Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Kam und lege ihn auf den Brand: Oderauch ein wenig Milch in eine Lau- ge gethan, und ein damit genetztes Tüchlein übergeschlagen, ist eben- falls eine gute Brand-Löschung. Kamm, Wird in Ställen gebraucht, Kamm, Jst der obere Theil eines Pfer- Kammer, Jst an einem Kummet inwendig Kammer, Nennen die Jäger zuweilen Kammer-Music, s. Cam- mer-Music. Kammer-Styl, Jst diejenige Schreib-Art, wel- Kam Jnstrumenten-Styl kömmt hierauf eine gantz andre Art, als bey geistlichen und theatralischen Wer- cken vor. Er erfodert weit mehr Arbeitsamkeit als sonst, und will künstliche Mittel-Partien haben, die um den Vorzug mit den Ober- Stimmen gleichsam beständig, und auf eine angenehme Art, Streit führen; Bindungen, Rü- ckungen, gebrochene Harmonien, Abwechselungen mit Tutti und Solo, mit Adagio und Allegro &c. sind ihm lauter wesentliche Din- ge, und wenn auch gleich die Me- lodie ein wenig darunter leidet, so muß doch hier alles verblümt, aufgeputzt und sprudelnd seyn. 2) Der Stylus Canonicus, oder die Canonische Schreib-Art, findet auch in Zimmern und Sälen ih- ren Platz, ja auch öfters inter pocula. Auch giebt sich noch zu- weilen ein und anderer Liebhaber die Mühe, canonische Sonaten zur Kammer-Music über gewis- se feststehende Sätze (canto fermo) zu verfertigen; welches aber we- niger Ergetzlichkeit bringet, als Arbeit erfodert. Bey theatrali- schen und häuslichen Vorfällen zeiget die canonische Schreib- Art mehr munteres und freyes Wesen in der Melodie, als in Kirchen-Sachen. 3) Der stylus choraicus, als der dritte zur Kam- mer-Music gehörige Styl, ist der gewöhnlichen und gebräuchlichen Tantz-Kunst eigen. Er theilet sich in so viel Gattungen, als es Arten von Täntzen in Zimmern und Sälen giebt. Die Polnische Art des Choraischen Styls hat seit einiger Zeit so viel Beyfall ge- funden, daß man sich nicht ge- scheuet, die ernsthaftesten Worte und Sing-Gedichte mit Melo- dien P p 4
[Spaltenumbruch] Kam und lege ihn auf den Brand: Oderauch ein wenig Milch in eine Lau- ge gethan, und ein damit genetztes Tuͤchlein uͤbergeſchlagen, iſt eben- falls eine gute Brand-Loͤſchung. Kamm, Wird in Staͤllen gebraucht, Kamm, Jſt der obere Theil eines Pfer- Kammer, Jſt an einem Kummet inwendig Kammer, Nennen die Jaͤger zuweilen Kammer-Muſic, ſ. Cam- mer-Muſic. Kammer-Styl, Jſt diejenige Schreib-Art, wel- Kam Jnſtrumenten-Styl koͤmmt hierauf eine gantz andre Art, als bey geiſtlichen und theatraliſchen Wer- cken vor. Er erfodert weit mehr Arbeitſamkeit als ſonſt, und will kuͤnſtliche Mittel-Partien haben, die um den Vorzug mit den Ober- Stimmen gleichſam beſtaͤndig, und auf eine angenehme Art, Streit fuͤhren; Bindungen, Ruͤ- ckungen, gebrochene Harmonien, Abwechſelungen mit Tutti und Solo, mit Adagio und Allegro &c. ſind ihm lauter weſentliche Din- ge, und wenn auch gleich die Me- lodie ein wenig darunter leidet, ſo muß doch hier alles verbluͤmt, aufgeputzt und ſprudelnd ſeyn. 2) Der Stylus Canonicus, oder die Canoniſche Schreib-Art, findet auch in Zimmern und Saͤlen ih- ren Platz, ja auch oͤfters inter pocula. Auch giebt ſich noch zu- weilen ein und anderer Liebhaber die Muͤhe, canoniſche Sonaten zur Kammer-Muſic uͤber gewiſ- ſe feſtſtehende Saͤtze (canto fermo) zu verfertigen; welches aber we- niger Ergetzlichkeit bringet, als Arbeit erfodert. Bey theatrali- ſchen und haͤuslichen Vorfaͤllen zeiget die canoniſche Schreib- Art mehr munteres und freyes Weſen in der Melodie, als in Kirchen-Sachen. 3) Der ſtylus choraicus, als der dritte zur Kam- mer-Muſic gehoͤrige Styl, iſt der gewoͤhnlichen und gebraͤuchlichen Tantz-Kunſt eigen. Er theilet ſich in ſo viel Gattungen, als es Arten von Taͤntzen in Zimmern und Saͤlen giebt. Die Polniſche Art des Choraiſchen Styls hat ſeit einiger Zeit ſo viel Beyfall ge- funden, daß man ſich nicht ge- ſcheuet, die ernſthafteſten Worte und Sing-Gedichte mit Melo- dien P p 4
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Kam
Kam
und lege ihn auf den Brand: Oder
auch ein wenig Milch in eine Lau-
ge gethan, und ein damit genetztes
Tuͤchlein uͤbergeſchlagen, iſt eben-
falls eine gute Brand-Loͤſchung.
