Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich könnte viele lächerliche Erfahrungen, die
ich hierüber gemacht habe, niederschreiben,
wenn es nicht zu weitläuftig wäre.

Rosa.

Schon früh suchte ich einen Schildknappen
zu bekommen, der mir immer meine Waffen
nachtrüge, damit ich es um so bequemer hätte.
Jedermann wird, wenn er sich einige Mühe
giebt, einen Menschen antreffen, der es über
sich nimmt, auf die Worte seines Meisters zu
schwören, ihm jeden Gedanken auf seine eigene
Weise nachzudenken, diese dann wie Scheide-
münze auszugeben, und so den Ruf seines
Herrn mit seinem eigenen zugleich zu verherrli-
chen. Man trift allenthalben Menschen, die
nichts so gern thun, als sich an einen andern
hängen, den sie für klüger halten. -- Einen
solchen Schüler suchte ich mir aus, der zugleich
für andre Absichten tauglich wäre. Ich fand
bald einen jungen Menschen, der bey seinen
armen Eltern in einer sehr drückenden Lage
lebte; er schien nicht ohne Kopf, er konnte
schnell etwas auffassen, dachte aber nie weiter,

Lovell. 3r. Bd. F f

Ich koͤnnte viele laͤcherliche Erfahrungen, die
ich hieruͤber gemacht habe, niederſchreiben,
wenn es nicht zu weitlaͤuftig waͤre.

Roſa.

Schon fruͤh ſuchte ich einen Schildknappen
zu bekommen, der mir immer meine Waffen
nachtruͤge, damit ich es um ſo bequemer haͤtte.
Jedermann wird, wenn er ſich einige Muͤhe
giebt, einen Menſchen antreffen, der es uͤber
ſich nimmt, auf die Worte ſeines Meiſters zu
ſchwoͤren, ihm jeden Gedanken auf ſeine eigene
Weiſe nachzudenken, dieſe dann wie Scheide-
muͤnze auszugeben, und ſo den Ruf ſeines
Herrn mit ſeinem eigenen zugleich zu verherrli-
chen. Man trift allenthalben Menſchen, die
nichts ſo gern thun, als ſich an einen andern
haͤngen, den ſie fuͤr kluͤger halten. — Einen
ſolchen Schuͤler ſuchte ich mir aus, der zugleich
fuͤr andre Abſichten tauglich waͤre. Ich fand
bald einen jungen Menſchen, der bey ſeinen
armen Eltern in einer ſehr druͤckenden Lage
lebte; er ſchien nicht ohne Kopf, er konnte
ſchnell etwas auffaſſen, dachte aber nie weiter,

Lovell. 3r. Bd. F f
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0456" n="449"/>
Ich ko&#x0364;nnte viele la&#x0364;cherliche Erfahrungen, die<lb/>
ich hieru&#x0364;ber gemacht habe, nieder&#x017F;chreiben,<lb/>
wenn es nicht zu weitla&#x0364;uftig wa&#x0364;re.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Ro&#x017F;a</hi>.</head><lb/>
            <p>Schon fru&#x0364;h &#x017F;uchte ich einen Schildknappen<lb/>
zu bekommen, der mir immer meine Waffen<lb/>
nachtru&#x0364;ge, damit ich es um &#x017F;o bequemer ha&#x0364;tte.<lb/>
Jedermann wird, wenn er &#x017F;ich einige Mu&#x0364;he<lb/>
giebt, einen Men&#x017F;chen antreffen, der es u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;ich nimmt, auf die Worte &#x017F;eines Mei&#x017F;ters zu<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;ren, ihm jeden Gedanken auf &#x017F;eine eigene<lb/>
Wei&#x017F;e nachzudenken, die&#x017F;e dann wie Scheide-<lb/>
mu&#x0364;nze auszugeben, und &#x017F;o den Ruf &#x017F;eines<lb/>
Herrn mit &#x017F;einem eigenen zugleich zu verherrli-<lb/>
chen. Man trift allenthalben Men&#x017F;chen, die<lb/>
nichts &#x017F;o gern thun, als &#x017F;ich an einen andern<lb/>
ha&#x0364;ngen, den &#x017F;ie fu&#x0364;r klu&#x0364;ger halten. &#x2014; Einen<lb/>
&#x017F;olchen Schu&#x0364;ler &#x017F;uchte ich mir aus, der zugleich<lb/>
fu&#x0364;r andre Ab&#x017F;ichten tauglich wa&#x0364;re. Ich fand<lb/>
bald einen jungen Men&#x017F;chen, der bey &#x017F;einen<lb/>
armen Eltern in einer &#x017F;ehr dru&#x0364;ckenden Lage<lb/>
lebte; er &#x017F;chien nicht ohne Kopf, er konnte<lb/>
&#x017F;chnell etwas auffa&#x017F;&#x017F;en, dachte aber nie weiter,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Lovell. 3r. Bd. F f</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[449/0456] Ich koͤnnte viele laͤcherliche Erfahrungen, die ich hieruͤber gemacht habe, niederſchreiben, wenn es nicht zu weitlaͤuftig waͤre. Roſa. Schon fruͤh ſuchte ich einen Schildknappen zu bekommen, der mir immer meine Waffen nachtruͤge, damit ich es um ſo bequemer haͤtte. Jedermann wird, wenn er ſich einige Muͤhe giebt, einen Menſchen antreffen, der es uͤber ſich nimmt, auf die Worte ſeines Meiſters zu ſchwoͤren, ihm jeden Gedanken auf ſeine eigene Weiſe nachzudenken, dieſe dann wie Scheide- muͤnze auszugeben, und ſo den Ruf ſeines Herrn mit ſeinem eigenen zugleich zu verherrli- chen. Man trift allenthalben Menſchen, die nichts ſo gern thun, als ſich an einen andern haͤngen, den ſie fuͤr kluͤger halten. — Einen ſolchen Schuͤler ſuchte ich mir aus, der zugleich fuͤr andre Abſichten tauglich waͤre. Ich fand bald einen jungen Menſchen, der bey ſeinen armen Eltern in einer ſehr druͤckenden Lage lebte; er ſchien nicht ohne Kopf, er konnte ſchnell etwas auffaſſen, dachte aber nie weiter, Lovell. 3r. Bd. F f

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/456
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/456>, abgerufen am 30.12.2024.