Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Das traurige Turnei.

Es ritten sieben Ritter frei,
Mit Schilden und mit Speeren,
Sie wollten halten gut Turnei,
Des Königs Kind zu Ehren.
Und als sie sahen Thurm und Wall,
Ein Glöcklein hörten sie drüben;
Und als sie traten in Königs Hall',
Da sahen sie Kerzen sieben.
Da sahen sie liegen, todesblaß,
Die holde Adelheide,
Der König zu ihrem Haupte saß
In großen Herzeleide.
Da sprach der stolze Degenwerth:
"Das muß ich immer klagen,
Daß ich umsonst gegürt't mein Pferd,
Mein Schild und Speer getragen."
Drauf sprach der jung' Herr Adelbert:
"Wir sollen das nicht klagen!
Des Königs Tochter ist immer werth,
Daß wir drum stechen und schlagen."
Herr Walther sprach, ein Ritter kühn:
"Nach Hause wollen wir reiten,
Es kann uns wenig Heil erblühn,
Um eine Todte zu streiten."
Das traurige Turnei.

Es ritten ſieben Ritter frei,
Mit Schilden und mit Speeren,
Sie wollten halten gut Turnei,
Des Königs Kind zu Ehren.
Und als ſie ſahen Thurm und Wall,
Ein Glöcklein hörten ſie drüben;
Und als ſie traten in Königs Hall’,
Da ſahen ſie Kerzen ſieben.
Da ſahen ſie liegen, todesblaß,
Die holde Adelheide,
Der König zu ihrem Haupte ſaß
In großen Herzeleide.
Da ſprach der ſtolze Degenwerth:
„Das muß ich immer klagen,
Daß ich umſonſt gegürt’t mein Pferd,
Mein Schild und Speer getragen.“
Drauf ſprach der jung’ Herr Adelbert:
„Wir ſollen das nicht klagen!
Des Königs Tochter iſt immer werth,
Daß wir drum ſtechen und ſchlagen.“
Herr Walther ſprach, ein Ritter kühn:
„Nach Hauſe wollen wir reiten,
Es kann uns wenig Heil erblühn,
Um eine Todte zu ſtreiten.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0230" n="224"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Das traurige Turnei</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Es ritten &#x017F;ieben Ritter frei,</l><lb/>
              <l>Mit Schilden und mit Speeren,</l><lb/>
              <l>Sie wollten halten gut Turnei,</l><lb/>
              <l>Des Königs Kind zu Ehren.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Und als &#x017F;ie &#x017F;ahen Thurm und Wall,</l><lb/>
              <l>Ein Glöcklein hörten &#x017F;ie drüben;</l><lb/>
              <l>Und als &#x017F;ie traten in Königs Hall&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;ahen &#x017F;ie Kerzen &#x017F;ieben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Da &#x017F;ahen &#x017F;ie liegen, todesblaß,</l><lb/>
              <l>Die holde Adelheide,</l><lb/>
              <l>Der König zu ihrem Haupte &#x017F;</l><lb/>
              <l>In großen Herzeleide.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Da &#x017F;prach der &#x017F;tolze Degenwerth:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Das muß ich immer klagen,</l><lb/>
              <l>Daß ich um&#x017F;on&#x017F;t gegürt&#x2019;t mein Pferd,</l><lb/>
              <l>Mein Schild und Speer getragen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Drauf &#x017F;prach der jung&#x2019; Herr Adelbert:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Wir &#x017F;ollen das nicht klagen!</l><lb/>
              <l>Des Königs Tochter i&#x017F;t immer werth,</l><lb/>
              <l>Daß wir drum &#x017F;techen und &#x017F;chlagen.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="6">
              <l>Herr Walther &#x017F;prach, ein Ritter kühn:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Nach Hau&#x017F;e wollen wir reiten,</l><lb/>
              <l>Es kann uns wenig Heil erblühn,</l><lb/>
              <l>Um eine Todte zu &#x017F;treiten.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0230] Das traurige Turnei. Es ritten ſieben Ritter frei, Mit Schilden und mit Speeren, Sie wollten halten gut Turnei, Des Königs Kind zu Ehren. Und als ſie ſahen Thurm und Wall, Ein Glöcklein hörten ſie drüben; Und als ſie traten in Königs Hall’, Da ſahen ſie Kerzen ſieben. Da ſahen ſie liegen, todesblaß, Die holde Adelheide, Der König zu ihrem Haupte ſaß In großen Herzeleide. Da ſprach der ſtolze Degenwerth: „Das muß ich immer klagen, Daß ich umſonſt gegürt’t mein Pferd, Mein Schild und Speer getragen.“ Drauf ſprach der jung’ Herr Adelbert: „Wir ſollen das nicht klagen! Des Königs Tochter iſt immer werth, Daß wir drum ſtechen und ſchlagen.“ Herr Walther ſprach, ein Ritter kühn: „Nach Hauſe wollen wir reiten, Es kann uns wenig Heil erblühn, Um eine Todte zu ſtreiten.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/230
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/230>, abgerufen am 21.11.2024.