Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719.

Bild:
<< vorherige Seite
Das VIII. Capitul
6. Wie kan man eines andern Argumenta
imiti
ren?

Jch darff nur sehen, was einer vor Argumenta
Explicantia, Probantia, Commoventia,
oder Conci-
liantia
gebraucht hat, und darnach erwegen, ob
ich solche bey einer andern Begebenheit anwenden
kan. z. e. Wenn ich die bekannte Arie vor mir
hätte:

1.
Was frag' ich denn darnach,
Wenn du mich nicht wilst lieben,
Das kan mich nicht betrüben,
Jch weiß, was Daphnis sprach:
Wird gleich der Chloris Gunst geringer,
Jst doch die gantze Welt voll solcher Dinger,
Was frag' ich denn darnach!
2.
Jch bin so gut, als du:
Du must es auch entbehren,
Was ich dir kan gewähren,
Schleuß nur dein Hertze zu!
Meins hat dich schon vor längsten ausgejaget,
Wer weiß, wen noch der Schimpff am ärgsten plaget:
Jch bin so gut, als du:
3.
Jch spitz mich schon darauff,
Wie es dich wird gereuen:
Wie werd' ich mich erfreuen,
Wenn dir hüpft keiner auf:
Wenn du must welcke Riebgen schaben,
Und Flederwisch' am Marckte feil wirst haben:
Jch spitz mich schon darauf.

So
Das VIII. Capitul
6. Wie kan man eines andern Argumenta
imiti
ren?

Jch darff nur ſehen, was einer vor Argumenta
Explicantia, Probantia, Commoventia,
oder Conci-
liantia
gebraucht hat, und darnach erwegen, ob
ich ſolche bey einer andern Begebenheit anwenden
kan. z. e. Wenn ich die bekannte Arie vor mir
haͤtte:

1.
Was frag’ ich denn darnach,
Wenn du mich nicht wilſt lieben,
Das kan mich nicht betruͤben,
Jch weiß, was Daphnis ſprach:
Wird gleich der Chloris Gunſt geringer,
Jſt doch die gantze Welt voll ſolcher Dinger,
Was frag’ ich denn darnach!
2.
Jch bin ſo gut, als du:
Du muſt es auch entbehren,
Was ich dir kan gewaͤhren,
Schleuß nur dein Hertze zu!
Meins hat dich ſchon vor laͤngſten ausgejaget,
Wer weiß, wen noch der Schimpff am aͤrgſten plaget:
Jch bin ſo gut, als du:
3.
Jch ſpitz mich ſchon darauff,
Wie es dich wird gereuen:
Wie werd’ ich mich erfreuen,
Wenn dir huͤpft keiner auf:
Wenn du muſt welcke Riebgen ſchaben,
Und Flederwiſch’ am Marckte feil wirſt haben:
Jch ſpitz mich ſchon darauf.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0144" n="140"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitul</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">6. Wie kan man eines andern <hi rendition="#aq">Argumenta<lb/>
imiti</hi>ren?</hi> </head><lb/>
          <p>Jch darff nur &#x017F;ehen, was einer vor <hi rendition="#aq">Argumenta<lb/>
Explicantia, Probantia, Commoventia,</hi> oder <hi rendition="#aq">Conci-<lb/>
liantia</hi> gebraucht hat, und darnach erwegen, ob<lb/>
ich &#x017F;olche bey einer andern Begebenheit anwenden<lb/>
kan. z. e. Wenn ich die bekannte <hi rendition="#aq">Arie</hi> vor mir<lb/>
ha&#x0364;tte:</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <head>1.</head><lb/>
              <l>Was frag&#x2019; ich denn darnach,</l><lb/>
              <l>Wenn du mich nicht wil&#x017F;t lieben,</l><lb/>
              <l>Das kan mich nicht betru&#x0364;ben,</l><lb/>
              <l>Jch weiß, was Daphnis &#x017F;prach:</l><lb/>
              <l>Wird gleich der Chloris Gun&#x017F;t geringer,</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t doch die gantze Welt voll &#x017F;olcher Dinger,</l><lb/>
              <l>Was frag&#x2019; ich denn darnach!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <head>2.</head><lb/>
              <l>Jch bin &#x017F;o gut, als du:</l><lb/>
              <l>Du mu&#x017F;t es auch entbehren,</l><lb/>
              <l>Was ich dir kan gewa&#x0364;hren,</l><lb/>
              <l>Schleuß nur dein Hertze zu!</l><lb/>
              <l>Meins hat dich &#x017F;chon vor la&#x0364;ng&#x017F;ten ausgejaget,</l><lb/>
              <l>Wer weiß, wen noch der Schimpff am a&#x0364;rg&#x017F;ten plaget:</l><lb/>
              <l>Jch bin &#x017F;o gut, als du:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <head>3.</head><lb/>
              <l>Jch &#x017F;pitz mich &#x017F;chon darauff,</l><lb/>
              <l>Wie es dich wird gereuen:</l><lb/>
              <l>Wie werd&#x2019; ich mich erfreuen,</l><lb/>
              <l>Wenn dir hu&#x0364;pft keiner auf:</l><lb/>
              <l>Wenn du mu&#x017F;t welcke Riebgen &#x017F;chaben,</l><lb/>
              <l>Und Flederwi&#x017F;ch&#x2019; am Marckte feil wir&#x017F;t haben:</l><lb/>
              <l>Jch &#x017F;pitz mich &#x017F;chon darauf.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0144] Das VIII. Capitul 6. Wie kan man eines andern Argumenta imitiren? Jch darff nur ſehen, was einer vor Argumenta Explicantia, Probantia, Commoventia, oder Conci- liantia gebraucht hat, und darnach erwegen, ob ich ſolche bey einer andern Begebenheit anwenden kan. z. e. Wenn ich die bekannte Arie vor mir haͤtte: 1. Was frag’ ich denn darnach, Wenn du mich nicht wilſt lieben, Das kan mich nicht betruͤben, Jch weiß, was Daphnis ſprach: Wird gleich der Chloris Gunſt geringer, Jſt doch die gantze Welt voll ſolcher Dinger, Was frag’ ich denn darnach! 2. Jch bin ſo gut, als du: Du muſt es auch entbehren, Was ich dir kan gewaͤhren, Schleuß nur dein Hertze zu! Meins hat dich ſchon vor laͤngſten ausgejaget, Wer weiß, wen noch der Schimpff am aͤrgſten plaget: Jch bin ſo gut, als du: 3. Jch ſpitz mich ſchon darauff, Wie es dich wird gereuen: Wie werd’ ich mich erfreuen, Wenn dir huͤpft keiner auf: Wenn du muſt welcke Riebgen ſchaben, Und Flederwiſch’ am Marckte feil wirſt haben: Jch ſpitz mich ſchon darauf. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/144
Zitationshilfe: Uhse, Erdmann: Wohl-informirter Poët. 2. Aufl. Leipzig, 1719, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhse_poet_1719/144>, abgerufen am 21.11.2024.