Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

II Th. Nervenkräfte.
pfunden, und die innern zugleich von Vorstellungen her-
vorgebracht werden, oder nicht.

§. 399.

Ein äußerer sinnlicher Eindruck wird in einen innern
verwandelt, oder bringt einen innern hervor, wenn sein
Fortgang, welcher natürlicher Weise von den Nervenspitzen
nach dem Gehirne hin gerichtet ist, so gewendet, oder re-
flektiret wird, daß er vom Gehirne herwärts, nach den
Zweigen und Spitzen der Nerven zurückgeht. §. 32. 121.
Dieß geschieht bey Thieren, die thierischer Seelenkräfte fä-
hig sind, gewöhnlicher maßen im Gehirne durch die äußere
Empfindung des äußern sinnlichen Eindrucks. §. 129.
N. 2. Allein, da der äußere sinnliche Eindruck auch ohne
empfunden zu werden, ja ohne Gegenwart des Gehirns,
Kopfs und der Seele, eben die thierischen Bewegungen in
den mechanischen Maschinen hervorbringt, welche der in-
nere sinnliche Eindruck seiner äußern Empfindung wirket,
§. 358. so muß er, auch ohne diesen Uebergang in eine
Seelenwirkung, zum innern sinnlichen Eindrucke ohne Vor-
stellungen werden, indem er auf seinem Wege, schon ehe
er im Gehirne die materielle äußere Empfindung formiret,
umgewendet und reflektiret wird. Ob dieses im Gehirne
selbst geschehen könne, ist wahrscheinlich, aber dunkel: §.
373. 376. im Nerven hingegen ist kein Ort, wo es sich
wahrscheinlicher zutragen kann, als in den Nervenknoten
der Bewegungsnerven, §. 14. und in den Scheidepunkten
ihrer Stämme und Zweige. §. 48. Also verrichten allem
Ansehen nach die Nervenknoten und diese Scheidepunkte in
den Bewegungsnerven das Amt des Gehirns bey den äu-
ßern sinnlichen Eindrücken, indem sie dieselben auf ihrem
Wege nach dem Ursprunge des Nerven von dieser ihrer
Richtung ableiten, und entweder andern Nerven und Zwei-
gen, oder den ableitenden Faden in demselben Nerven ei-
nen innern sinnlichen Eindruck, herwärts vom Gehirne
nach den Spitzen hin, beybringen, wodurch dann diese

Nerven-

II Th. Nervenkraͤfte.
pfunden, und die innern zugleich von Vorſtellungen her-
vorgebracht werden, oder nicht.

§. 399.

Ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck wird in einen innern
verwandelt, oder bringt einen innern hervor, wenn ſein
Fortgang, welcher natuͤrlicher Weiſe von den Nervenſpitzen
nach dem Gehirne hin gerichtet iſt, ſo gewendet, oder re-
flektiret wird, daß er vom Gehirne herwaͤrts, nach den
Zweigen und Spitzen der Nerven zuruͤckgeht. §. 32. 121.
Dieß geſchieht bey Thieren, die thieriſcher Seelenkraͤfte faͤ-
hig ſind, gewoͤhnlicher maßen im Gehirne durch die aͤußere
Empfindung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks. §. 129.
N. 2. Allein, da der aͤußere ſinnliche Eindruck auch ohne
empfunden zu werden, ja ohne Gegenwart des Gehirns,
Kopfs und der Seele, eben die thieriſchen Bewegungen in
den mechaniſchen Maſchinen hervorbringt, welche der in-
nere ſinnliche Eindruck ſeiner aͤußern Empfindung wirket,
§. 358. ſo muß er, auch ohne dieſen Uebergang in eine
Seelenwirkung, zum innern ſinnlichen Eindrucke ohne Vor-
ſtellungen werden, indem er auf ſeinem Wege, ſchon ehe
er im Gehirne die materielle aͤußere Empfindung formiret,
umgewendet und reflektiret wird. Ob dieſes im Gehirne
ſelbſt geſchehen koͤnne, iſt wahrſcheinlich, aber dunkel: §.
373. 376. im Nerven hingegen iſt kein Ort, wo es ſich
wahrſcheinlicher zutragen kann, als in den Nervenknoten
der Bewegungsnerven, §. 14. und in den Scheidepunkten
ihrer Staͤmme und Zweige. §. 48. Alſo verrichten allem
Anſehen nach die Nervenknoten und dieſe Scheidepunkte in
den Bewegungsnerven das Amt des Gehirns bey den aͤu-
ßern ſinnlichen Eindruͤcken, indem ſie dieſelben auf ihrem
Wege nach dem Urſprunge des Nerven von dieſer ihrer
Richtung ableiten, und entweder andern Nerven und Zwei-
gen, oder den ableitenden Faden in demſelben Nerven ei-
nen innern ſinnlichen Eindruck, herwaͤrts vom Gehirne
nach den Spitzen hin, beybringen, wodurch dann dieſe

