Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Weise durch Weisheit erhärtet, was der
Held durch Aufopferung bewährt, ja, ich
bin kühn genug, es auszusprechen, was der
Märtyrer durch seinen Tod besiegelt, das
kann der große Mahler durch seinen Pinsel
auswirken und bekräftigen. Es ist der
himmlische Strahl, der diesen Geistern nicht
die müssige Ruhe erlaubt, sondern sie zu ei¬
ner glänzenden Thätigkeit weckt. Und da¬
her sind es wohl die schönsten, die erhaben¬
sten Stunden, die ein Meister vor seinem
Werke zubringt; er legt bildlich die Liebe
hinein, mit der er die ganze Welt an sein
Herz drücken möchte, die Urschönheit, das
erhabne Bild der Hoheit, vor dem er nie¬
derkniet; alles dies trifft der verwandte
Geist in den lieblichen Zeichen wieder, die dem
Barbaren unverständlich sind, er wird bei die¬
sen Winken entzückt, er fühlt seinen Geist in
seiner Brust emporsteigen, er gedenkt alles

Weiſe durch Weisheit erhärtet, was der
Held durch Aufopferung bewährt, ja, ich
bin kühn genug, es auszuſprechen, was der
Märtyrer durch ſeinen Tod beſiegelt, das
kann der große Mahler durch ſeinen Pinſel
auswirken und bekräftigen. Es iſt der
himmliſche Strahl, der dieſen Geiſtern nicht
die müſſige Ruhe erlaubt, ſondern ſie zu ei¬
ner glänzenden Thätigkeit weckt. Und da¬
her ſind es wohl die ſchönſten, die erhaben¬
ſten Stunden, die ein Meiſter vor ſeinem
Werke zubringt; er legt bildlich die Liebe
hinein, mit der er die ganze Welt an ſein
Herz drücken möchte, die Urſchönheit, das
erhabne Bild der Hoheit, vor dem er nie¬
derkniet; alles dies trifft der verwandte
Geiſt in den lieblichen Zeichen wieder, die dem
Barbaren unverſtändlich ſind, er wird bei die¬
ſen Winken entzückt, er fühlt ſeinen Geiſt in
ſeiner Bruſt emporſteigen, er gedenkt alles

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0357" n="346"/>
Wei&#x017F;e durch Weisheit erhärtet, was der<lb/>
Held durch Aufopferung bewährt, ja, ich<lb/>
bin kühn genug, es auszu&#x017F;prechen, was der<lb/>
Märtyrer durch &#x017F;einen Tod be&#x017F;iegelt, das<lb/>
kann der große Mahler durch &#x017F;einen Pin&#x017F;el<lb/>
auswirken und bekräftigen. Es i&#x017F;t der<lb/>
himmli&#x017F;che Strahl, der die&#x017F;en Gei&#x017F;tern nicht<lb/>
die mü&#x017F;&#x017F;ige Ruhe erlaubt, &#x017F;ondern &#x017F;ie zu ei¬<lb/>
ner glänzenden Thätigkeit weckt. Und da¬<lb/>
her &#x017F;ind es wohl die &#x017F;chön&#x017F;ten, die erhaben¬<lb/>
&#x017F;ten Stunden, die ein Mei&#x017F;ter vor &#x017F;einem<lb/>
Werke zubringt; er legt bildlich die Liebe<lb/>
hinein, mit der er die ganze Welt an &#x017F;ein<lb/>
Herz drücken möchte, die Ur&#x017F;chönheit, das<lb/>
erhabne Bild der Hoheit, vor dem er nie¬<lb/>
derkniet; alles dies trifft der verwandte<lb/>
Gei&#x017F;t in den lieblichen Zeichen wieder, die dem<lb/>
Barbaren unver&#x017F;tändlich &#x017F;ind, er wird bei die¬<lb/>
&#x017F;en Winken entzückt, er fühlt &#x017F;einen Gei&#x017F;t in<lb/>
&#x017F;einer Bru&#x017F;t empor&#x017F;teigen, er gedenkt alles<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0357] Weiſe durch Weisheit erhärtet, was der Held durch Aufopferung bewährt, ja, ich bin kühn genug, es auszuſprechen, was der Märtyrer durch ſeinen Tod beſiegelt, das kann der große Mahler durch ſeinen Pinſel auswirken und bekräftigen. Es iſt der himmliſche Strahl, der dieſen Geiſtern nicht die müſſige Ruhe erlaubt, ſondern ſie zu ei¬ ner glänzenden Thätigkeit weckt. Und da¬ her ſind es wohl die ſchönſten, die erhaben¬ ſten Stunden, die ein Meiſter vor ſeinem Werke zubringt; er legt bildlich die Liebe hinein, mit der er die ganze Welt an ſein Herz drücken möchte, die Urſchönheit, das erhabne Bild der Hoheit, vor dem er nie¬ derkniet; alles dies trifft der verwandte Geiſt in den lieblichen Zeichen wieder, die dem Barbaren unverſtändlich ſind, er wird bei die¬ ſen Winken entzückt, er fühlt ſeinen Geiſt in ſeiner Bruſt emporſteigen, er gedenkt alles

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/357
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/357>, abgerufen am 22.11.2024.