Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

der sinnlichen Begehrungskräfte.
cken dieser sinnlichen Reizungen ins Gehirn, die starken
Bestrebungen der thierischen Seelenkräfte des Gehirns, zur
Hervorbringung der vollständigen materiellen Empfindung,
die vorhergesehen wird. §. 108. 94. Wie in angenehmen
Trieben und Leidenschaften die sinnliche Lust die Vorstel-
lungskraft der Seele anstrenget, so erfolgen darinn aus den
Eindrücken der Lust ins Gehirn, welche die Lebensbewegun-
gen der Bestimmung der Natur gemäß verändern, die
Bestrebungen der thierischen Seelenkräfte des Gehirns,
welche die Seelenwirkungen der Freude in den mechani-
schen Maschinen hervorbringen. §. 254. 259. Wie in
unangenehmen Trieben und Leidenschaften die sinnliche Un-
lust die Vorstellungskraft der Seele anstrenget, so erfolgen
darinn aus den Eindrücken der Unlust ins Gehirn, welche
die Lebensbewegungen widernatürlich verändern, die Be-
strebungen der thierischen Seelenkräfte des Gehirns, wel-
che die Seelenwirkungen der Betrübniß in den mechani-
schen Maschinen hervorbringen. §. 255. 259. Vergl. d. A.
4 B. 198 St.

§. 261.

Obgleich die bisher von den sinnlichen Trieben und Lei-
denschaften vorgetragenen Lehren in den folgenden beson-
dern Abhandlungen derselben ausführlich genug bestätiget
werden; so möchte es doch nützlich seyn, ihre genaue Ueber-
einstimmung mit der Erfahrung hier vorläufig summarisch
zu zeigen.

1. Daß, nach §. 257. in den Trieben und Leiden-
schaften die Seelenwirkungen der künftigen darinn vorher-
gesehenen Empfindung unvollständig ausgedrücket werden,
oder, daß darinn der Zustand ihrer künftigen Befriedi-
gung einigermaßen abgebildet werde, zeiget die Erfahrung
in jedem einzelnen Falle. Jm Triebe der Eßlust, dessen
Befriedigung das Speisen seyn wird, ergießt sich schon der
Speichel in den Mund, wie beym Speisen; im Triebe der
Fortpflanzung, dessen Befriedigung die Begattung seyn

wird,

der ſinnlichen Begehrungskraͤfte.
cken dieſer ſinnlichen Reizungen ins Gehirn, die ſtarken
Beſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, zur
Hervorbringung der vollſtaͤndigen materiellen Empfindung,
die vorhergeſehen wird. §. 108. 94. Wie in angenehmen
Trieben und Leidenſchaften die ſinnliche Luſt die Vorſtel-
lungskraft der Seele anſtrenget, ſo erfolgen darinn aus den
Eindruͤcken der Luſt ins Gehirn, welche die Lebensbewegun-
gen der Beſtimmung der Natur gemaͤß veraͤndern, die
Beſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns,
welche die Seelenwirkungen der Freude in den mechani-
ſchen Maſchinen hervorbringen. §. 254. 259. Wie in
unangenehmen Trieben und Leidenſchaften die ſinnliche Un-
luſt die Vorſtellungskraft der Seele anſtrenget, ſo erfolgen
darinn aus den Eindruͤcken der Unluſt ins Gehirn, welche
die Lebensbewegungen widernatuͤrlich veraͤndern, die Be-
ſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, wel-
che die Seelenwirkungen der Betruͤbniß in den mechani-
ſchen Maſchinen hervorbringen. §. 255. 259. Vergl. d. A.
4 B. 198 St.

§. 261.

Obgleich die bisher von den ſinnlichen Trieben und Lei-
denſchaften vorgetragenen Lehren in den folgenden beſon-
dern Abhandlungen derſelben ausfuͤhrlich genug beſtaͤtiget
werden; ſo moͤchte es doch nuͤtzlich ſeyn, ihre genaue Ueber-
einſtimmung mit der Erfahrung hier vorlaͤufig ſummariſch
zu zeigen.

1. Daß, nach §. 257. in den Trieben und Leiden-
ſchaften die Seelenwirkungen der kuͤnftigen darinn vorher-
geſehenen Empfindung unvollſtaͤndig ausgedruͤcket werden,
oder, daß darinn der Zuſtand ihrer kuͤnftigen Befriedi-
gung einigermaßen abgebildet werde, zeiget die Erfahrung
in jedem einzelnen Falle. Jm Triebe der Eßluſt, deſſen
Befriedigung das Speiſen ſeyn wird, ergießt ſich ſchon der
Speichel in den Mund, wie beym Speiſen; im Triebe der
Fortpflanzung, deſſen Befriedigung die Begattung ſeyn