Nerven-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0420" n="396"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II</hi> Th. Nervenkra&#x0364;fte.</hi></fw><lb/>
pfunden, und die innern zugleich von Vor&#x017F;tellungen her-<lb/>
vorgebracht werden, oder nicht.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 399.</head><lb/>
            <p>Ein a&#x0364;ußerer &#x017F;innlicher Eindruck wird in einen innern<lb/>
verwandelt, oder bringt einen innern hervor, wenn &#x017F;ein<lb/>
Fortgang, welcher natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e von den Nerven&#x017F;pitzen<lb/>
nach dem Gehirne hin gerichtet i&#x017F;t, &#x017F;o gewendet, oder re-<lb/>
flektiret wird, daß er vom Gehirne herwa&#x0364;rts, nach den<lb/>
Zweigen und Spitzen der Nerven zuru&#x0364;ckgeht. §. 32. 121.<lb/>
Dieß ge&#x017F;chieht bey Thieren, die thieri&#x017F;cher Seelenkra&#x0364;fte fa&#x0364;-<lb/>
hig &#x017F;ind, gewo&#x0364;hnlicher maßen im Gehirne durch die a&#x0364;ußere<lb/>
Empfindung des a&#x0364;ußern &#x017F;innlichen Eindrucks. §. 129.<lb/><hi rendition="#aq">N.</hi> 2. Allein, da der a&#x0364;ußere &#x017F;innliche Eindruck auch ohne<lb/>
empfunden zu werden, ja ohne Gegenwart des Gehirns,<lb/>
Kopfs und der Seele, eben die thieri&#x017F;chen Bewegungen in<lb/>
den mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen hervorbringt, welche der in-<lb/>
nere &#x017F;innliche Eindruck &#x017F;einer a&#x0364;ußern Empfindung wirket,<lb/>
§. 358. &#x017F;o muß er, auch ohne die&#x017F;en Uebergang in eine<lb/>
Seelenwirkung, zum innern &#x017F;innlichen Eindrucke ohne Vor-<lb/>
&#x017F;tellungen werden, indem er auf &#x017F;einem Wege, &#x017F;chon ehe<lb/>
er im Gehirne die materielle a&#x0364;ußere Empfindung formiret,<lb/>
umgewendet und reflektiret wird. Ob die&#x017F;es im Gehirne<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chehen ko&#x0364;nne, i&#x017F;t wahr&#x017F;cheinlich, aber dunkel: §.<lb/>
373. 376. im Nerven hingegen i&#x017F;t kein Ort, wo es &#x017F;ich<lb/>
wahr&#x017F;cheinlicher zutragen kann, als in den Nervenknoten<lb/>
der Bewegungsnerven, §. 14. und in den Scheidepunkten<lb/>
ihrer Sta&#x0364;mme und Zweige. §. 48. Al&#x017F;o verrichten allem<lb/>
An&#x017F;ehen nach die Nervenknoten und die&#x017F;e Scheidepunkte in<lb/>
den Bewegungsnerven das Amt des Gehirns bey den a&#x0364;u-<lb/>
ßern &#x017F;innlichen Eindru&#x0364;cken, indem &#x017F;ie die&#x017F;elben auf ihrem<lb/>
Wege nach dem Ur&#x017F;prunge des Nerven von die&#x017F;er ihrer<lb/>
Richtung ableiten, und entweder andern Nerven und Zwei-<lb/>
gen, oder den ableitenden Faden in dem&#x017F;elben Nerven ei-<lb/>
nen innern &#x017F;innlichen Eindruck, herwa&#x0364;rts vom Gehirne<lb/>
nach den Spitzen hin, beybringen, wodurch dann die&#x017F;e<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Nerven-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0420] II Th. Nervenkraͤfte. pfunden, und die innern zugleich von Vorſtellungen her- vorgebracht werden, oder nicht. §. 399. Ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck wird in einen innern verwandelt, oder bringt einen innern hervor, wenn ſein Fortgang, welcher natuͤrlicher Weiſe von den Nervenſpitzen nach dem Gehirne hin gerichtet iſt, ſo gewendet, oder re- flektiret wird, daß er vom Gehirne herwaͤrts, nach den Zweigen und Spitzen der Nerven zuruͤckgeht. §. 32. 121. Dieß geſchieht bey Thieren, die thieriſcher Seelenkraͤfte faͤ- hig ſind, gewoͤhnlicher maßen im Gehirne durch die aͤußere Empfindung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks. §. 129. N. 2. Allein, da der aͤußere ſinnliche Eindruck auch ohne empfunden zu werden, ja ohne Gegenwart des Gehirns, Kopfs und der Seele, eben die thieriſchen Bewegungen in den mechaniſchen Maſchinen hervorbringt, welche der in- nere ſinnliche Eindruck ſeiner aͤußern Empfindung wirket, §. 358. ſo muß er, auch ohne dieſen Uebergang in eine Seelenwirkung, zum innern ſinnlichen Eindrucke ohne Vor- ſtellungen werden, indem er auf ſeinem Wege, ſchon ehe er im Gehirne die materielle aͤußere Empfindung formiret, umgewendet und reflektiret wird. Ob dieſes im Gehirne ſelbſt geſchehen koͤnne, iſt wahrſcheinlich, aber dunkel: §. 373. 376. im Nerven hingegen iſt kein Ort, wo es ſich wahrſcheinlicher zutragen kann, als in den Nervenknoten der Bewegungsnerven, §. 14. und in den Scheidepunkten ihrer Staͤmme und Zweige. §. 48. Alſo verrichten allem Anſehen nach die Nervenknoten und dieſe Scheidepunkte in den Bewegungsnerven das Amt des Gehirns bey den aͤu- ßern ſinnlichen Eindruͤcken, indem ſie dieſelben auf ihrem Wege nach dem Urſprunge des Nerven von dieſer ihrer Richtung ableiten, und entweder andern Nerven und Zwei- gen, oder den ableitenden Faden in demſelben Nerven ei- nen innern ſinnlichen Eindruck, herwaͤrts vom Gehirne nach den Spitzen hin, beybringen, wodurch dann dieſe Nerven-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/420
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/420>, abgerufen am 03.12.2024.