkung des Gehirns, selbst in
beseelten Thieren, von Statten gehen können, und daß
(unbeseelte) Thiere möglich, ja wahrscheinlicher Weise
wirklich sind, die weder Gehirn, Kopf, noch Vorstellungs-
kraft besitzen, und doch alle zu ihrem thierischen Leben nö-
thige thierische Verrichtungen vollkommen durch die bloßen
Nervenkräfte bewerkstelligen können. §. 624. N. 4. Wie
läßt sich dieses mit dem Lehrsatze reimen, daß das Gehirn
ein Mittelpunkt aller thierischen Kräfte der Thiere, §. 673.
und die Absonderung der Lebensgeister in ihm und ihr Um-
trieb durch das ganze System der thierischen Maschinen
eine ursprüngliche thierische Lebenskraft Aller sey? §. 675.
"Wenn alle thierische Bewegungen der ursprünglichen thie-
"rischen Lebenskraft des Gehirns natürlich subordiniret sind;
"so kann keine von jenen ohne die Wirkung dieser entstehen
"noch fortdauren. §. 676. Nun können aber die meisten
"und wesentlichsten thierischen Verrichtungen beseelter, und
"Alle der unbeseelten Thiere ohne Gehirn, also auch ohne
"seine ursprüngliche thierische Lebenskraft sogar natürlich
"von Statten gehen: §. 358. 360. also kann man nicht
"sagen, daß sie unter der natürlichen Subordination der

"ursprüng-

III Th. Natur der Thiere im Ganzen.
Willkuͤhr, Belieben, Beſtreben, Begierde, Verabſcheu-
ung, Ueberlegung, Wahl und Befriedigung des Thieres
entſpringen, und dadurch einer groͤßern Vollkommenheit,
und des Thieres eigenmaͤchtiger Anwendung zu eignen Ab-
ſichten faͤhig werden moͤchten. §. 370. 371.

§. 699.

Es moͤchte noch fuͤr einige Leſer noͤthig ſeyn, einen
Zweifel aufzuloͤſen, der ihnen wegen der allgemeinen na-
tuͤrlichen Subordination aller thieriſchen Kraͤfte unter die
urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft des Gehirns einfallen
koͤnnte. Wir haben in dieſem ganzen Werke gelehret, daß
die meiſten und weſentlichſten zu einem thieriſchen Leben er-
foderlichen thieriſchen Verrichtungen nicht nur ſchlechter-
dings, ſondern auch in ihrem natuͤrlichen Zuſammenhan-
ge, ohne Beyſtand und Mitwirkung des Gehirns, ſelbſt in
beſeelten Thieren, von Statten gehen koͤnnen, und daß
(unbeſeelte) Thiere moͤglich, ja wahrſcheinlicher Weiſe
wirklich ſind, die weder Gehirn, Kopf, noch Vorſtellungs-
kraft beſitzen, und doch alle zu ihrem thieriſchen Leben noͤ-
thige thieriſche Verrichtungen vollkommen durch die bloßen
Nervenkraͤfte bewerkſtelligen koͤnnen. §. 624. N. 4. Wie
laͤßt ſich dieſes mit dem Lehrſatze reimen, daß das Gehirn
ein Mittelpunkt aller thieriſchen Kraͤfte der Thiere, §. 673.
und die Abſonderung der Lebensgeiſter in ihm und ihr Um-
trieb durch das ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen
eine urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft Aller ſey? §. 675.
„Wenn alle thieriſche Bewegungen der urſpruͤnglichen thie-
„riſchen Lebenskraft des Gehirns natuͤrlich ſubordiniret ſind;
„ſo kann keine von jenen ohne die Wirkung dieſer entſtehen
„noch fortdauren. §. 676. Nun koͤnnen aber die meiſten
„und weſentlichſten thieriſchen Verrichtungen beſeelter, und
„Alle der unbeſeelten Thiere ohne Gehirn, alſo auch ohne
„ſeine urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft ſogar natuͤrlich
„von Statten gehen: §. 358. 360. alſo kann man nicht
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[704/0728] III Th. Natur der Thiere im Ganzen. Willkuͤhr, Belieben, Beſtreben, Begierde, Verabſcheu- ung, Ueberlegung, Wahl und Befriedigung des Thieres entſpringen, und dadurch einer groͤßern Vollkommenheit, und des Thieres eigenmaͤchtiger Anwendung zu eignen Ab- ſichten faͤhig werden moͤchten. §. 370. 371. §. 699. Es moͤchte noch fuͤr einige Leſer noͤthig ſeyn, einen Zweifel aufzuloͤſen, der ihnen wegen der allgemeinen na- tuͤrlichen Subordination aller thieriſchen Kraͤfte unter die urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft des Gehirns einfallen koͤnnte. Wir haben in dieſem ganzen Werke gelehret, daß die meiſten und weſentlichſten zu einem thieriſchen Leben er- foderlichen thieriſchen Verrichtungen nicht nur ſchlechter- dings, ſondern auch in ihrem natuͤrlichen Zuſammenhan- ge, ohne Beyſtand und Mitwirkung des Gehirns, ſelbſt in beſeelten Thieren, von Statten gehen koͤnnen, und daß (unbeſeelte) Thiere moͤglich, ja wahrſcheinlicher Weiſe wirklich ſind, die weder Gehirn, Kopf, noch Vorſtellungs- kraft beſitzen, und doch alle zu ihrem thieriſchen Leben noͤ- thige thieriſche Verrichtungen vollkommen durch die bloßen Nervenkraͤfte bewerkſtelligen koͤnnen. §. 624. N. 4. Wie laͤßt ſich dieſes mit dem Lehrſatze reimen, daß das Gehirn ein Mittelpunkt aller thieriſchen Kraͤfte der Thiere, §. 673. und die Abſonderung der Lebensgeiſter in ihm und ihr Um- trieb durch das ganze Syſtem der thieriſchen Maſchinen eine urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft Aller ſey? §. 675. „Wenn alle thieriſche Bewegungen der urſpruͤnglichen thie- „riſchen Lebenskraft des Gehirns natuͤrlich ſubordiniret ſind; „ſo kann keine von jenen ohne die Wirkung dieſer entſtehen „noch fortdauren. §. 676. Nun koͤnnen aber die meiſten „und weſentlichſten thieriſchen Verrichtungen beſeelter, und „Alle der unbeſeelten Thiere ohne Gehirn, alſo auch ohne „ſeine urſpruͤngliche thieriſche Lebenskraft ſogar natuͤrlich „von Statten gehen: §. 358. 360. alſo kann man nicht „ſagen, daß ſie unter der natuͤrlichen Subordination der „urſpruͤng-

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/728>, abgerufen am 21.11.2024.