Bald hört man Wundersagen Im ganzen Land umgehn, Daß, wer es wolle wagen Der Venus Berg zu sehn,
Der werde dorten schauen Des treuen Eckart Geist, Der jedem mit Vertrauen Zurück vom Felsen weist.
Wo er nach seinem Sterben Noch Schutz und Wache hält. Es preisen alle Erben Eckart den treuen Held.
Zweiter Abschnitt.
Es waren mehr als vier Jahrhunderte seit dem Tode des getreuen Eckart verflossen, als am Hofe ein edler Tannenhäuser als kaiserlicher Rath im großen Ansehen stand. Der Sohn dieses Ritters übertraf an Schönheit alle übrigen Edlen des Lan- des, weswegen er auch von jedermann geliebt und hochgeschätzt wurde. Plötzlich aber verschwand er, nachdem sich einige wunderbare Dinge mit ihm zugetragen hatten, und kein Mensch wußte zu sagen, wohin er gekommen sey. Seit der Zeit des getreuen Eckart gab es vom Venusberge eine Sage im Lande, und manche sprachen, daß er dorthin gewandert und also auf ewig verloren sey.
Einer von seinen Freunden, Friedrich von Wolfsburg, härmte sich von allen am meisten um
Erſte Abtheilung.
Bald hoͤrt man Wunderſagen Im ganzen Land umgehn, Daß, wer es wolle wagen Der Venus Berg zu ſehn,
Der werde dorten ſchauen Des treuen Eckart Geiſt, Der jedem mit Vertrauen Zuruͤck vom Felſen weiſt.
Wo er nach ſeinem Sterben Noch Schutz und Wache haͤlt. Es preiſen alle Erben Eckart den treuen Held.
Zweiter Abſchnitt.
Es waren mehr als vier Jahrhunderte ſeit dem Tode des getreuen Eckart verfloſſen, als am Hofe ein edler Tannenhaͤuſer als kaiſerlicher Rath im großen Anſehen ſtand. Der Sohn dieſes Ritters uͤbertraf an Schoͤnheit alle uͤbrigen Edlen des Lan- des, weswegen er auch von jedermann geliebt und hochgeſchaͤtzt wurde. Ploͤtzlich aber verſchwand er, nachdem ſich einige wunderbare Dinge mit ihm zugetragen hatten, und kein Menſch wußte zu ſagen, wohin er gekommen ſey. Seit der Zeit des getreuen Eckart gab es vom Venusberge eine Sage im Lande, und manche ſprachen, daß er dorthin gewandert und alſo auf ewig verloren ſey.
Einer von ſeinen Freunden, Friedrich von Wolfsburg, haͤrmte ſich von allen am meiſten um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><lgtype="poem"><pbfacs="#f0233"n="222"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Erſte Abtheilung</hi>.</fw><lb/><lgn="31"><l>Bald hoͤrt man Wunderſagen</l><lb/><l>Im ganzen Land umgehn,</l><lb/><l>Daß, wer es wolle wagen</l><lb/><l>Der Venus Berg zu ſehn,</l></lg><lb/><lgn="32"><l>Der werde dorten ſchauen</l><lb/><l>Des treuen Eckart Geiſt,</l><lb/><l>Der jedem mit Vertrauen</l><lb/><l>Zuruͤck vom Felſen weiſt.</l></lg><lb/><lgn="33"><l>Wo er nach ſeinem Sterben</l><lb/><l>Noch Schutz und Wache haͤlt.</l><lb/><l>Es preiſen alle Erben</l><lb/><l>Eckart den treuen Held.</l></lg></lg></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#g">Zweiter Abſchnitt</hi>.</head><lb/><p><hirendition="#in">E</hi>s waren mehr als vier Jahrhunderte ſeit dem<lb/>
Tode des getreuen Eckart verfloſſen, als am Hofe<lb/>
ein edler Tannenhaͤuſer als kaiſerlicher Rath im<lb/>
großen Anſehen ſtand. Der Sohn dieſes Ritters<lb/>
uͤbertraf an Schoͤnheit alle uͤbrigen Edlen des Lan-<lb/>
des, weswegen er auch von jedermann geliebt und<lb/>
hochgeſchaͤtzt wurde. Ploͤtzlich aber verſchwand er,<lb/>
nachdem ſich einige wunderbare Dinge mit ihm<lb/>
zugetragen hatten, und kein Menſch wußte zu<lb/>ſagen, wohin er gekommen ſey. Seit der Zeit des<lb/>
getreuen Eckart gab es vom Venusberge eine Sage<lb/>
im Lande, und manche ſprachen, daß er dorthin<lb/>
gewandert und alſo auf ewig verloren ſey.</p><lb/><p>Einer von ſeinen Freunden, Friedrich von<lb/>
Wolfsburg, haͤrmte ſich von allen am meiſten um<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[222/0233]
Erſte Abtheilung.
Bald hoͤrt man Wunderſagen
Im ganzen Land umgehn,
Daß, wer es wolle wagen
Der Venus Berg zu ſehn,
Der werde dorten ſchauen
Des treuen Eckart Geiſt,
Der jedem mit Vertrauen
Zuruͤck vom Felſen weiſt.
Wo er nach ſeinem Sterben
Noch Schutz und Wache haͤlt.
Es preiſen alle Erben
Eckart den treuen Held.
Zweiter Abſchnitt.
Es waren mehr als vier Jahrhunderte ſeit dem
Tode des getreuen Eckart verfloſſen, als am Hofe
ein edler Tannenhaͤuſer als kaiſerlicher Rath im
großen Anſehen ſtand. Der Sohn dieſes Ritters
uͤbertraf an Schoͤnheit alle uͤbrigen Edlen des Lan-
des, weswegen er auch von jedermann geliebt und
hochgeſchaͤtzt wurde. Ploͤtzlich aber verſchwand er,
nachdem ſich einige wunderbare Dinge mit ihm
zugetragen hatten, und kein Menſch wußte zu
ſagen, wohin er gekommen ſey. Seit der Zeit des
getreuen Eckart gab es vom Venusberge eine Sage
im Lande, und manche ſprachen, daß er dorthin
gewandert und alſo auf ewig verloren ſey.
Einer von ſeinen Freunden, Friedrich von
Wolfsburg, haͤrmte ſich von allen am meiſten um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus01_1812/233>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.