Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An sich betr.
und unmittelbar, daß derselbe entweder in seiner Bewe-
gung, oder in der Fortpflanzung der Eindrücke mit einer
unbegreiflichen Geschwindigkeit wirket. "Der Nervensaft,
"als ein Werkzeug der Sinne und der Bewegung betrach-
"tet, muß äußerst beweglich und fähig seyn, die Eindrücke
"der Sinnen und die Befehle des Willens, ohne den aller-
"geringsten Aufschub, an die Oerter ihrer Bestimmung
"hinzubringen, noch die Ursache seiner Bewegung dem Her-
"zen allein schuldig seyn." H. P. §. 381.

§. 20.

Es ist natürlich und durch mancherley Erscheinungen
bestätiget, daß sich durch öftern oder langen Gebrauch die
Lebensgeister verzehren, oder zu ihren Verrichtungen un-
tüchtig gemachet werden, und daß demnach die thierischen
Kräfte, deren Vermittler in ihren Wirkungen sie sind, §.
17. 18. entweder ermatten und schwinden, oder zuneh-
men, nachdem sie dem Gehirne und den Nerven entweder
entzogen oder zugeführet werden. "Wohin geht der Ner-
"vensaft, der in sehr großer Menge von dem häufigen und
"schnell bewegten Blute des Gehirns muß abgesondert wer-
"den, wenn man ihn mit der reichlichen Absonderung des
"langsamer fließenden, und vom Herzen entferntern Bluts,
"der weit kleinern Nieren- oder Gekrösschlagadern ver-
"gleicht? Es ist nicht unwahrscheinlich, daß er durch die
"Nerven der Haut ausdünste. Die Mattigkeit, die nach
"wenigen Stunden auf starke Bewegungen und Empfin-
"dungen folget, und sich durch geistige Arzneyen heben läßt,
"beweiset, daß dieser Saft verloren geht und wieder ersetzet
"wird. Viele glauben, er dünste in verschiedene Hölen des
"Körpers, wie in den Magen und in die Gedärme aus.
"Vielleicht wird ein Theil davon wieder zurückgesogen, da-
"mit dieser so nothwendige Saft nicht allzugeschwind wie-
"der verfliege." H. P. §. 385.

§. 21.

I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
und unmittelbar, daß derſelbe entweder in ſeiner Bewe-
gung, oder in der Fortpflanzung der Eindruͤcke mit einer
unbegreiflichen Geſchwindigkeit wirket. „Der Nervenſaft,
„als ein Werkzeug der Sinne und der Bewegung betrach-
„tet, muß aͤußerſt beweglich und faͤhig ſeyn, die Eindruͤcke
„der Sinnen und die Befehle des Willens, ohne den aller-
„geringſten Aufſchub, an die Oerter ihrer Beſtimmung
„hinzubringen, noch die Urſache ſeiner Bewegung dem Her-
„zen allein ſchuldig ſeyn.“ H. P. §. 381.

§. 20.

Es iſt natuͤrlich und durch mancherley Erſcheinungen
beſtaͤtiget, daß ſich durch oͤftern oder langen Gebrauch die
Lebensgeiſter verzehren, oder zu ihren Verrichtungen un-
tuͤchtig gemachet werden, und daß demnach die thieriſchen
Kraͤfte, deren Vermittler in ihren Wirkungen ſie ſind, §.
17. 18. entweder ermatten und ſchwinden, oder zuneh-
men, nachdem ſie dem Gehirne und den Nerven entweder
entzogen oder zugefuͤhret werden. „Wohin geht der Ner-
„venſaft, der in ſehr großer Menge von dem haͤufigen und
„ſchnell bewegten Blute des Gehirns muß abgeſondert wer-
„den, wenn man ihn mit der reichlichen Abſonderung des
„langſamer fließenden, und vom Herzen entferntern Bluts,
„der weit kleinern Nieren- oder Gekroͤsſchlagadern ver-
„gleicht? Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß er durch die
„Nerven der Haut ausduͤnſte. Die Mattigkeit, die nach
„wenigen Stunden auf ſtarke Bewegungen und Empfin-
„dungen folget, und ſich durch geiſtige Arzneyen heben laͤßt,
„beweiſet, daß dieſer Saft verloren geht und wieder erſetzet
„wird. Viele glauben, er duͤnſte in verſchiedene Hoͤlen des
„Koͤrpers, wie in den Magen und in die Gedaͤrme aus.
„Vielleicht wird ein Theil davon wieder zuruͤckgeſogen, da-
„mit dieſer ſo nothwendige Saft nicht allzugeſchwind wie-
„der verfliege.“ H. P. §. 385.

