DJe Gewohnheit, ein und andere Wissenschaft in alphabetischer Ordnung abzuhandeln, ist zwar nicht erst gestern oder heute aufgekommen; son- dern schon bey den alten Griechen, sonderlich mit der Weltweisheit, im Brauche gewesen: Jedoch unser itzt- lauffendes Jahrhundert ist in diesem Stücke dergestalt fruchtbar, daß man es bey nahe für eine Mode halten solte, wodurch nicht nur alle und iede Wissenschaften, son- dern so gar alles, was in der Welt zu wissen dienlich ist, in Form eines Lexici müste vorgetragen werden. Aus diesem grossen Anwachse der Lexicorum haben nun ei- nige die Abnahme und den Verfall der Gelehrsamkeit besorgen wollen; und daher gewünschet, daß man ent- weder gantz und gar keine sogenannte Real-Lexica, oder doch derselbigen sehr wenige haben möchte. Andere hin- gegen urtheilen gantz anders, und vertheidigen die Nutz- barkeit und Nothwendigkeit der Real-Lexicorum. Denn, sagen sie, bey den itzigen Zeiten, da fast alle Wissenschaften ihren höchsten Gipfel erreichet haben, und deren Feld so gar weitlauftig ist, daß eine iede derselben ihren eigenen Mann erfodert; gleichwol aber die heutige Welt von ei- nem Gelehrten begehren darf, daß er nicht nur die Wis- senschaft, welche er hauptsächlich treibet, gründlich ver- stehe, sondern auch von allen andern Dingen, sie mö-
gen
)( 5
Vorrede.
DJe Gewohnheit, ein und andere Wiſſenſchaft in alphabetiſcher Ordnung abzuhandeln, iſt zwar nicht erſt geſtern oder heute aufgekommen; ſon- dern ſchon bey den alten Griechen, ſonderlich mit der Weltweisheit, im Brauche geweſen: Jedoch unſer itzt- lauffendes Jahrhundert iſt in dieſem Stuͤcke dergeſtalt fruchtbar, daß man es bey nahe fuͤr eine Mode halten ſolte, wodurch nicht nur alle und iede Wiſſenſchaften, ſon- dern ſo gar alles, was in der Welt zu wiſſen dienlich iſt, in Form eines Lexici muͤſte vorgetragen werden. Aus dieſem groſſen Anwachſe der Lexicorum haben nun ei- nige die Abnahme und den Verfall der Gelehrſamkeit beſorgen wollen; und daher gewuͤnſchet, daß man ent- weder gantz und gar keine ſogenannte Real-Lexica, oder doch derſelbigen ſehr wenige haben moͤchte. Andere hin- gegen urtheilen gantz anders, und vertheidigen die Nutz- barkeit und Nothwendigkeit der Real-Lexicorum. Denn, ſagen ſie, bey den itzigen Zeiten, da faſt alle Wiſſenſchaften ihren hoͤchſten Gipfel erreichet haben, und deren Feld ſo gar weitlauftig iſt, daß eine iede derſelben ihren eigenen Mann erfodert; gleichwol aber die heutige Welt von ei- nem Gelehrten begehren darf, daß er nicht nur die Wiſ- ſenſchaft, welche er hauptſaͤchlich treibet, gruͤndlich ver- ſtehe, ſondern auch von allen andern Dingen, ſie moͤ-
gen
)( 5
<TEI><text><front><pbfacs="#f0015"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="1"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede.</hi></hi></head><lb/><p><hirendition="#in">D</hi>Je Gewohnheit, ein und andere Wiſſenſchaft in<lb/>
alphabetiſcher Ordnung abzuhandeln, iſt zwar<lb/>
nicht erſt geſtern oder heute aufgekommen; ſon-<lb/>
dern ſchon bey den alten Griechen, ſonderlich mit der<lb/>
Weltweisheit, im Brauche geweſen: Jedoch unſer itzt-<lb/>
lauffendes Jahrhundert iſt in dieſem Stuͤcke dergeſtalt<lb/>
fruchtbar, daß man es bey nahe fuͤr eine Mode halten<lb/>ſolte, wodurch nicht nur alle und iede Wiſſenſchaften, ſon-<lb/>
dern ſo gar alles, was in der Welt zu wiſſen dienlich iſt,<lb/>
in Form eines <hirendition="#aq">Lexici</hi> muͤſte vorgetragen werden. Aus<lb/>
dieſem groſſen Anwachſe der <hirendition="#aq">Lexicorum</hi> haben nun ei-<lb/>
nige die Abnahme und den Verfall der Gelehrſamkeit<lb/>
beſorgen wollen; und daher gewuͤnſchet, daß man ent-<lb/>
weder gantz und gar keine ſogenannte <hirendition="#aq">Real-Lexica,</hi> oder<lb/>
doch derſelbigen ſehr wenige haben moͤchte. Andere hin-<lb/>
gegen urtheilen gantz anders, und vertheidigen die Nutz-<lb/>
barkeit und Nothwendigkeit der <hirendition="#aq">Real-Lexicorum.</hi> Denn,<lb/>ſagen ſie, bey den itzigen Zeiten, da faſt alle Wiſſenſchaften<lb/>
ihren hoͤchſten Gipfel erreichet haben, und deren Feld ſo gar<lb/>
weitlauftig iſt, daß eine iede derſelben ihren eigenen<lb/>
Mann erfodert; gleichwol aber die heutige Welt von ei-<lb/>
nem Gelehrten begehren darf, daß er nicht nur die Wiſ-<lb/>ſenſchaft, welche er hauptſaͤchlich treibet, gruͤndlich ver-<lb/>ſtehe, ſondern auch von allen andern Dingen, ſie moͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">)( 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0015]
Vorrede.
DJe Gewohnheit, ein und andere Wiſſenſchaft in
alphabetiſcher Ordnung abzuhandeln, iſt zwar
nicht erſt geſtern oder heute aufgekommen; ſon-
dern ſchon bey den alten Griechen, ſonderlich mit der
Weltweisheit, im Brauche geweſen: Jedoch unſer itzt-
lauffendes Jahrhundert iſt in dieſem Stuͤcke dergeſtalt
fruchtbar, daß man es bey nahe fuͤr eine Mode halten
ſolte, wodurch nicht nur alle und iede Wiſſenſchaften, ſon-
dern ſo gar alles, was in der Welt zu wiſſen dienlich iſt,
in Form eines Lexici muͤſte vorgetragen werden. Aus
dieſem groſſen Anwachſe der Lexicorum haben nun ei-
nige die Abnahme und den Verfall der Gelehrſamkeit
beſorgen wollen; und daher gewuͤnſchet, daß man ent-
weder gantz und gar keine ſogenannte Real-Lexica, oder
doch derſelbigen ſehr wenige haben moͤchte. Andere hin-
gegen urtheilen gantz anders, und vertheidigen die Nutz-
barkeit und Nothwendigkeit der Real-Lexicorum. Denn,
ſagen ſie, bey den itzigen Zeiten, da faſt alle Wiſſenſchaften
ihren hoͤchſten Gipfel erreichet haben, und deren Feld ſo gar
weitlauftig iſt, daß eine iede derſelben ihren eigenen
Mann erfodert; gleichwol aber die heutige Welt von ei-
nem Gelehrten begehren darf, daß er nicht nur die Wiſ-
ſenſchaft, welche er hauptſaͤchlich treibet, gruͤndlich ver-
ſtehe, ſondern auch von allen andern Dingen, ſie moͤ-
gen
)( 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/15>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.