Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913.MUSIK IM MIRABELL Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn Im klaren Blau, die weißen, zarten. Bedächtig stille Menschen gehn Am Abend durch den alten Garten. Der Ahnen Marmor ist ergraut. Ein Vogelzug streift in die Weiten. Ein Faun mit toten Augen schaut Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten. Das Laub fällt rot vom alten Baum Und kreist herein durchs offne Fenster. Ein Feuerschein glüht auf im Raum Und malet trübe Angstgespenster. Ein weißer Fremdling tritt ins Haus. Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge. Die Magd löscht eine Lampe aus, Das Ohr hört nachts Sonatenklänge. MUSIK IM MIRABELL Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn Im klaren Blau, die weißen, zarten. Bedächtig stille Menschen gehn Am Abend durch den alten Garten. Der Ahnen Marmor ist ergraut. Ein Vogelzug streift in die Weiten. Ein Faun mit toten Augen schaut Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten. Das Laub fällt rot vom alten Baum Und kreist herein durchs offne Fenster. Ein Feuerschein glüht auf im Raum Und malet trübe Angstgespenster. Ein weißer Fremdling tritt ins Haus. Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge. Die Magd löscht eine Lampe aus, Das Ohr hört nachts Sonatenklänge. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0009" n="11"/> <div n="1"> <lg type="poem"> <head>MUSIK IM MIRABELL</head><lb/> <lg n="1"> <l>Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn</l><lb/> <l>Im klaren Blau, die weißen, zarten.</l><lb/> <l>Bedächtig stille Menschen gehn</l><lb/> <l>Am Abend durch den alten Garten.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der Ahnen Marmor ist ergraut.</l><lb/> <l>Ein Vogelzug streift in die Weiten.</l><lb/> <l>Ein Faun mit toten Augen schaut</l><lb/> <l>Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Das Laub fällt rot vom alten Baum</l><lb/> <l>Und kreist herein durchs offne Fenster.</l><lb/> <l>Ein Feuerschein glüht auf im Raum</l><lb/> <l>Und malet trübe Angstgespenster.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.</l><lb/> <l>Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.</l><lb/> <l>Die Magd löscht eine Lampe aus,</l><lb/> <l>Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [11/0009]
MUSIK IM MIRABELL
Ein Brunnen singt. Die Wolken stehn
Im klaren Blau, die weißen, zarten.
Bedächtig stille Menschen gehn
Am Abend durch den alten Garten.
Der Ahnen Marmor ist ergraut.
Ein Vogelzug streift in die Weiten.
Ein Faun mit toten Augen schaut
Nach Schatten, die ins Dunkel gleiten.
Das Laub fällt rot vom alten Baum
Und kreist herein durchs offne Fenster.
Ein Feuerschein glüht auf im Raum
Und malet trübe Angstgespenster.
Ein weißer Fremdling tritt ins Haus.
Ein Hund stürzt durch verfallene Gänge.
Die Magd löscht eine Lampe aus,
Das Ohr hört nachts Sonatenklänge.
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Zitationshilfe: | Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/9>, abgerufen am 22.02.2025. |