Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

des Willens.
der Lebensbewegungen, die ihrer natürlichen Bestim-
mung gemäß, mithin der Gesundheit vortheilhaft; von
den unangenehmen aber solche, die widernatürlich, mit-
hin der Gesundheit nachtheilig sind. §. 254. Folglich
kann der Jrrthum der Wohlfahrt eines Thieres eben so-
wohl bald nützlich, bald nachtheilig seyn, als die Wahr-
heit, so daß also auch in dieser Absicht, wie überhaupt;
nicht jede Wahrheit glücklich, nicht jeder Jrrthum un-
glücklich machet.

Wirkungen des Willens durch die Nerven in die
mechanischen Maschinen.
§. 335.

Um der Lust oder Unlust willen in einer deutlich vor-
hergesehenen vernünftigen Vorstellung, strenget die See-
le ihre Vorstellungskraft an, sie, oder ihr Gegentheil
hervorzubringen, §. 81. und so will und will sie nicht,
aus Bewegungsgründen. §. 88. 96. Die mit diesem
Wollen und Nichtwollen verbundenen Bestrebungen der
thierischen Seelenkräfte des Gehirns zur Hervorbringung
der vollständigen materiellen Jdee der vorhergesehenen
Empfindung drücken dieselbe zum Theil schon in ihrer
Erfüllung aus. §. 96. Jst nun der Gegenstand in
der verständigen Begierde oder Verabscheuung nur eine
andre eigenmächtige Vorstellung der Seele, die in die
mechanischen Maschinen unmittelbar keinen Einfluß hat,
z. E. ein verständiger, allgemeiner Begriff, §. 330. so
wirken auch die Kräfte des Gehirns bey den Begierden
und Verabscheuungen des Willens nicht in dieselben,
sondern zielen blos auf die Hervorbringung der dazu ge-
hörigen materiellen Jdee, die ihre Wirkungen nicht au-
ßerhalb dem Gehirne erstrecket: und also haben solche
Begierden und Verabscheuungen des Willens keine, we-
nigstens keine merklichen Seelenwirkungen in den mecha-

nischen
X 4

des Willens.
der Lebensbewegungen, die ihrer natuͤrlichen Beſtim-
mung gemaͤß, mithin der Geſundheit vortheilhaft; von
den unangenehmen aber ſolche, die widernatuͤrlich, mit-
hin der Geſundheit nachtheilig ſind. §. 254. Folglich
kann der Jrrthum der Wohlfahrt eines Thieres eben ſo-
wohl bald nuͤtzlich, bald nachtheilig ſeyn, als die Wahr-
heit, ſo daß alſo auch in dieſer Abſicht, wie uͤberhaupt;
nicht jede Wahrheit gluͤcklich, nicht jeder Jrrthum un-
gluͤcklich machet.

Wirkungen des Willens durch die Nerven in die
mechaniſchen Maſchinen.
§. 335.

Um der Luſt oder Unluſt willen in einer deutlich vor-
hergeſehenen vernuͤnftigen Vorſtellung, ſtrenget die See-
le ihre Vorſtellungskraft an, ſie, oder ihr Gegentheil
hervorzubringen, §. 81. und ſo will und will ſie nicht,
aus Bewegungsgruͤnden. §. 88. 96. Die mit dieſem
Wollen und Nichtwollen verbundenen Beſtrebungen der
thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns zur Hervorbringung
der vollſtaͤndigen materiellen Jdee der vorhergeſehenen
Empfindung druͤcken dieſelbe zum Theil ſchon in ihrer
Erfuͤllung aus. §. 96. Jſt nun der Gegenſtand in
der verſtaͤndigen Begierde oder Verabſcheuung nur eine
andre eigenmaͤchtige Vorſtellung der Seele, die in die
mechaniſchen Maſchinen unmittelbar keinen Einfluß hat,
z. E. ein verſtaͤndiger, allgemeiner Begriff, §. 330. ſo
wirken auch die Kraͤfte des Gehirns bey den Begierden
und Verabſcheuungen des Willens nicht in dieſelben,
ſondern zielen blos auf die Hervorbringung der dazu ge-
hoͤrigen materiellen Jdee, die ihre Wirkungen nicht au-
ßerhalb dem Gehirne erſtrecket: und alſo haben ſolche
Begierden und Verabſcheuungen des Willens keine, we-
nigſtens keine merklichen Seelenwirkungen in den mecha-

