Erster Abschnitt. Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der lebenden Körper.
Wir sahen im zweyten Capitel der Einleitung (a), dass dem Leben jedes einzelnen Körpers im Betreff seiner Intension Gränzen gesetzt seyn müssen, weil die Schrankenlosigkeit desselben unaufhörliche Re- volutionen im allgemeinen Organismus verursachen würde. Wir liessen aber die Frage unberührt, ob auch das Leben der gesammten Natur intensive Schranken habe? Es ist indess leicht zu erachten, dass die Beantwortung derselben, wenn auch nicht geradezu verneinend, doch auch nicht ganz beja- hend ausfallen könne, oder, mit andern Worten, dass wir das Leben des Ganzen zwar eben so we- nig für absolut schrankenlos, als das des Einzel- nen, aber doch für weit weniger begränzt, als das des letztern annehmen müssen. Die Natur nehm- lich ist in ewigen Verwandlungen begriffen. Der Strohm der Zeiten führt immer neue Einwirkungen der Aussenwelt herbey (b). Jeder Augenblick wür-
de
(a) S. 68.
(b) Biol. B. 1. S. 50.
Erster Abschnitt. Allgemeine Bemerkungen über die Verbreitung der lebenden Körper.
Wir sahen im zweyten Capitel der Einleitung (a), daſs dem Leben jedes einzelnen Körpers im Betreff seiner Intension Gränzen gesetzt seyn müssen, weil die Schrankenlosigkeit desselben unaufhörliche Re- volutionen im allgemeinen Organismus verursachen würde. Wir liessen aber die Frage unberührt, ob auch das Leben der gesammten Natur intensive Schranken habe? Es ist indeſs leicht zu erachten, daſs die Beantwortung derselben, wenn auch nicht geradezu verneinend, doch auch nicht ganz beja- hend ausfallen könne, oder, mit andern Worten, daſs wir das Leben des Ganzen zwar eben so we- nig für absolut schrankenlos, als das des Einzel- nen, aber doch für weit weniger begränzt, als das des letztern annehmen müssen. Die Natur nehm- lich ist in ewigen Verwandlungen begriffen. Der Strohm der Zeiten führt immer neue Einwirkungen der Aussenwelt herbey (b). Jeder Augenblick wür-
de
(a) S. 68.
(b) Biol. B. 1. S. 50.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0016"n="6"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>Erster Abschnitt.<lb/><hirendition="#g">Allgemeine Bemerkungen über die<lb/>
Verbreitung der lebenden Körper</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">W</hi>ir sahen im zweyten Capitel der Einleitung <noteplace="foot"n="(a)">S. 68.</note>,<lb/>
daſs dem Leben jedes einzelnen Körpers im Betreff<lb/>
seiner Intension Gränzen gesetzt seyn müssen, weil<lb/>
die Schrankenlosigkeit desselben unaufhörliche Re-<lb/>
volutionen im allgemeinen Organismus verursachen<lb/>
würde. Wir liessen aber die Frage unberührt, ob<lb/>
auch das Leben der gesammten Natur intensive<lb/>
Schranken habe? Es ist indeſs leicht zu erachten,<lb/>
daſs die Beantwortung derselben, wenn auch nicht<lb/>
geradezu verneinend, doch auch nicht ganz beja-<lb/>
hend ausfallen könne, oder, mit andern Worten,<lb/>
daſs wir das Leben des Ganzen zwar eben so we-<lb/>
nig für absolut schrankenlos, als das des Einzel-<lb/>
nen, aber doch für weit weniger begränzt, als das<lb/>
des letztern annehmen müssen. Die Natur nehm-<lb/>
lich ist in ewigen Verwandlungen begriffen. Der<lb/>
Strohm der Zeiten führt immer neue Einwirkungen<lb/>
der Aussenwelt herbey <noteplace="foot"n="(b)">Biol. B. 1. S. 50.</note>. Jeder Augenblick wür-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">de</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[6/0016]
Erster Abschnitt.
Allgemeine Bemerkungen über die
Verbreitung der lebenden Körper.
Wir sahen im zweyten Capitel der Einleitung (a),
daſs dem Leben jedes einzelnen Körpers im Betreff
seiner Intension Gränzen gesetzt seyn müssen, weil
die Schrankenlosigkeit desselben unaufhörliche Re-
volutionen im allgemeinen Organismus verursachen
würde. Wir liessen aber die Frage unberührt, ob
auch das Leben der gesammten Natur intensive
Schranken habe? Es ist indeſs leicht zu erachten,
daſs die Beantwortung derselben, wenn auch nicht
geradezu verneinend, doch auch nicht ganz beja-
hend ausfallen könne, oder, mit andern Worten,
daſs wir das Leben des Ganzen zwar eben so we-
nig für absolut schrankenlos, als das des Einzel-
nen, aber doch für weit weniger begränzt, als das
des letztern annehmen müssen. Die Natur nehm-
lich ist in ewigen Verwandlungen begriffen. Der
Strohm der Zeiten führt immer neue Einwirkungen
der Aussenwelt herbey (b). Jeder Augenblick wür-
de
(a) S. 68.
(b) Biol. B. 1. S. 50.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 2. Göttingen, 1803, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie02_1803/16>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.