Kamm,
Wird in Staͤllen gebraucht,
den Pferden Schweiff, Maͤhne,
und Schopf damit auszukaͤmmen.
Kamm,
Jſt der obere Theil eines Pfer-
de-Halſes, wo die Maͤhne ein-
gewurtzelt. Das Fett, welches
von dieſem Kamme herkoͤmmt, iſt
als ein Heil-Mittel zu gebrau-
chen.
Kammer,
Jſt an einem Kummet inwendig
gegen den Hals eines Pferdes zu ein
leerer Fleck, aus welchem ein Theil
Fuͤll-Haare, mit welchen das
Kummet ausgeſtopffet iſt, her-
aus gezogen ſind, damit das Kum-
met, ſo vorher das Pferd an die-
ſem Orte gedruͤckt hat, daſelbſt
nicht aufliegen, und das Pferd
nicht ferner beſchaͤdigen koͤnne.
Kammer,
Nennen die Jaͤger zuweilen
den Abjagens-Fluͤgel.
Kammer-Muſic, ſ. Cam-
mer-Muſic.
Kammer-Styl,
Jſt diejenige Schreib-Art, wel-
che in denen bey Koͤniglichen und
Fuͤrſtlichen Kammern aufzufuͤh-
renden Muſicken beobachter wer-
den ſoll. Es iſt aber dieſer Stylus
Cameræ vel Symphoniacus, vel
Canonicus, vel Choraicus, vel
Madrigaleſcus & meliſmaticus. 1)
Der Stylus Symphoniacus oder
Jnſtrumenten-Styl koͤmmt hier
auf eine gantz andre Art, als bey
geiſtlichen und theatraliſchen Wer-
cken vor. Er erfodert weit mehr
Arbeitſamkeit als ſonſt, und will
kuͤnſtliche Mittel-Partien haben,
die um den Vorzug mit den Ober-
Stimmen gleichſam beſtaͤndig,
und auf eine angenehme Art,
Streit fuͤhren; Bindungen, Ruͤ-
ckungen, gebrochene Harmonien,
Abwechſelungen mit Tutti und
Solo, mit Adagio und Allegro &c.
ſind ihm lauter weſentliche Din-
ge, und wenn auch gleich die Me-
lodie ein wenig darunter leidet,
ſo muß doch hier alles verbluͤmt,
aufgeputzt und ſprudelnd ſeyn. 2)
Der Stylus Canonicus, oder die
Canoniſche Schreib-Art, findet
auch in Zimmern und Saͤlen ih-
ren Platz, ja auch oͤfters inter
pocula. Auch giebt ſich noch zu-
weilen ein und anderer Liebhaber
die Muͤhe, canoniſche Sonaten
zur Kammer-Muſic uͤber gewiſ-
ſe feſtſtehende Saͤtze (canto fermo)
zu verfertigen; welches aber we-
niger Ergetzlichkeit bringet, als
Arbeit erfodert. Bey theatrali-
ſchen und haͤuslichen Vorfaͤllen
zeiget die canoniſche Schreib-
Art mehr munteres und freyes
Weſen in der Melodie, als in
Kirchen-Sachen. 3) Der ſtylus
choraicus, als der dritte zur Kam-
mer-Muſic gehoͤrige Styl, iſt der
gewoͤhnlichen und gebraͤuchlichen
Tantz-Kunſt eigen. Er theilet
ſich in ſo viel Gattungen, als es
Arten von Taͤntzen in Zimmern
und Saͤlen giebt. Die Polniſche
Art des Choraiſchen Styls hat
ſeit einiger Zeit ſo viel Beyfall ge-
funden, daß man ſich nicht ge-
ſcheuet, die ernſthafteſten Worte
und Sing-Gedichte mit Melo-
dien
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