Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Seine Lieder läßt sie schreiben
Allesammt mit goldnen Lettern,
Köstlich ausgezierte Decken
Gibt sie diesen theuren Blättern;
Liest darin so manche Stunde,
Ach! und oft mit heißen Thränen,
Bis auch sie ergriffen ist
Von dem unnennbaren Sehnen.
Von des Hofes lust'gem Glanz,
Aus der Freunde Kreis geschieden,
Suchet sie in Klostermauern
Ihrer armen Seele Frieden.

2. Durand.
Nach dem hohen Schloß von Balbi
Zieht Durand mit seinem Spiele;
Voll die Brust von süßen Liedern,
Naht er schon dem frohen Ziele.
Dort ja wird ein holdes Fräulein,
Wann die Saiten lieblich rauschen,
Augen senkend, zart erglühend,
Innig athmend, niederlauschen.
In des Hofes Lindenschatten
Hat er schon sein Spiel begonnen,
Singt er schon mit klarer Stimme
Was er süßestes ersonnen.
Von dem Söller, von den Fenstern
Sieht er Blumen freundlich nicken,
Doch die Herrin seiner Lieder
Kann sein Auge nicht erblicken.
Seine Lieder läßt ſie ſchreiben
Alleſammt mit goldnen Lettern,
Köſtlich ausgezierte Decken
Gibt ſie dieſen theuren Blättern;
Liest darin ſo manche Stunde,
Ach! und oft mit heißen Thränen,
Bis auch ſie ergriffen iſt
Von dem unnennbaren Sehnen.
Von des Hofes luſt’gem Glanz,
Aus der Freunde Kreis geſchieden,
Suchet ſie in Kloſtermauern
Ihrer armen Seele Frieden.

2. Durand.
Nach dem hohen Schloß von Balbi
Zieht Durand mit ſeinem Spiele;
Voll die Bruſt von ſüßen Liedern,
Naht er ſchon dem frohen Ziele.
Dort ja wird ein holdes Fräulein,
Wann die Saiten lieblich rauſchen,
Augen ſenkend, zart erglühend,
Innig athmend, niederlauſchen.
In des Hofes Lindenſchatten
Hat er ſchon ſein Spiel begonnen,
Singt er ſchon mit klarer Stimme
Was er ſüßeſtes erſonnen.
Von dem Söller, von den Fenſtern
Sieht er Blumen freundlich nicken,
Doch die Herrin ſeiner Lieder
Kann ſein Auge nicht erblicken.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0248" n="242"/>
              <l>Seine Lieder läßt &#x017F;ie &#x017F;chreiben</l><lb/>
              <l>Alle&#x017F;ammt mit goldnen Lettern,</l><lb/>
              <l>&#x017F;tlich ausgezierte Decken</l><lb/>
              <l>Gibt &#x017F;ie die&#x017F;en theuren Blättern;</l><lb/>
              <l>Liest darin &#x017F;o manche Stunde,</l><lb/>
              <l>Ach! und oft mit heißen Thränen,</l><lb/>
              <l>Bis auch &#x017F;ie ergriffen i&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Von dem unnennbaren Sehnen.</l><lb/>
              <l>Von des Hofes lu&#x017F;t&#x2019;gem Glanz,</l><lb/>
              <l>Aus der Freunde Kreis ge&#x017F;chieden,</l><lb/>
              <l>Suchet &#x017F;ie in Klo&#x017F;termauern</l><lb/>
              <l>Ihrer armen Seele Frieden.</l>
            </lg>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <div n="3">
            <head>2. <hi rendition="#g">Durand</hi>.</head><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Nach dem hohen Schloß von Balbi</l><lb/>
              <l>Zieht Durand mit &#x017F;einem Spiele;</l><lb/>
              <l>Voll die Bru&#x017F;t von &#x017F;üßen Liedern,</l><lb/>
              <l>Naht er &#x017F;chon dem frohen Ziele.</l><lb/>
              <l>Dort ja wird ein holdes Fräulein,</l><lb/>
              <l>Wann die Saiten lieblich rau&#x017F;chen,</l><lb/>
              <l>Augen &#x017F;enkend, zart erglühend,</l><lb/>
              <l>Innig athmend, niederlau&#x017F;chen.</l><lb/>
              <l>In des Hofes Linden&#x017F;chatten</l><lb/>
              <l>Hat er &#x017F;chon &#x017F;ein Spiel begonnen,</l><lb/>
              <l>Singt er &#x017F;chon mit klarer Stimme</l><lb/>
              <l>Was er &#x017F;üße&#x017F;tes er&#x017F;onnen.</l><lb/>
              <l>Von dem Söller, von den Fen&#x017F;tern</l><lb/>
              <l>Sieht er Blumen freundlich nicken,</l><lb/>
              <l>Doch die Herrin &#x017F;einer Lieder</l><lb/>
              <l>Kann &#x017F;ein Auge nicht erblicken.</l><lb/>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0248] Seine Lieder läßt ſie ſchreiben Alleſammt mit goldnen Lettern, Köſtlich ausgezierte Decken Gibt ſie dieſen theuren Blättern; Liest darin ſo manche Stunde, Ach! und oft mit heißen Thränen, Bis auch ſie ergriffen iſt Von dem unnennbaren Sehnen. Von des Hofes luſt’gem Glanz, Aus der Freunde Kreis geſchieden, Suchet ſie in Kloſtermauern Ihrer armen Seele Frieden. 2. Durand. Nach dem hohen Schloß von Balbi Zieht Durand mit ſeinem Spiele; Voll die Bruſt von ſüßen Liedern, Naht er ſchon dem frohen Ziele. Dort ja wird ein holdes Fräulein, Wann die Saiten lieblich rauſchen, Augen ſenkend, zart erglühend, Innig athmend, niederlauſchen. In des Hofes Lindenſchatten Hat er ſchon ſein Spiel begonnen, Singt er ſchon mit klarer Stimme Was er ſüßeſtes erſonnen. Von dem Söller, von den Fenſtern Sieht er Blumen freundlich nicken, Doch die Herrin ſeiner Lieder Kann ſein Auge nicht erblicken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/248
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/248>, abgerufen am 21.11.2024.