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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Cav
ursprünglich einen Reuter andeu-
tet, so ist ja wol unstreitig, daß er
das Reiten vollkommen verstehen
müsse. Das Jagen einem Cava-
lier
anzupreisen, scheinet überflüs-
sig zu seyn, weil nicht leicht einer
zu finden ist, welcher dazu keine
Neigung spüren sollte. Dieses
wenige wird hinlänglich seyn, die
unumgängliche Nothwendigkeit
der Ritterlichen Exercitien zu be-
weisen, und darzuthun, daß ie
weiter es einer von Adel darinnen
gebracht, um so viel desto geschick-
ter mache er sich, dem Staate
dereinst mit Vortheile Dienste lei-
sten zu können.

Cavalierement studiren,

Hierbey sind zwo Klippen sorg-
fältig zu vermeiden, erstlich die
Negligen; und die damit verknüpf-
te bauerstoltze Unwissenheit, und
zweytens die Pedanterey. Denn
ein junger von Adel soll nicht oben-
hin und so zu sagen für die liebe
lange Weil die gelehrten Wissen-
schafften tractiren, sondern sich ei-
ne gründliche Gelehrsamkeit er-
werben, damit er Königen und
Fürsten und dem Staate dereinst
desto nützlichere Dienste leisten
könne. Dieser Zweck wird nun
durch nichts anders als durch
Schweiß und Fleiß erlanget.
Denn ohngeacht ein Cavalier nicht
nöthig hat, alle Subtilitäten ei-
ner ieden gelehrten Wissenschafft
inne zu haben; so soll er sich doch
den Kern derselben bekandt ma-
chen, und wie er solche für sich
und für den Staat nützen könne,
verstehen. Nebst dem Unfleiß hat
einer von Adelichem Geblüte auch
die Pedanterey zu fliehen. Einen
Pedanten aber nennen wir den,
welcher nicht nur aus allerhand
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Cav
Grillenfängereyen und nichtswür-
digen Kleinigkeiten grossen Staat
machet, sich vor andern dabey klug
zu seyn einbildet, und das, was
reellen und wahrhafften Nutzen
schaffet, dabey hintan setzet, son-
dern auch weder auf die Cultur
seines Verstandes noch Willens
bey seinem Studiren siehet. Da-
gegen ein Edelmann alle seine Stu-
dia hauptsächlich auf die Praxin
zu richten, und in nichts theoreti-
sches sich einzulassen hat, wofern
es nicht zur Praxi führet. Wie
soll man aber cavalierement studi-
ren? Man muß, gute und aus-
erlesene Schrifften lesen, gelehrte
Männer öffters hören, das Ge-
hörte und Gelesene durch reiffe
Meditationes in succum & sangui-
nem vertir
en, und sich eines klu-
gen Umgangs mit gescheuten und
und gelehrten Leuten nicht ent-
schlagen, als woraus öfters mehr
zu profitiren, als aus vielem Lesen
und öftern Collegiis. Jn diesen
Stücken wird ein Liebhaber der
Weisheit und Gelehrsamkeit mehr
Vergnügen und Ergötzlichkeit fin-
den, als andere in Caffee- und
Wirthshäusern. Jn welchen Wis-
senschafften soll sich einer von Adel
umsehen? Soll er denn auch die
Critic lernen? Jn sofern die Cri-
tic sich mit grammaticalischen Klei-
nigkeiten beschäfftiget, ist es an ei-
nem Edelmann lobenswürdig,
wenn er hiervon nichts weiß.
Wenn aber die Critic den Weg
zur Verständniß der alten Scri-
benten bahnet, so ist ihm deren
Erkentniß nicht schädlich, wenn
er sich nur nicht allzusehr darinne
vertieffet, und die itzigen Sitten
und Lebens-Art dabey hintan se-
tzet. Die Lateinische Sprache ist
ihm unentbehrlich, und giebt deren

Zier-
K 5

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Cav
urſpruͤnglich einen Reuter andeu-
tet, ſo iſt ja wol unſtreitig, daß er
das Reiten vollkommen verſtehen
muͤſſe. Das Jagen einem Cava-
lier
anzupreiſen, ſcheinet uͤberfluͤſ-
ſig zu ſeyn, weil nicht leicht einer
zu finden iſt, welcher dazu keine
Neigung ſpuͤren ſollte. Dieſes
wenige wird hinlaͤnglich ſeyn, die
unumgaͤngliche Nothwendigkeit
der Ritterlichen Exercitien zu be-
weiſen, und darzuthun, daß ie
weiter es einer von Adel darinnen
gebracht, um ſo viel deſto geſchick-
ter mache er ſich, dem Staate
dereinſt mit Vortheile Dienſte lei-
ſten zu koͤnnen.

