Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. sinnl. Eindr.
kraft innerer sinnlicher Eindrücke ohne Vorstellungen in
die Nerven der Brustmuskeln und aller zum Athemholen
erforderlicher Theile deutlich genug sehen.

§. 526.

Hieraus lassen sich die oben §. 285. unentschieden ge-
bliebenen Fragen über das Athemholen so entscheiden: daß
es bey neugebornen Thieren, die Gehirn und eine Vor-
stellungskraft haben, anfänglich blos als eine Nervenwir-
kung äußerer sinnlicher Eindrücke, oder höchstens als eine
Seelenwirkung dunkler äußerer Empfindungen hervorge-
bracht, §. 525. daß es nachher zugleich als die Seelenwir-
kung eines von dunkeln äußern Empfindungen erregten
Triebes fortgesetzet, §. 364. 285. durch die Gewohnheit
der Empfindungen seiner äußern Reize wieder zur unmit-
telbaren oder mittelbaren Nervenwirkung der äußern sinn-
lichen Eindrücke werden, §. 51. übrigens mehrentheils
mechanisch von Statten gehen, §. 475. und doch immer,
durch neuerregte Triebe oder willkührliche Vorstellungen
wieder zur Seelenwirkung gemachet, und dadurch zum La-
chen, Weinen, Seufzen, Singen, Sprechen, etc. abge-
ändert werden könne. §. 235. Nach aller Wahrschein-
lichkeit ist dieß wirklich die wahre Beschaffenheit des Athem-
holens bey denkenden Thieren. Bey solchen, die keine
Vorstellungskraft besitzen, ist das Athemholen eine Ver-
richtung, die nach einem ganz andern Mechanismo und
blos durch Nervenwirkungen bewerkstelliget wird.

§. 527.

Die nicht fleischigten ausgebreiteten empfindli-
chen Häute,
die Nerven, Drüsen, Adern, etc. in sich
enthalten, wie die äußere Haut und die Schleimhaut,
werden an sich selbst durch äußere Empfindungen nicht thie-
risch beweget, da sie ihr Gewebe hierzu unfähig machet; §.
208. mithin kann man in so fern auch in ihnen keine Ner-
venwirkungen von innern sinnlichen Eindrücken ohne Vor-

stellun-

II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr.
kraft innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen in
die Nerven der Bruſtmuskeln und aller zum Athemholen
erforderlicher Theile deutlich genug ſehen.

§. 526.

Hieraus laſſen ſich die oben §. 285. unentſchieden ge-
bliebenen Fragen uͤber das Athemholen ſo entſcheiden: daß
es bey neugebornen Thieren, die Gehirn und eine Vor-
ſtellungskraft haben, anfaͤnglich blos als eine Nervenwir-
kung aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke, oder hoͤchſtens als eine
Seelenwirkung dunkler aͤußerer Empfindungen hervorge-
bracht, §. 525. daß es nachher zugleich als die Seelenwir-
kung eines von dunkeln aͤußern Empfindungen erregten
Triebes fortgeſetzet, §. 364. 285. durch die Gewohnheit
der Empfindungen ſeiner aͤußern Reize wieder zur unmit-
telbaren oder mittelbaren Nervenwirkung der aͤußern ſinn-
lichen Eindruͤcke werden, §. 51. uͤbrigens mehrentheils
mechaniſch von Statten gehen, §. 475. und doch immer,
durch neuerregte Triebe oder willkuͤhrliche Vorſtellungen
wieder zur Seelenwirkung gemachet, und dadurch zum La-
chen, Weinen, Seufzen, Singen, Sprechen, ꝛc. abge-
aͤndert werden koͤnne. §. 235. Nach aller Wahrſchein-
lichkeit iſt dieß wirklich die wahre Beſchaffenheit des Athem-
holens bey denkenden Thieren. Bey ſolchen, die keine
Vorſtellungskraft beſitzen, iſt das Athemholen eine Ver-
richtung, die nach einem ganz andern Mechanismo und
blos durch Nervenwirkungen bewerkſtelliget wird.

§. 527.

Die nicht fleiſchigten ausgebreiteten empfindli-
chen Haͤute,
die Nerven, Druͤſen, Adern, ꝛc. in ſich
enthalten, wie die aͤußere Haut und die Schleimhaut,
werden an ſich ſelbſt durch aͤußere Empfindungen nicht thie-
riſch beweget, da ſie ihr Gewebe hierzu unfaͤhig machet; §.
208. mithin kann man in ſo fern auch in ihnen keine Ner-
venwirkungen von innern ſinnlichen Eindruͤcken ohne Vor-

