Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Junker Rechberger.

Rechberger war ein Junker keck,
Der Kaufleut' und der Wanderer Schreck.
In einer Kirche, verlassen,
Da thät er die Nacht verpassen.
Und als es war nach Mitternacht,
Da hat er sich auf den Fang gemacht.
Ein Kaufzug, hat er vernommen,
Wird frühe vorüberkommen.
Sie waren geritten ein kleines Stück,
Da sprach er: "Reitknecht! reite zurück!
Die Handschuh hab' ich vergessen
Auf der Bahre, da ich gesessen."
Der Reitknecht kam zurück so bleich:
"Die Handschuh hole der Teufel Euch!
Es sitzt ein Geist auf der Bahre;
Es starren mir noch die Haare.
Er hat die Handschuh angethan
Und schaut sie mit feurigen Augen an,
Er streicht sie wohl auf und nieder;
Es beben mir noch die Glieder."
Junker Rechberger.

Rechberger war ein Junker keck,
Der Kaufleut’ und der Wanderer Schreck.
In einer Kirche, verlaſſen,
Da thät er die Nacht verpaſſen.
Und als es war nach Mitternacht,
Da hat er ſich auf den Fang gemacht.
Ein Kaufzug, hat er vernommen,
Wird frühe vorüberkommen.
Sie waren geritten ein kleines Stück,
Da ſprach er: „Reitknecht! reite zurück!
Die Handſchuh hab’ ich vergeſſen
Auf der Bahre, da ich geſeſſen.“
Der Reitknecht kam zurück ſo bleich:
„Die Handſchuh hole der Teufel Euch!
Es ſitzt ein Geiſt auf der Bahre;
Es ſtarren mir noch die Haare.
Er hat die Handſchuh angethan
Und ſchaut ſie mit feurigen Augen an,
Er ſtreicht ſie wohl auf und nieder;
Es beben mir noch die Glieder.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0287" n="281"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Junker Rechberger</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Rechberger war ein Junker keck,</l><lb/>
              <l>Der Kaufleut&#x2019; und der Wanderer Schreck.</l><lb/>
              <l>In einer Kirche, verla&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Da thät er die Nacht verpa&#x017F;&#x017F;en.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und als es war nach Mitternacht,</l><lb/>
              <l>Da hat er &#x017F;ich auf den Fang gemacht.</l><lb/>
              <l>Ein Kaufzug, hat er vernommen,</l><lb/>
              <l>Wird frühe vorüberkommen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Sie waren geritten ein kleines Stück,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;prach er: &#x201E;Reitknecht! reite zurück!</l><lb/>
              <l>Die Hand&#x017F;chuh hab&#x2019; ich verge&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Auf der Bahre, da ich ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Der Reitknecht kam zurück &#x017F;o bleich:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Die Hand&#x017F;chuh hole der Teufel Euch!</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;itzt ein Gei&#x017F;t auf der Bahre;</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;tarren mir noch die Haare.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Er hat die Hand&#x017F;chuh angethan</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chaut &#x017F;ie mit feurigen Augen an,</l><lb/>
              <l>Er &#x017F;treicht &#x017F;ie wohl auf und nieder;</l><lb/>
              <l>Es beben mir noch die Glieder.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[281/0287] Junker Rechberger. Rechberger war ein Junker keck, Der Kaufleut’ und der Wanderer Schreck. In einer Kirche, verlaſſen, Da thät er die Nacht verpaſſen. Und als es war nach Mitternacht, Da hat er ſich auf den Fang gemacht. Ein Kaufzug, hat er vernommen, Wird frühe vorüberkommen. Sie waren geritten ein kleines Stück, Da ſprach er: „Reitknecht! reite zurück! Die Handſchuh hab’ ich vergeſſen Auf der Bahre, da ich geſeſſen.“ Der Reitknecht kam zurück ſo bleich: „Die Handſchuh hole der Teufel Euch! Es ſitzt ein Geiſt auf der Bahre; Es ſtarren mir noch die Haare. Er hat die Handſchuh angethan Und ſchaut ſie mit feurigen Augen an, Er ſtreicht ſie wohl auf und nieder; Es beben mir noch die Glieder.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/287
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/287>, abgerufen am 22.12.2024.