wird,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0261" n="237"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der &#x017F;innlichen Begehrungskra&#x0364;fte.</hi></fw><lb/>
cken die&#x017F;er &#x017F;innlichen Reizungen ins Gehirn, die &#x017F;tarken<lb/>
Be&#x017F;trebungen der thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte des Gehirns, zur<lb/>
Hervorbringung der voll&#x017F;ta&#x0364;ndigen materiellen Empfindung,<lb/>
die vorherge&#x017F;ehen wird. §. 108. 94. Wie in angenehmen<lb/>
Trieben und Leiden&#x017F;chaften die &#x017F;innliche Lu&#x017F;t die Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungskraft der Seele an&#x017F;trenget, &#x017F;o erfolgen darinn aus den<lb/>
Eindru&#x0364;cken der Lu&#x017F;t ins Gehirn, welche die Lebensbewegun-<lb/>
gen der Be&#x017F;timmung der Natur gema&#x0364;ß vera&#x0364;ndern, die<lb/>
Be&#x017F;trebungen der thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte des Gehirns,<lb/>
welche die Seelenwirkungen der Freude in den mechani-<lb/>
&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen hervorbringen. §. 254. 259. Wie in<lb/>
unangenehmen Trieben und Leiden&#x017F;chaften die &#x017F;innliche Un-<lb/>
lu&#x017F;t die Vor&#x017F;tellungskraft der Seele an&#x017F;trenget, &#x017F;o erfolgen<lb/>
darinn aus den Eindru&#x0364;cken der Unlu&#x017F;t ins Gehirn, welche<lb/>
die Lebensbewegungen widernatu&#x0364;rlich vera&#x0364;ndern, die Be-<lb/>
&#x017F;trebungen der thieri&#x017F;chen Seelenkra&#x0364;fte des Gehirns, wel-<lb/>
che die Seelenwirkungen der Betru&#x0364;bniß in den mechani-<lb/>
&#x017F;chen Ma&#x017F;chinen hervorbringen. §. 255. 259. Vergl. d. A.<lb/>
4 B. 198 St.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 261.</head><lb/>
              <p>Obgleich die bisher von den &#x017F;innlichen Trieben und Lei-<lb/>
den&#x017F;chaften vorgetragenen Lehren in den folgenden be&#x017F;on-<lb/>
dern Abhandlungen der&#x017F;elben ausfu&#x0364;hrlich genug be&#x017F;ta&#x0364;tiget<lb/>
werden; &#x017F;o mo&#x0364;chte es doch nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn, ihre genaue Ueber-<lb/>
ein&#x017F;timmung mit der Erfahrung hier vorla&#x0364;ufig &#x017F;ummari&#x017F;ch<lb/>
zu zeigen.</p><lb/>
              <p>1. Daß, nach §. 257. in den Trieben und Leiden-<lb/>
&#x017F;chaften die Seelenwirkungen der ku&#x0364;nftigen darinn vorher-<lb/>
ge&#x017F;ehenen Empfindung unvoll&#x017F;ta&#x0364;ndig ausgedru&#x0364;cket werden,<lb/>
oder, daß darinn der Zu&#x017F;tand ihrer ku&#x0364;nftigen Befriedi-<lb/>
gung einigermaßen abgebildet werde, zeiget die Erfahrung<lb/>
in jedem einzelnen Falle. Jm Triebe der Eßlu&#x017F;t, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Befriedigung das Spei&#x017F;en &#x017F;eyn wird, ergießt &#x017F;ich &#x017F;chon der<lb/>
Speichel in den Mund, wie beym Spei&#x017F;en; im Triebe der<lb/>
Fortpflanzung, de&#x017F;&#x017F;en Befriedigung die Begattung &#x017F;eyn<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wird,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0261] der ſinnlichen Begehrungskraͤfte. cken dieſer ſinnlichen Reizungen ins Gehirn, die ſtarken Beſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, zur Hervorbringung der vollſtaͤndigen materiellen Empfindung, die vorhergeſehen wird. §. 108. 94. Wie in angenehmen Trieben und Leidenſchaften die ſinnliche Luſt die Vorſtel- lungskraft der Seele anſtrenget, ſo erfolgen darinn aus den Eindruͤcken der Luſt ins Gehirn, welche die Lebensbewegun- gen der Beſtimmung der Natur gemaͤß veraͤndern, die Beſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, welche die Seelenwirkungen der Freude in den mechani- ſchen Maſchinen hervorbringen. §. 254. 259. Wie in unangenehmen Trieben und Leidenſchaften die ſinnliche Un- luſt die Vorſtellungskraft der Seele anſtrenget, ſo erfolgen darinn aus den Eindruͤcken der Unluſt ins Gehirn, welche die Lebensbewegungen widernatuͤrlich veraͤndern, die Be- ſtrebungen der thieriſchen Seelenkraͤfte des Gehirns, wel- che die Seelenwirkungen der Betruͤbniß in den mechani- ſchen Maſchinen hervorbringen. §. 255. 259. Vergl. d. A. 4 B. 198 St. §. 261. Obgleich die bisher von den ſinnlichen Trieben und Lei- denſchaften vorgetragenen Lehren in den folgenden beſon- dern Abhandlungen derſelben ausfuͤhrlich genug beſtaͤtiget werden; ſo moͤchte es doch nuͤtzlich ſeyn, ihre genaue Ueber- einſtimmung mit der Erfahrung hier vorlaͤufig ſummariſch zu zeigen. 1. Daß, nach §. 257. in den Trieben und Leiden- ſchaften die Seelenwirkungen der kuͤnftigen darinn vorher- geſehenen Empfindung unvollſtaͤndig ausgedruͤcket werden, oder, daß darinn der Zuſtand ihrer kuͤnftigen Befriedi- gung einigermaßen abgebildet werde, zeiget die Erfahrung in jedem einzelnen Falle. Jm Triebe der Eßluſt, deſſen Befriedigung das Speiſen ſeyn wird, ergießt ſich ſchon der Speichel in den Mund, wie beym Speiſen; im Triebe der Fortpflanzung, deſſen Befriedigung die Begattung ſeyn wird,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/261
Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/261>, abgerufen am 23.11.2024.