Cavalierement ſtudiren,

Hierbey ſind zwo Klippen ſorg-
faͤltig zu vermeiden, erſtlich die
Negligen; und die damit verknuͤpf-
te bauerſtoltze Unwiſſenheit, und
zweytens die Pedanterey. Denn
ein junger von Adel ſoll nicht oben-
hin und ſo zu ſagen fuͤr die liebe
lange Weil die gelehrten Wiſſen-
ſchafften tractiren, ſondern ſich ei-
ne gruͤndliche Gelehrſamkeit er-
werben, damit er Koͤnigen und
Fuͤrſten und dem Staate dereinſt
deſto nuͤtzlichere Dienſte leiſten
koͤnne. Dieſer Zweck wird nun
durch nichts anders als durch
Schweiß und Fleiß erlanget.
Denn ohngeacht ein Cavalier nicht
noͤthig hat, alle Subtilitaͤten ei-
ner ieden gelehrten Wiſſenſchafft
inne zu haben; ſo ſoll er ſich doch
den Kern derſelben bekandt ma-
chen, und wie er ſolche fuͤr ſich
und fuͤr den Staat nuͤtzen koͤnne,
verſtehen. Nebſt dem Unfleiß hat
einer von Adelichem Gebluͤte auch
die Pedanterey zu fliehen. Einen
Pedanten aber nennen wir den,
welcher nicht nur aus allerhand
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Cav
Grillenfaͤngereyen und nichtswuͤr-
digen Kleinigkeiten groſſen Staat
machet, ſich vor andern dabey klug
zu ſeyn einbildet, und das, was
reellen und wahrhafften Nutzen
ſchaffet, dabey hintan ſetzet, ſon-
dern auch weder auf die Cultur
ſeines Verſtandes noch Willens
bey ſeinem Studiren ſiehet. Da-
gegen ein Edelmann alle ſeine Stu-
dia hauptſaͤchlich auf die Praxin
zu richten, und in nichts theoreti-
ſches ſich einzulaſſen hat, wofern
es nicht zur Praxi fuͤhret. Wie
ſoll man aber cavalierement ſtudi-
ren? Man muß, gute und aus-
erleſene Schrifften leſen, gelehrte
Maͤnner oͤffters hoͤren, das Ge-
hoͤrte und Geleſene durch reiffe
Meditationes in ſuccum & ſangui-
nem vertir
en, und ſich eines klu-
gen Umgangs mit geſcheuten und
und gelehrten Leuten nicht ent-
ſchlagen, als woraus oͤfters mehr
zu profitiren, als aus vielem Leſen
und oͤftern Collegiis. Jn dieſen
Stuͤcken wird ein Liebhaber der
Weisheit und Gelehrſamkeit mehr
Vergnuͤgen und Ergoͤtzlichkeit fin-
den, als andere in Caffee- und
Wirthshaͤuſern. Jn welchen Wiſ-
ſenſchafften ſoll ſich einer von Adel
umſehen? Soll er denn auch die
Critic lernen? Jn ſofern die Cri-
tic ſich mit grammaticaliſchen Klei-
nigkeiten beſchaͤfftiget, iſt es an ei-
nem Edelmann lobenswuͤrdig,
wenn er hiervon nichts weiß.
Wenn aber die Critic den Weg
zur Verſtaͤndniß der alten Scri-
benten bahnet, ſo iſt ihm deren
Erkentniß nicht ſchaͤdlich, wenn
er ſich nur nicht allzuſehr darinne
vertieffet, und die itzigen Sitten
und Lebens-Art dabey hintan ſe-
tzet. Die Lateiniſche Sprache iſt
ihm unentbehrlich, und giebt deren

