Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.der sinnlichen Triebe. der Natur bey der Befriedigung der Vertheidigungstriebeangemessen sind. So sind die weichen Thiere, die leicht zerquetschet werden könnten, mit harten Schalen umge- ben; die, so andern zur Nahrung oder Verfolgung ausge- setzet sind, besitzen Werkzeuge, womit sie ihren Feinden so viel Schaden zufügen können, als nöthig ist, um sie von ihrer Verfolgung abzuhalten: Zähne zum Beißen, Gifte, Stacheln, Klauen, zum Verwunden, Hufe zum Schla- gen, Nägel zum Kratzen, u. s. w. Die Thiere wissen kaum selbst, daß sie diese Waffen besitzen, am allerwenigsten zu welcher Absicht der Natur. §. 266. Sie bedienen sich ih- rer auch gar nicht Absichtsweise, sondern ihr Trieb nöthi- get sie nur blind, diejenigen sonst willkührlichen Bewegun- gen der Glieder, die mit den Waffen versehen sind, zu un- ternehmen, wodurch sie ihnen zur Vertheidigung nützlich werden, ohne daß sie das wissen. Daher machen Thiere, die sich in Gefahr sehen, dieselben Bewegungen der Noth- wehr, obgleich ihre Glieder noch nicht, oder nicht mehr mit ihren natürlichen Waffen versehen sind, und obgleich die Waffen in solchen Gefahren nicht dienen; sie beißen in Steine, sie stechen in die Luft, sie verspritzen ihren Gift ohne zu wissen wohin, sie schlagen aus gegen einen Dorn- strauch, sie stoßen wider eine Wand, sie kratzen, sie kneipen sich sogar selbst, u. s. w. Da nun also die Vertheidigungs- triebe nichts anders als Arten der Triebe zu willkührlichen Bewegungen sind, die sich auf die bewaffneten Gliedmaßen erstrecken, so kann man auch ihre Seelenwirkungen in die Muskeln, die Gesetze derselben und ihre Folgen in der thie- rischen Oeconomie nicht anders als jene bestimmen, welches §. 283. 284. hinlänglich geschehen ist. Der Trieb zur Fortpflanzung des Geschlechts. §. 289. Durch die Vorherbestimmung der Natur §. 263. ent- schickte- S 5
der ſinnlichen Triebe. der Natur bey der Befriedigung der Vertheidigungstriebeangemeſſen ſind. So ſind die weichen Thiere, die leicht zerquetſchet werden koͤnnten, mit harten Schalen umge- ben; die, ſo andern zur Nahrung oder Verfolgung ausge- ſetzet ſind, beſitzen Werkzeuge, womit ſie ihren Feinden ſo viel Schaden zufuͤgen koͤnnen, als noͤthig iſt, um ſie von ihrer Verfolgung abzuhalten: Zaͤhne zum Beißen, Gifte, Stacheln, Klauen, zum Verwunden, Hufe zum Schla- gen, Naͤgel zum Kratzen, u. ſ. w. Die Thiere wiſſen kaum ſelbſt, daß ſie dieſe Waffen beſitzen, am allerwenigſten zu welcher Abſicht der Natur. §. 266. Sie bedienen ſich ih- rer auch gar nicht Abſichtsweiſe, ſondern ihr Trieb noͤthi- get ſie nur blind, diejenigen ſonſt willkuͤhrlichen Bewegun- gen der Glieder, die mit den Waffen verſehen ſind, zu un- ternehmen, wodurch ſie ihnen zur Vertheidigung nuͤtzlich werden, ohne daß ſie das wiſſen. Daher machen Thiere, die ſich in Gefahr ſehen, dieſelben Bewegungen der Noth- wehr, obgleich ihre Glieder noch nicht, oder nicht mehr mit ihren natuͤrlichen Waffen verſehen ſind, und obgleich die Waffen in ſolchen Gefahren nicht dienen; ſie beißen in Steine, ſie ſtechen in die Luft, ſie verſpritzen ihren Gift ohne zu wiſſen wohin, ſie ſchlagen aus gegen einen Dorn- ſtrauch, ſie ſtoßen wider eine Wand, ſie kratzen, ſie kneipen ſich ſogar ſelbſt, u. ſ. w. Da nun alſo die Vertheidigungs- triebe nichts anders als Arten der Triebe zu willkuͤhrlichen Bewegungen ſind, die ſich auf die bewaffneten Gliedmaßen erſtrecken, ſo kann man auch ihre Seelenwirkungen in die Muskeln, die Geſetze derſelben und ihre Folgen in der thie- riſchen Oeconomie nicht anders als jene beſtimmen, welches §. 283. 284. hinlaͤnglich geſchehen iſt. Der Trieb zur Fortpflanzung des Geſchlechts. §. 289. Durch die Vorherbeſtimmung der Natur §. 263. ent- ſchickte- S 5
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der ſinnlichen Triebe.
der Natur bey der Befriedigung der Vertheidigungstriebe
angemeſſen ſind. So ſind die weichen Thiere, die leicht
zerquetſchet werden koͤnnten, mit harten Schalen umge-
ben; die, ſo andern zur Nahrung oder Verfolgung ausge-
ſetzet ſind, beſitzen Werkzeuge, womit ſie ihren Feinden
ſo viel Schaden zufuͤgen koͤnnen, als noͤthig iſt, um ſie von
ihrer Verfolgung abzuhalten: Zaͤhne zum Beißen, Gifte,
Stacheln, Klauen, zum Verwunden, Hufe zum Schla-
gen, Naͤgel zum Kratzen, u. ſ. w. Die Thiere wiſſen kaum
ſelbſt, daß ſie dieſe Waffen beſitzen, am allerwenigſten zu
welcher Abſicht der Natur. §. 266. Sie bedienen ſich ih-
rer auch gar nicht Abſichtsweiſe, ſondern ihr Trieb noͤthi-
get ſie nur blind, diejenigen ſonſt willkuͤhrlichen Bewegun-
gen der Glieder, die mit den Waffen verſehen ſind, zu un-
ternehmen, wodurch ſie ihnen zur Vertheidigung nuͤtzlich
werden, ohne daß ſie das wiſſen. Daher machen Thiere,
die ſich in Gefahr ſehen, dieſelben Bewegungen der Noth-
wehr, obgleich ihre Glieder noch nicht, oder nicht mehr mit
ihren natuͤrlichen Waffen verſehen ſind, und obgleich die
Waffen in ſolchen Gefahren nicht dienen; ſie beißen in
Steine, ſie ſtechen in die Luft, ſie verſpritzen ihren Gift
ohne zu wiſſen wohin, ſie ſchlagen aus gegen einen Dorn-
ſtrauch, ſie ſtoßen wider eine Wand, ſie kratzen, ſie kneipen
ſich ſogar ſelbſt, u. ſ. w. Da nun alſo die Vertheidigungs-
triebe nichts anders als Arten der Triebe zu willkuͤhrlichen
Bewegungen ſind, die ſich auf die bewaffneten Gliedmaßen
erſtrecken, ſo kann man auch ihre Seelenwirkungen in die
Muskeln, die Geſetze derſelben und ihre Folgen in der thie-
riſchen Oeconomie nicht anders als jene beſtimmen, welches
§. 283. 284. hinlaͤnglich geſchehen iſt.
Der Trieb zur Fortpflanzung des Geſchlechts.
§. 289.
Durch die Vorherbeſtimmung der Natur §. 263. ent-
ſteht bey Thieren, zu der Zeit, wenn ihre Koͤrper am ge-
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