niſchen
X 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0351" n="327"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">des Willens.</hi></fw><lb/>
der Lebensbewegungen, die ihrer natu&#x0364;rlichen Be&#x017F;tim-<lb/>
mung gema&#x0364;ß, mithin der Ge&#x017F;undheit vortheilhaft; von<lb/>
den unangenehmen aber &#x017F;olche, die widernatu&#x0364;rlich, mit-<lb/>
hin der Ge&#x017F;undheit nachtheilig &#x017F;ind. §. 254. Folglich<lb/>
kann der Jrrthum der Wohlfahrt eines Thieres eben &#x017F;o-<lb/>
wohl bald nu&#x0364;tzlich, bald nachtheilig &#x017F;eyn, als die Wahr-<lb/>
heit, &#x017F;o daß al&#x017F;o auch in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht, wie u&#x0364;berhaupt;<lb/>
nicht jede Wahrheit glu&#x0364;cklich, nicht jeder Jrrthum un-<lb/>
glu&#x0364;cklich machet.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Wirkungen des Willens durch die Nerven in die<lb/>
mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen.</hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 335.</head><lb/>
              <p>Um der Lu&#x017F;t oder Unlu&#x017F;t willen in einer deutlich vor-<lb/>
herge&#x017F;ehenen vernu&#x0364;nftigen Vor&#x017F;tellung, &#x017F;trenget die See-<lb/>
le ihre Vor&#x017F;tellungskraft an, &#x017F;ie, oder ihr Gegentheil<lb/>
hervorzubringen, §. 81. und &#x017F;o <hi rendition="#fr">will</hi> und <hi rendition="#fr">will &#x017F;ie nicht,</hi><lb/>
aus Bewegungsgru&#x0364;nden. §. 88. 96. Die mit die&#x017F;em<lb/>
Wollen und Nichtwollen verbundenen Be&#x017F;trebungen der<lb/>
thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte des Gehirns zur Hervorbringung<lb/>
der voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen materiellen Jdee der vorherge&#x017F;ehenen<lb/>
Empfindung dru&#x0364;cken die&#x017F;elbe zum Theil &#x017F;chon in ihrer<lb/>
Erfu&#x0364;llung aus. §. 96. J&#x017F;t nun der Gegen&#x017F;tand in<lb/>
der ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Begierde oder Verab&#x017F;cheuung nur eine<lb/>
andre eigenma&#x0364;chtige Vor&#x017F;tellung der Seele, die in die<lb/>
mechani&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen unmittelbar keinen Einfluß hat,<lb/>
z. E. ein ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger, allgemeiner Begriff, §. 330. &#x017F;o<lb/>
wirken auch die Kra&#x0364;fte des Gehirns bey den Begierden<lb/>
und Verab&#x017F;cheuungen des Willens nicht in die&#x017F;elben,<lb/>
&#x017F;ondern zielen blos auf die Hervorbringung der dazu ge-<lb/>
ho&#x0364;rigen materiellen Jdee, die ihre Wirkungen nicht au-<lb/>
ßerhalb dem Gehirne er&#x017F;trecket: und al&#x017F;o haben &#x017F;olche<lb/>
Begierden und Verab&#x017F;cheuungen des Willens keine, we-<lb/>
nig&#x017F;tens keine merklichen Seelenwirkungen in den mecha-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ni&#x017F;chen</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[327/0351] des Willens. der Lebensbewegungen, die ihrer natuͤrlichen Beſtim- mung gemaͤß, mithin der Geſundheit vortheilhaft; von den unangenehmen aber ſolche, die widernatuͤrlich, mit- hin der Geſundheit nachtheilig ſind. §. 254. Folglich kann der Jrrthum der Wohlfahrt eines Thieres eben ſo- wohl bald nuͤtzlich, bald nachtheilig ſeyn, als die Wahr- heit, ſo daß alſo auch in dieſer Abſicht, wie uͤberhaupt; nicht jede Wahrheit gluͤcklich, nicht jeder Jrrthum un- gluͤcklich machet. Wirkungen des Willens durch die Nerven in die mechaniſchen Maſchinen. §. 335. Um der Luſt oder Unluſt willen in einer deutlich vor- hergeſehenen vernuͤnftigen Vorſtellung, ſtrenget die See- le ihre Vorſtellungskraft an, ſie, oder ihr Gegentheil hervorzubringen, §. 81. und ſo will und will ſie nicht, aus Bewegungsgruͤnden. §. 88. 96. Die mit dieſem Wollen und Nichtwollen verbundenen Beſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns zur Hervorbringung der vollſtaͤndigen materiellen Jdee der vorhergeſehenen Empfindung druͤcken dieſelbe zum Theil ſchon in ihrer Erfuͤllung aus. §. 96. Jſt nun der Gegenſtand in der verſtaͤndigen Begierde oder Verabſcheuung nur eine andre eigenmaͤchtige Vorſtellung der Seele, die in die mechaniſchen Maſchinen unmittelbar keinen Einfluß hat, z. E. ein verſtaͤndiger, allgemeiner Begriff, §. 330. ſo wirken auch die Kraͤfte des Gehirns bey den Begierden und Verabſcheuungen des Willens nicht in dieſelben, ſondern zielen blos auf die Hervorbringung der dazu ge- hoͤrigen materiellen Jdee, die ihre Wirkungen nicht au- ßerhalb dem Gehirne erſtrecket: und alſo haben ſolche Begierden und Verabſcheuungen des Willens keine, we- nigſtens keine merklichen Seelenwirkungen in den mecha- niſchen X 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/351
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/351>, abgerufen am 21.11.2024.