Ich habe seit lange, theurer Freund, keine Nachrichten von Ihnen erhalten, und ich gera- the fast in die Besorgniß, daß Sie ebenfalls krank sind. Mit Ihrem Vater hat es sich wahr- scheinlich nicht gebessert, denn sonst würden Sie mir wohl einige Nachricht davon gegeben ha- ben.
Ich fühle mich in der Einförmigkeit des Landlebens noch immer sehr glücklich; es schei- nen mir lauter Mißverständnisse zu seyn, wenn die Menschen so ämsig nach ihrem Glücke su- chen, selten denkt man sich bey dem Worte Glück etwas deutliches, und die Wandrer gehn nun oft auf wunderbaren Wegen um das Ziel herum. Amalia ist eben so froh und gesund, als ich bin, und ich möchte sagen, daß sie mit jedem Tage heiterer wird.
Ich habe mich jetzt daran gewöhnt, eine eigene Haushaltung zu führen, und ich und meine Frau haben uns noch nie gestritten, ein
39. Mortimer an Eduard Burton.
Roger—place.
Ich habe ſeit lange, theurer Freund, keine Nachrichten von Ihnen erhalten, und ich gera- the faſt in die Beſorgniß, daß Sie ebenfalls krank ſind. Mit Ihrem Vater hat es ſich wahr- ſcheinlich nicht gebeſſert, denn ſonſt wuͤrden Sie mir wohl einige Nachricht davon gegeben ha- ben.
Ich fuͤhle mich in der Einfoͤrmigkeit des Landlebens noch immer ſehr gluͤcklich; es ſchei- nen mir lauter Mißverſtaͤndniſſe zu ſeyn, wenn die Menſchen ſo aͤmſig nach ihrem Gluͤcke ſu- chen, ſelten denkt man ſich bey dem Worte Gluͤck etwas deutliches, und die Wandrer gehn nun oft auf wunderbaren Wegen um das Ziel herum. Amalia iſt eben ſo froh und geſund, als ich bin, und ich moͤchte ſagen, daß ſie mit jedem Tage heiterer wird.
Ich habe mich jetzt daran gewoͤhnt, eine eigene Haushaltung zu fuͤhren, und ich und meine Frau haben uns noch nie geſtritten, ein
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0371"n="365"/><divn="2"><head>39.<lb/><hirendition="#g">Mortimer</hi> an <hirendition="#g">Eduard Burton</hi>.</head><lb/><dateline><placeName><hirendition="#right"><hirendition="#g">Roger—place</hi>.</hi></placeName></dateline><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>ch habe ſeit lange, theurer Freund, keine<lb/>
Nachrichten von Ihnen erhalten, und ich gera-<lb/>
the faſt in die Beſorgniß, daß Sie ebenfalls<lb/>
krank ſind. Mit Ihrem Vater hat es ſich wahr-<lb/>ſcheinlich nicht gebeſſert, denn ſonſt wuͤrden Sie<lb/>
mir wohl einige Nachricht davon gegeben ha-<lb/>
ben.</p><lb/><p>Ich fuͤhle mich in der Einfoͤrmigkeit des<lb/>
Landlebens noch immer ſehr gluͤcklich; es ſchei-<lb/>
nen mir lauter Mißverſtaͤndniſſe zu ſeyn, wenn<lb/>
die Menſchen ſo aͤmſig nach ihrem Gluͤcke ſu-<lb/>
chen, ſelten denkt man ſich bey dem Worte<lb/>
Gluͤck etwas deutliches, und die Wandrer gehn<lb/>
nun oft auf wunderbaren Wegen um das Ziel<lb/>
herum. Amalia iſt eben ſo froh und geſund,<lb/>
als ich bin, und ich moͤchte ſagen, daß ſie mit<lb/>
jedem Tage heiterer wird.</p><lb/><p>Ich habe mich jetzt daran gewoͤhnt, eine<lb/><choice><sic>eigeue</sic><corr>eigene</corr></choice> Haushaltung zu fuͤhren, und ich und<lb/>
meine Frau haben uns noch nie geſtritten, ein<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[365/0371]
39.
Mortimer an Eduard Burton.
Roger—place.
Ich habe ſeit lange, theurer Freund, keine
Nachrichten von Ihnen erhalten, und ich gera-
the faſt in die Beſorgniß, daß Sie ebenfalls
krank ſind. Mit Ihrem Vater hat es ſich wahr-
ſcheinlich nicht gebeſſert, denn ſonſt wuͤrden Sie
mir wohl einige Nachricht davon gegeben ha-
ben.
Ich fuͤhle mich in der Einfoͤrmigkeit des
Landlebens noch immer ſehr gluͤcklich; es ſchei-
nen mir lauter Mißverſtaͤndniſſe zu ſeyn, wenn
die Menſchen ſo aͤmſig nach ihrem Gluͤcke ſu-
chen, ſelten denkt man ſich bey dem Worte
Gluͤck etwas deutliches, und die Wandrer gehn
nun oft auf wunderbaren Wegen um das Ziel
herum. Amalia iſt eben ſo froh und geſund,
als ich bin, und ich moͤchte ſagen, daß ſie mit
jedem Tage heiterer wird.
Ich habe mich jetzt daran gewoͤhnt, eine
eigene Haushaltung zu fuͤhren, und ich und
meine Frau haben uns noch nie geſtritten, ein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/371>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.