§. 21.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0058" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I</hi> Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An &#x017F;ich betr.</hi></fw><lb/>
und unmittelbar, daß der&#x017F;elbe entweder in &#x017F;einer Bewe-<lb/>
gung, oder in der Fortpflanzung der Eindru&#x0364;cke mit einer<lb/>
unbegreiflichen Ge&#x017F;chwindigkeit wirket. &#x201E;Der Nerven&#x017F;aft,<lb/>
&#x201E;als ein Werkzeug der Sinne und der Bewegung betrach-<lb/>
&#x201E;tet, muß a&#x0364;ußer&#x017F;t beweglich und fa&#x0364;hig &#x017F;eyn, die Eindru&#x0364;cke<lb/>
&#x201E;der Sinnen und die Befehle des Willens, ohne den aller-<lb/>
&#x201E;gering&#x017F;ten Auf&#x017F;chub, an die Oerter ihrer Be&#x017F;timmung<lb/>
&#x201E;hinzubringen, noch die Ur&#x017F;ache &#x017F;einer Bewegung dem Her-<lb/>
&#x201E;zen allein &#x017F;chuldig &#x017F;eyn.&#x201C; <hi rendition="#aq">H. P.</hi> §. 381.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 20.</head><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t natu&#x0364;rlich und durch mancherley Er&#x017F;cheinungen<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;tiget, daß &#x017F;ich durch o&#x0364;ftern oder langen Gebrauch die<lb/>
Lebensgei&#x017F;ter verzehren, oder zu ihren Verrichtungen un-<lb/>
tu&#x0364;chtig gemachet werden, und daß demnach die thieri&#x017F;chen<lb/>
Kra&#x0364;fte, deren Vermittler in ihren Wirkungen &#x017F;ie &#x017F;ind, §.<lb/>
17. 18. entweder ermatten und &#x017F;chwinden, oder zuneh-<lb/>
men, nachdem &#x017F;ie dem Gehirne und den Nerven entweder<lb/>
entzogen oder zugefu&#x0364;hret werden. &#x201E;Wohin geht der Ner-<lb/>
&#x201E;ven&#x017F;aft, der in &#x017F;ehr großer Menge von dem ha&#x0364;ufigen und<lb/>
&#x201E;&#x017F;chnell bewegten Blute des Gehirns muß abge&#x017F;ondert wer-<lb/>
&#x201E;den, wenn man ihn mit der reichlichen Ab&#x017F;onderung des<lb/>
&#x201E;lang&#x017F;amer fließenden, und vom Herzen entferntern Bluts,<lb/>
&#x201E;der weit kleinern Nieren- oder Gekro&#x0364;s&#x017F;chlagadern ver-<lb/>
&#x201E;gleicht? Es i&#x017F;t nicht unwahr&#x017F;cheinlich, daß er durch die<lb/>
&#x201E;Nerven der Haut ausdu&#x0364;n&#x017F;te. Die Mattigkeit, die nach<lb/>
&#x201E;wenigen Stunden auf &#x017F;tarke Bewegungen und Empfin-<lb/>
&#x201E;dungen folget, und &#x017F;ich durch gei&#x017F;tige Arzneyen heben la&#x0364;ßt,<lb/>
&#x201E;bewei&#x017F;et, daß die&#x017F;er Saft verloren geht und wieder er&#x017F;etzet<lb/>
&#x201E;wird. Viele glauben, er du&#x0364;n&#x017F;te in ver&#x017F;chiedene Ho&#x0364;len des<lb/>
&#x201E;Ko&#x0364;rpers, wie in den Magen und in die Geda&#x0364;rme aus.<lb/>
&#x201E;Vielleicht wird ein Theil davon wieder zuru&#x0364;ckge&#x017F;ogen, da-<lb/>
&#x201E;mit die&#x017F;er &#x017F;o nothwendige Saft nicht allzuge&#x017F;chwind wie-<lb/>
&#x201E;der verfliege.&#x201C; <hi rendition="#aq">H. P.</hi> §. 385.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">§. 21.</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0058] I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr. und unmittelbar, daß derſelbe entweder in ſeiner Bewe- gung, oder in der Fortpflanzung der Eindruͤcke mit einer unbegreiflichen Geſchwindigkeit wirket. „Der Nervenſaft, „als ein Werkzeug der Sinne und der Bewegung betrach- „tet, muß aͤußerſt beweglich und faͤhig ſeyn, die Eindruͤcke „der Sinnen und die Befehle des Willens, ohne den aller- „geringſten Aufſchub, an die Oerter ihrer Beſtimmung „hinzubringen, noch die Urſache ſeiner Bewegung dem Her- „zen allein ſchuldig ſeyn.“ H. P. §. 381. §. 20. Es iſt natuͤrlich und durch mancherley Erſcheinungen beſtaͤtiget, daß ſich durch oͤftern oder langen Gebrauch die Lebensgeiſter verzehren, oder zu ihren Verrichtungen un- tuͤchtig gemachet werden, und daß demnach die thieriſchen Kraͤfte, deren Vermittler in ihren Wirkungen ſie ſind, §. 17. 18. entweder ermatten und ſchwinden, oder zuneh- men, nachdem ſie dem Gehirne und den Nerven entweder entzogen oder zugefuͤhret werden. „Wohin geht der Ner- „venſaft, der in ſehr großer Menge von dem haͤufigen und „ſchnell bewegten Blute des Gehirns muß abgeſondert wer- „den, wenn man ihn mit der reichlichen Abſonderung des „langſamer fließenden, und vom Herzen entferntern Bluts, „der weit kleinern Nieren- oder Gekroͤsſchlagadern ver- „gleicht? Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß er durch die „Nerven der Haut ausduͤnſte. Die Mattigkeit, die nach „wenigen Stunden auf ſtarke Bewegungen und Empfin- „dungen folget, und ſich durch geiſtige Arzneyen heben laͤßt, „beweiſet, daß dieſer Saft verloren geht und wieder erſetzet „wird. Viele glauben, er duͤnſte in verſchiedene Hoͤlen des „Koͤrpers, wie in den Magen und in die Gedaͤrme aus. „Vielleicht wird ein Theil davon wieder zuruͤckgeſogen, da- „mit dieſer ſo nothwendige Saft nicht allzugeſchwind wie- „der verfliege.“ H. P. §. 385. §. 21.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/58
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/58>, abgerufen am 03.12.2024.