Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.Das IV. Capitul 3. Auf einen Kuß. Das Frauenzimmer fragt: Was Küssen auf sich hätte,Zur Antwort dient: Mehr als zu viel. Denn das ist wohl kein Kinder-Spiel, Wer sich aufs Küssen legt, der legt sich auch aufs Bette. 4. Grabschrifft eines Henckers. Es ließ vor meinem Tod der Tod mir zu entbiethen:Jch fiel ihm in die Kunst: Und würd' ich mich nicht hüten, So bräch er mir den Hals. Mir stunde das nicht an, Drum schrieb ich ein Cartel, und foderte den Mann. Wir giengen auf den Hieb: Doch ich lief in Gefahr, Weil mein Schwerdt nicht so scharf, als seine Sense war. Wer allerhand artige Manieren von Epigrammatibus 27. Was kommt nach den Epigramma- tibus vor? Die Rätzel-Verse. vid. Musen-Cabinet p. 1175. licher
Das IV. Capitul 3. Auf einen Kuß. Das Frauenzimmer fragt: Was Kuͤſſen auf ſich haͤtte,Zur Antwort dient: Mehr als zu viel. Denn das iſt wohl kein Kinder-Spiel, Wer ſich aufs Kuͤſſen legt, der legt ſich auch aufs Bette. 4. Grabſchrifft eines Henckers. Es ließ vor meinem Tod der Tod mir zu entbiethen:Jch fiel ihm in die Kunſt: Und wuͤrd’ ich mich nicht huͤten, So braͤch er mir den Hals. Mir ſtunde das nicht an, Drum ſchrieb ich ein Cartel, und foderte den Mann. Wir giengen auf den Hieb: Doch ich lief in Gefahr, Weil mein Schwerdt nicht ſo ſcharf, als ſeine Senſe war. Wer allerhand artige Manieren von Epigrammatibus 27. Was kommt nach den Epigramma- tibus vor? Die Raͤtzel-Verſe. vid. Muſen-Cabinet p. 1175. licher
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Das IV. Capitul
3. Auf einen Kuß.
Das Frauenzimmer fragt: Was Kuͤſſen auf ſich haͤtte,
Zur Antwort dient: Mehr als zu viel.
Denn das iſt wohl kein Kinder-Spiel,
Wer ſich aufs Kuͤſſen legt, der legt ſich auch aufs Bette.
4. Grabſchrifft eines Henckers.
Es ließ vor meinem Tod der Tod mir zu entbiethen:
Jch fiel ihm in die Kunſt: Und wuͤrd’ ich mich nicht huͤten,
So braͤch er mir den Hals. Mir ſtunde das nicht an,
Drum ſchrieb ich ein Cartel, und foderte den Mann.
Wir giengen auf den Hieb: Doch ich lief in Gefahr,
Weil mein Schwerdt nicht ſo ſcharf, als ſeine Senſe war.
Wer allerhand artige Manieren von Epigrammatibus
ſehen will, der leſe nur des ſeel. Herrn M. Meiſters Di-
ſputation de Epigrammatibus Vernaculis, ingleichen das
Muſen-Cabinet p. 487. 603. 1188.
27. Was kommt nach den Epigramma-
tibus vor?
Die Raͤtzel-Verſe. vid. Muſen-Cabinet p. 1175.
1224. Da muͤſſen wir uns nun um das Raͤtzel ſelbſt
bekuͤmmern. Ein Raͤtzel aber iſt ein ſolcher Diſcurs,
oder ein ſolches Gedichte, darinnen man etwas be-
kanntes durch ſolche Redens-Arten vortraͤget, wel-
che dem erſten Anſehen nach ſehr dunckel ſcheinen,
durch ein kluges Nachſinnen aber gar wohl auf die
verborgene Sache koͤnnen gedeutet werden. Das
gantze Fundament von den Raͤtzeln beruhet darin-
nen, daß man von der Sache, darauf das Raͤtzel zie-
let, allerhand Prædicata erſinnet und mit artigen
Worten vortraͤget. Der Anfang muß am ſchwer-
ſten gemacht, am Ende aber die Sache etwas deut-
licher
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Zitationshilfe: | Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/88>, abgerufen am 03.03.2025. |