ſtellun-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0544" n="520"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. &#x017F;innl. Eindr.</hi></fw><lb/>
kraft innerer &#x017F;innlicher Eindru&#x0364;cke ohne Vor&#x017F;tellungen in<lb/>
die Nerven der Bru&#x017F;tmuskeln und aller zum Athemholen<lb/>
erforderlicher Theile deutlich genug &#x017F;ehen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 526.</head><lb/>
              <p>Hieraus la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die oben §. 285. unent&#x017F;chieden ge-<lb/>
bliebenen Fragen u&#x0364;ber das Athemholen &#x017F;o ent&#x017F;cheiden: daß<lb/>
es bey neugebornen Thieren, die Gehirn und eine Vor-<lb/>
&#x017F;tellungskraft haben, anfa&#x0364;nglich blos als eine Nervenwir-<lb/>
kung a&#x0364;ußerer &#x017F;innlicher Eindru&#x0364;cke, oder ho&#x0364;ch&#x017F;tens als eine<lb/>
Seelenwirkung dunkler a&#x0364;ußerer Empfindungen hervorge-<lb/>
bracht, §. 525. daß es nachher zugleich als die Seelenwir-<lb/>
kung eines von dunkeln a&#x0364;ußern Empfindungen erregten<lb/>
Triebes fortge&#x017F;etzet, §. 364. 285. durch die Gewohnheit<lb/>
der Empfindungen &#x017F;einer a&#x0364;ußern Reize wieder zur unmit-<lb/>
telbaren oder mittelbaren Nervenwirkung der a&#x0364;ußern &#x017F;inn-<lb/>
lichen Eindru&#x0364;cke werden, §. 51. u&#x0364;brigens mehrentheils<lb/>
mechani&#x017F;ch von Statten gehen, §. 475. und doch immer,<lb/>
durch neuerregte Triebe oder willku&#x0364;hrliche Vor&#x017F;tellungen<lb/>
wieder zur Seelenwirkung gemachet, und dadurch zum La-<lb/>
chen, Weinen, Seufzen, Singen, Sprechen, &#xA75B;c. abge-<lb/>
a&#x0364;ndert werden ko&#x0364;nne. §. 235. Nach aller Wahr&#x017F;chein-<lb/>
lichkeit i&#x017F;t dieß wirklich die wahre Be&#x017F;chaffenheit des Athem-<lb/>
holens bey denkenden Thieren. Bey &#x017F;olchen, die keine<lb/>
Vor&#x017F;tellungskraft be&#x017F;itzen, i&#x017F;t das Athemholen eine Ver-<lb/>
richtung, die nach einem ganz andern Mechanismo und<lb/>
blos durch Nervenwirkungen bewerk&#x017F;telliget wird.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 527.</head><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#fr">nicht flei&#x017F;chigten ausgebreiteten empfindli-<lb/>
chen Ha&#x0364;ute,</hi> die Nerven, Dru&#x0364;&#x017F;en, Adern, &#xA75B;c. in &#x017F;ich<lb/>
enthalten, wie die <hi rendition="#fr">a&#x0364;ußere Haut</hi> und die <hi rendition="#fr">Schleimhaut,</hi><lb/>
werden an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t durch a&#x0364;ußere Empfindungen nicht thie-<lb/>
ri&#x017F;ch beweget, da &#x017F;ie ihr Gewebe hierzu unfa&#x0364;hig machet; §.<lb/>
208. mithin kann man in &#x017F;o fern auch in ihnen keine Ner-<lb/>
venwirkungen von innern &#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cken ohne Vor-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;tellun-</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0544] II Th. Nervenk. 3 Kap. des inn. ſinnl. Eindr. kraft innerer ſinnlicher Eindruͤcke ohne Vorſtellungen in die Nerven der Bruſtmuskeln und aller zum Athemholen erforderlicher Theile deutlich genug ſehen. §. 526. Hieraus laſſen ſich die oben §. 285. unentſchieden ge- bliebenen Fragen uͤber das Athemholen ſo entſcheiden: daß es bey neugebornen Thieren, die Gehirn und eine Vor- ſtellungskraft haben, anfaͤnglich blos als eine Nervenwir- kung aͤußerer ſinnlicher Eindruͤcke, oder hoͤchſtens als eine Seelenwirkung dunkler aͤußerer Empfindungen hervorge- bracht, §. 525. daß es nachher zugleich als die Seelenwir- kung eines von dunkeln aͤußern Empfindungen erregten Triebes fortgeſetzet, §. 364. 285. durch die Gewohnheit der Empfindungen ſeiner aͤußern Reize wieder zur unmit- telbaren oder mittelbaren Nervenwirkung der aͤußern ſinn- lichen Eindruͤcke werden, §. 51. uͤbrigens mehrentheils mechaniſch von Statten gehen, §. 475. und doch immer, durch neuerregte Triebe oder willkuͤhrliche Vorſtellungen wieder zur Seelenwirkung gemachet, und dadurch zum La- chen, Weinen, Seufzen, Singen, Sprechen, ꝛc. abge- aͤndert werden koͤnne. §. 235. Nach aller Wahrſchein- lichkeit iſt dieß wirklich die wahre Beſchaffenheit des Athem- holens bey denkenden Thieren. Bey ſolchen, die keine Vorſtellungskraft beſitzen, iſt das Athemholen eine Ver- richtung, die nach einem ganz andern Mechanismo und blos durch Nervenwirkungen bewerkſtelliget wird. §. 527. Die nicht fleiſchigten ausgebreiteten empfindli- chen Haͤute, die Nerven, Druͤſen, Adern, ꝛc. in ſich enthalten, wie die aͤußere Haut und die Schleimhaut, werden an ſich ſelbſt durch aͤußere Empfindungen nicht thie- riſch beweget, da ſie ihr Gewebe hierzu unfaͤhig machet; §. 208. mithin kann man in ſo fern auch in ihnen keine Ner- venwirkungen von innern ſinnlichen Eindruͤcken ohne Vor- ſtellun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/544
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/544>, abgerufen am 21.11.2024.