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Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775.

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Der 28te Junius.
Hilf, daß mirs auch da gelinge,
Wann (o! schweres Wort!) der Tod,
Als das schrecklichste der Dinge,
Mir mit der Verwesung droht!
Gott! bei dieser grossen Handlung
Falle ja der Trost mir bei:
Daß mein Tod nur die Verwandlung,
Aber nicht mein Ende sey!


Wann denn nun die fürchterliche Todesstunde herannahet,
wo du, Herr! mich von den Lebendigen absonderst, und
so alte Freunde, wie Leib und Seele sind, von einander trennest;
wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden sichtest, und
ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir
deinen Frieden, o Jesu! Still den Tumult in meinen Adern,
und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit!
Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, sondern
lege dein Verdienst zu meinen leichten und flüchtigen Tugenden!
Erhör meine Bitte um ein seliges Ende, oder ich bin
verloren.

Ja du wirst auch meine gebrochne Seufzer erhören, und
mich trösten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich
Leib und Seele verschmachten, so bist du doch, Gott! allezeit
meines Herzens Trost und mein Theil. Jch werde im Glau-
ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters sehn.
Meine Sünden werden mich drängen, aber du wirst mich auf-
nehmen. Es werden wol schreckliche Minuten kommen, wo
der peinigende Schmerz des Körpers das Gewissen wider mich
aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-

dächtig
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Der 28te Junius.
Hilf, daß mirs auch da gelinge,
Wann (o! ſchweres Wort!) der Tod,
Als das ſchrecklichſte der Dinge,
Mir mit der Verweſung droht!
Gott! bei dieſer groſſen Handlung
Falle ja der Troſt mir bei:
Daß mein Tod nur die Verwandlung,
Aber nicht mein Ende ſey!


Wann denn nun die fuͤrchterliche Todesſtunde herannahet,
wo du, Herr! mich von den Lebendigen abſonderſt, und
ſo alte Freunde, wie Leib und Seele ſind, von einander trenneſt;
wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden ſichteſt, und
ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir
deinen Frieden, o Jeſu! Still den Tumult in meinen Adern,
und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit!
Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, ſondern
lege dein Verdienſt zu meinen leichten und fluͤchtigen Tugenden!
Erhoͤr meine Bitte um ein ſeliges Ende, oder ich bin
verloren.

Ja du wirſt auch meine gebrochne Seufzer erhoͤren, und
mich troͤſten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich
Leib und Seele verſchmachten, ſo biſt du doch, Gott! allezeit
meines Herzens Troſt und mein Theil. Jch werde im Glau-
ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters ſehn.
Meine Suͤnden werden mich draͤngen, aber du wirſt mich auf-
nehmen. Es werden wol ſchreckliche Minuten kommen, wo
der peinigende Schmerz des Koͤrpers das Gewiſſen wider mich
aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-

daͤchtig
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[371[401]/0408] Der 28te Junius. Hilf, daß mirs auch da gelinge, Wann (o! ſchweres Wort!) der Tod, Als das ſchrecklichſte der Dinge, Mir mit der Verweſung droht! Gott! bei dieſer groſſen Handlung Falle ja der Troſt mir bei: Daß mein Tod nur die Verwandlung, Aber nicht mein Ende ſey! Wann denn nun die fuͤrchterliche Todesſtunde herannahet, wo du, Herr! mich von den Lebendigen abſonderſt, und ſo alte Freunde, wie Leib und Seele ſind, von einander trenneſt; wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden ſichteſt, und ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir deinen Frieden, o Jeſu! Still den Tumult in meinen Adern, und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit! Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, ſondern lege dein Verdienſt zu meinen leichten und fluͤchtigen Tugenden! Erhoͤr meine Bitte um ein ſeliges Ende, oder ich bin verloren. Ja du wirſt auch meine gebrochne Seufzer erhoͤren, und mich troͤſten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich Leib und Seele verſchmachten, ſo biſt du doch, Gott! allezeit meines Herzens Troſt und mein Theil. Jch werde im Glau- ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters ſehn. Meine Suͤnden werden mich draͤngen, aber du wirſt mich auf- nehmen. Es werden wol ſchreckliche Minuten kommen, wo der peinigende Schmerz des Koͤrpers das Gewiſſen wider mich aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver- daͤchtig Aa 2

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Zitationshilfe: Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 371[401]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/408>, abgerufen am 21.11.2024.