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K 5
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[0173] Cav Cav urſpruͤnglich einen Reuter andeu- tet, ſo iſt ja wol unſtreitig, daß er das Reiten vollkommen verſtehen muͤſſe. Das Jagen einem Cava- lier anzupreiſen, ſcheinet uͤberfluͤſ- ſig zu ſeyn, weil nicht leicht einer zu finden iſt, welcher dazu keine Neigung ſpuͤren ſollte. Dieſes wenige wird hinlaͤnglich ſeyn, die unumgaͤngliche Nothwendigkeit der Ritterlichen Exercitien zu be- weiſen, und darzuthun, daß ie weiter es einer von Adel darinnen gebracht, um ſo viel deſto geſchick- ter mache er ſich, dem Staate dereinſt mit Vortheile Dienſte lei- ſten zu koͤnnen. Cavalierement ſtudiren, Hierbey ſind zwo Klippen ſorg- faͤltig zu vermeiden, erſtlich die Negligen; und die damit verknuͤpf- te bauerſtoltze Unwiſſenheit, und zweytens die Pedanterey. Denn ein junger von Adel ſoll nicht oben- hin und ſo zu ſagen fuͤr die liebe lange Weil die gelehrten Wiſſen- ſchafften tractiren, ſondern ſich ei- ne gruͤndliche Gelehrſamkeit er- werben, damit er Koͤnigen und Fuͤrſten und dem Staate dereinſt deſto nuͤtzlichere Dienſte leiſten koͤnne. Dieſer Zweck wird nun durch nichts anders als durch Schweiß und Fleiß erlanget. Denn ohngeacht ein Cavalier nicht noͤthig hat, alle Subtilitaͤten ei- ner ieden gelehrten Wiſſenſchafft inne zu haben; ſo ſoll er ſich doch den Kern derſelben bekandt ma- chen, und wie er ſolche fuͤr ſich und fuͤr den Staat nuͤtzen koͤnne, verſtehen. Nebſt dem Unfleiß hat einer von Adelichem Gebluͤte auch die Pedanterey zu fliehen. Einen Pedanten aber nennen wir den, welcher nicht nur aus allerhand Grillenfaͤngereyen und nichtswuͤr- digen Kleinigkeiten groſſen Staat machet, ſich vor andern dabey klug zu ſeyn einbildet, und das, was reellen und wahrhafften Nutzen ſchaffet, dabey hintan ſetzet, ſon- dern auch weder auf die Cultur ſeines Verſtandes noch Willens bey ſeinem Studiren ſiehet. Da- gegen ein Edelmann alle ſeine Stu- dia hauptſaͤchlich auf die Praxin zu richten, und in nichts theoreti- ſches ſich einzulaſſen hat, wofern es nicht zur Praxi fuͤhret. Wie ſoll man aber cavalierement ſtudi- ren? Man muß, gute und aus- erleſene Schrifften leſen, gelehrte Maͤnner oͤffters hoͤren, das Ge- hoͤrte und Geleſene durch reiffe Meditationes in ſuccum & ſangui- nem vertiren, und ſich eines klu- gen Umgangs mit geſcheuten und und gelehrten Leuten nicht ent- ſchlagen, als woraus oͤfters mehr zu profitiren, als aus vielem Leſen und oͤftern Collegiis. Jn dieſen Stuͤcken wird ein Liebhaber der Weisheit und Gelehrſamkeit mehr Vergnuͤgen und Ergoͤtzlichkeit fin- den, als andere in Caffee- und Wirthshaͤuſern. Jn welchen Wiſ- ſenſchafften ſoll ſich einer von Adel umſehen? Soll er denn auch die Critic lernen? Jn ſofern die Cri- tic ſich mit grammaticaliſchen Klei- nigkeiten beſchaͤfftiget, iſt es an ei- nem Edelmann lobenswuͤrdig, wenn er hiervon nichts weiß. Wenn aber die Critic den Weg zur Verſtaͤndniß der alten Scri- benten bahnet, ſo iſt ihm deren Erkentniß nicht ſchaͤdlich, wenn er ſich nur nicht allzuſehr darinne vertieffet, und die itzigen Sitten und Lebens-Art dabey hintan ſe- tzet. Die Lateiniſche Sprache iſt ihm unentbehrlich, und giebt deren Zier- K 5

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/173>, abgerufen am 21.11.2024.