Hilf, daß mirs auch da gelinge, Wann (o! schweres Wort!) der Tod, Als das schrecklichste der Dinge, Mir mit der Verwesung droht! Gott! bei dieser grossen Handlung Falle ja der Trost mir bei: Daß mein Tod nur die Verwandlung, Aber nicht mein Ende sey!
Wann denn nun die fürchterliche Todesstunde herannahet, wo du, Herr! mich von den Lebendigen absonderst, und so alte Freunde, wie Leib und Seele sind, von einander trennest; wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden sichtest, und ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir deinen Frieden, o Jesu! Still den Tumult in meinen Adern, und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit! Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, sondern lege dein Verdienst zu meinen leichten und flüchtigen Tugenden! Erhör meine Bitte um ein seliges Ende, oder ich bin verloren.
Ja du wirst auch meine gebrochne Seufzer erhören, und mich trösten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist du doch, Gott! allezeit meines Herzens Trost und mein Theil. Jch werde im Glau- ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters sehn. Meine Sünden werden mich drängen, aber du wirst mich auf- nehmen. Es werden wol schreckliche Minuten kommen, wo der peinigende Schmerz des Körpers das Gewissen wider mich aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-
dächtig
Aa 2
Der 28te Junius.
Hilf, daß mirs auch da gelinge, Wann (o! ſchweres Wort!) der Tod, Als das ſchrecklichſte der Dinge, Mir mit der Verweſung droht! Gott! bei dieſer groſſen Handlung Falle ja der Troſt mir bei: Daß mein Tod nur die Verwandlung, Aber nicht mein Ende ſey!
Wann denn nun die fuͤrchterliche Todesſtunde herannahet, wo du, Herr! mich von den Lebendigen abſonderſt, und ſo alte Freunde, wie Leib und Seele ſind, von einander trenneſt; wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden ſichteſt, und ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir deinen Frieden, o Jeſu! Still den Tumult in meinen Adern, und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit! Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, ſondern lege dein Verdienſt zu meinen leichten und fluͤchtigen Tugenden! Erhoͤr meine Bitte um ein ſeliges Ende, oder ich bin verloren.
Ja du wirſt auch meine gebrochne Seufzer erhoͤren, und mich troͤſten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich Leib und Seele verſchmachten, ſo biſt du doch, Gott! allezeit meines Herzens Troſt und mein Theil. Jch werde im Glau- ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters ſehn. Meine Suͤnden werden mich draͤngen, aber du wirſt mich auf- nehmen. Es werden wol ſchreckliche Minuten kommen, wo der peinigende Schmerz des Koͤrpers das Gewiſſen wider mich aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-
daͤchtig
Aa 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0408"n="371[401]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><divn="3"><head>Der 28<hirendition="#sup">te</hi> Junius.</head><lb/><lgtype="poem"><l><hirendition="#in">H</hi>ilf, daß mirs auch da gelinge,</l><lb/><l>Wann (o! ſchweres Wort!) der Tod,</l><lb/><l>Als das ſchrecklichſte der Dinge,</l><lb/><l>Mir mit der Verweſung droht!</l><lb/><l>Gott! bei dieſer groſſen Handlung</l><lb/><l>Falle ja der Troſt mir bei:</l><lb/><l>Daß mein Tod nur die Verwandlung,</l><lb/><l>Aber nicht mein Ende ſey!</l></lg><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>ann denn nun die fuͤrchterliche Todesſtunde herannahet,<lb/>
wo du, Herr! mich von den Lebendigen abſonderſt, und<lb/>ſo alte Freunde, wie Leib und Seele ſind, von einander trenneſt;<lb/>
wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden ſichteſt, und<lb/>
ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir<lb/>
deinen Frieden, o Jeſu! Still den Tumult in meinen Adern,<lb/>
und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit!<lb/>
Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, ſondern<lb/>
lege dein Verdienſt zu meinen leichten und fluͤchtigen Tugenden!<lb/>
Erhoͤr meine <hirendition="#fr">Bitte um ein ſeliges Ende,</hi> oder ich bin<lb/>
verloren.</p><lb/><p>Ja du wirſt auch meine gebrochne Seufzer erhoͤren, und<lb/>
mich troͤſten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich<lb/>
Leib und Seele verſchmachten, ſo biſt du doch, Gott! allezeit<lb/>
meines Herzens Troſt und mein Theil. Jch werde im Glau-<lb/>
ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters ſehn.<lb/>
Meine Suͤnden werden mich draͤngen, aber du wirſt mich auf-<lb/>
nehmen. Es werden wol ſchreckliche Minuten kommen, wo<lb/>
der peinigende Schmerz des Koͤrpers das Gewiſſen wider mich<lb/>
aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Aa 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">daͤchtig</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[371[401]/0408]
Der 28te Junius.
Hilf, daß mirs auch da gelinge,
Wann (o! ſchweres Wort!) der Tod,
Als das ſchrecklichſte der Dinge,
Mir mit der Verweſung droht!
Gott! bei dieſer groſſen Handlung
Falle ja der Troſt mir bei:
Daß mein Tod nur die Verwandlung,
Aber nicht mein Ende ſey!
Wann denn nun die fuͤrchterliche Todesſtunde herannahet,
wo du, Herr! mich von den Lebendigen abſonderſt, und
ſo alte Freunde, wie Leib und Seele ſind, von einander trenneſt;
wann du nun meinen Glauben und meine Tugenden ſichteſt, und
ich mit Furcht und Hofnung ringe: dann, ach! dann gib mir
deinen Frieden, o Jeſu! Still den Tumult in meinen Adern,
und die dich verkleinernden Zweifel an Gottes Barmherzigkeit!
Laß mich in der Wage nicht zu leicht befunden werden, ſondern
lege dein Verdienſt zu meinen leichten und fluͤchtigen Tugenden!
Erhoͤr meine Bitte um ein ſeliges Ende, oder ich bin
verloren.
Ja du wirſt auch meine gebrochne Seufzer erhoͤren, und
mich troͤſten mit deiner Mitlersliebe. Denn, wenn mir gleich
Leib und Seele verſchmachten, ſo biſt du doch, Gott! allezeit
meines Herzens Troſt und mein Theil. Jch werde im Glau-
ben den Himmel offen, und dich zur Rechten des Vaters ſehn.
Meine Suͤnden werden mich draͤngen, aber du wirſt mich auf-
nehmen. Es werden wol ſchreckliche Minuten kommen, wo
der peinigende Schmerz des Koͤrpers das Gewiſſen wider mich
aufhetzt, und mir die Gnade Gottes und meinen Glauben ver-
daͤchtig
Aa 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Li Xang: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription.
(2023-05-24T12:24:22Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Tiede, Johann Friedrich: Unterhaltungen mit Gott in den Abendstunden. Halle, 1775, S. 371[401]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tiede_unterhaltungen01_1775/408>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.