Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
An den Unsichtbaren.

Du, den wir suchen auf so finstern Wegen,
Mit forschenden Gedanken nicht erfassen,
Du hast dein heilig Dunkel einst verlassen
Und tratest sichtbar deinem Volk entgegen.
Welch süßes Heil, dein Bild sich einzuprägen,
Die Worte deines Mundes aufzufassen!
O selig, die an deinem Mahle saßen!
O selig, der an deiner Brust gelegen!
Drum war es auch kein seltsames Gelüste,
Wenn Pilger ohne Zahl vom Strande stießen,
Wenn Heere kämpften an der fernsten Küste:
Nur um an deinem Grabe noch zu beten,
Und um in frommer Inbrunst noch zu küssen
Die heil'ge Erde, die dein Fuß betreten.

An den Unſichtbaren.

Du, den wir ſuchen auf ſo finſtern Wegen,
Mit forſchenden Gedanken nicht erfaſſen,
Du haſt dein heilig Dunkel einſt verlaſſen
Und trateſt ſichtbar deinem Volk entgegen.
Welch ſüßes Heil, dein Bild ſich einzuprägen,
Die Worte deines Mundes aufzufaſſen!
O ſelig, die an deinem Mahle ſaßen!
O ſelig, der an deiner Bruſt gelegen!
Drum war es auch kein ſeltſames Gelüſte,
Wenn Pilger ohne Zahl vom Strande ſtießen,
Wenn Heere kämpften an der fernſten Küſte:
Nur um an deinem Grabe noch zu beten,
Und um in frommer Inbrunſt noch zu küſſen
Die heil’ge Erde, die dein Fuß betreten.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0110" n="104"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">An den Un&#x017F;ichtbaren</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Du, den wir &#x017F;uchen auf &#x017F;o fin&#x017F;tern Wegen,</l><lb/>
              <l>Mit for&#x017F;chenden Gedanken nicht erfa&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Du ha&#x017F;t dein heilig Dunkel ein&#x017F;t verla&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Und trate&#x017F;t &#x017F;ichtbar deinem Volk entgegen.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Welch &#x017F;üßes Heil, dein Bild &#x017F;ich einzuprägen,</l><lb/>
              <l>Die Worte deines Mundes aufzufa&#x017F;&#x017F;en!</l><lb/>
              <l>O &#x017F;elig, die an deinem Mahle &#x017F;aßen!</l><lb/>
              <l>O &#x017F;elig, der an deiner Bru&#x017F;t gelegen!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Drum war es auch kein &#x017F;elt&#x017F;ames Gelü&#x017F;te,</l><lb/>
              <l>Wenn Pilger ohne Zahl vom Strande &#x017F;tießen,</l><lb/>
              <l>Wenn Heere kämpften an der fern&#x017F;ten Kü&#x017F;te:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Nur um an deinem Grabe noch zu beten,</l><lb/>
              <l>Und um in frommer Inbrun&#x017F;t noch zu kü&#x017F;&#x017F;en</l><lb/>
              <l>Die heil&#x2019;ge Erde, die dein Fuß betreten.</l>
            </lg>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0110] An den Unſichtbaren. Du, den wir ſuchen auf ſo finſtern Wegen, Mit forſchenden Gedanken nicht erfaſſen, Du haſt dein heilig Dunkel einſt verlaſſen Und trateſt ſichtbar deinem Volk entgegen. Welch ſüßes Heil, dein Bild ſich einzuprägen, Die Worte deines Mundes aufzufaſſen! O ſelig, die an deinem Mahle ſaßen! O ſelig, der an deiner Bruſt gelegen! Drum war es auch kein ſeltſames Gelüſte, Wenn Pilger ohne Zahl vom Strande ſtießen, Wenn Heere kämpften an der fernſten Küſte: Nur um an deinem Grabe noch zu beten, Und um in frommer Inbrunſt noch zu küſſen Die heil’ge Erde, die dein Fuß betreten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/110
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/110>, abgerufen am 22.12.2024.