Ich bin auf Ihre Antwort begierig, da Ihr Herz mit dem meinigen immer so sympathisirt hat. -- Ach, liebe Freundinn, ich kann Ihnen nicht alles so sagen, wie ich es gerne möchte, ich spare dies Vertrauen noch für eine andre Zeit auf.
Welch ein Mensch ist jener Unbekannte, von dem ich Ihnen neulich schrieb! -- Er ist ganz über das kleinliche Leben hinüber, in dem sich die gewöhnlichen Menschen so ängstlich abarbei- ten. Sein Geist ist durch und durch geläutert und gereinigt und er gehört nicht mehr der Er- de an. Ich kann es nicht unterlassen, ihn zu bewundern, so oft ich ihn sehe oder spreche, er hat eine andre als die gewöhnliche Menschen- sprache. -- Wenn ich an ihn denke, geht im- mer eine innige Rührung durch meine Brust, ich möchte fast beständig in seiner Gesellschaft seyn, sein tiefes Urtheil über das und über je-
9. Emilie Burton an ihre Freundinn Amalie.
Bonſtreet.
Ich bin auf Ihre Antwort begierig, da Ihr Herz mit dem meinigen immer ſo ſympathiſirt hat. — Ach, liebe Freundinn, ich kann Ihnen nicht alles ſo ſagen, wie ich es gerne moͤchte, ich ſpare dies Vertrauen noch fuͤr eine andre Zeit auf.
Welch ein Menſch iſt jener Unbekannte, von dem ich Ihnen neulich ſchrieb! — Er iſt ganz uͤber das kleinliche Leben hinuͤber, in dem ſich die gewoͤhnlichen Menſchen ſo aͤngſtlich abarbei- ten. Sein Geiſt iſt durch und durch gelaͤutert und gereinigt und er gehoͤrt nicht mehr der Er- de an. Ich kann es nicht unterlaſſen, ihn zu bewundern, ſo oft ich ihn ſehe oder ſpreche, er hat eine andre als die gewoͤhnliche Menſchen- ſprache. — Wenn ich an ihn denke, geht im- mer eine innige Ruͤhrung durch meine Bruſt, ich moͤchte faſt beſtaͤndig in ſeiner Geſellſchaft ſeyn, ſein tiefes Urtheil uͤber das und uͤber je-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0045"n="38"/><divn="2"><head>9.<lb/><hirendition="#g">Emilie Burton</hi> an ihre Freundinn<lb/><hirendition="#g">Amalie</hi>.</head><lb/><dateline><hirendition="#et"><hirendition="#g">Bonſtreet</hi>.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>ch bin auf Ihre Antwort begierig, da Ihr<lb/>
Herz mit dem meinigen immer ſo ſympathiſirt<lb/>
hat. — Ach, liebe Freundinn, ich kann Ihnen<lb/>
nicht alles ſo ſagen, wie ich es gerne moͤchte,<lb/>
ich ſpare dies Vertrauen noch fuͤr eine andre<lb/>
Zeit auf.</p><lb/><p>Welch ein Menſch iſt jener Unbekannte, von<lb/>
dem ich Ihnen neulich ſchrieb! — Er iſt ganz<lb/>
uͤber das kleinliche Leben hinuͤber, in dem ſich<lb/>
die gewoͤhnlichen Menſchen ſo aͤngſtlich abarbei-<lb/>
ten. Sein Geiſt iſt durch und durch gelaͤutert<lb/>
und gereinigt und er gehoͤrt nicht mehr der Er-<lb/>
de an. Ich kann es nicht unterlaſſen, ihn zu<lb/>
bewundern, ſo oft ich ihn ſehe oder ſpreche, er<lb/>
hat eine andre als die gewoͤhnliche Menſchen-<lb/>ſprache. — Wenn ich an ihn denke, geht im-<lb/>
mer eine innige Ruͤhrung durch meine Bruſt,<lb/>
ich moͤchte faſt beſtaͤndig in ſeiner Geſellſchaft<lb/>ſeyn, ſein tiefes Urtheil uͤber das und uͤber je-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[38/0045]
9.
Emilie Burton an ihre Freundinn
Amalie.
Bonſtreet.
Ich bin auf Ihre Antwort begierig, da Ihr
Herz mit dem meinigen immer ſo ſympathiſirt
hat. — Ach, liebe Freundinn, ich kann Ihnen
nicht alles ſo ſagen, wie ich es gerne moͤchte,
ich ſpare dies Vertrauen noch fuͤr eine andre
Zeit auf.
Welch ein Menſch iſt jener Unbekannte, von
dem ich Ihnen neulich ſchrieb! — Er iſt ganz
uͤber das kleinliche Leben hinuͤber, in dem ſich
die gewoͤhnlichen Menſchen ſo aͤngſtlich abarbei-
ten. Sein Geiſt iſt durch und durch gelaͤutert
und gereinigt und er gehoͤrt nicht mehr der Er-
de an. Ich kann es nicht unterlaſſen, ihn zu
bewundern, ſo oft ich ihn ſehe oder ſpreche, er
hat eine andre als die gewoͤhnliche Menſchen-
ſprache. — Wenn ich an ihn denke, geht im-
mer eine innige Ruͤhrung durch meine Bruſt,
ich moͤchte faſt beſtaͤndig in ſeiner Geſellſchaft
ſeyn, ſein tiefes Urtheil uͤber das und uͤber je-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/45>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.