Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.38. William Lovell an Rosa. Rom. Endlich, Freund, bin ich beruhigt, ich habe 38. William Lovell an Roſa. Rom. Endlich, Freund, bin ich beruhigt, ich habe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb n="364" facs="#f0370"/> <div n="2"> <head>38.<lb/><hi rendition="#g">William Lovell</hi> an <hi rendition="#g">Roſa</hi>.</head><lb/> <dateline> <placeName> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Rom</hi>.</hi> </placeName> </dateline><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>ndlich, Freund, bin ich beruhigt, ich habe<lb/> die hoͤchſten Spannungen der Phantaſie uͤber-<lb/> ſtanden und ein gewoͤhnlicheres Leben nimmt<lb/> ſeinen Anfang. Andrea hat mich endlich von<lb/> ſeiner Lehre uͤberzeugt und ich fuͤhle mich inner-<lb/> lich beruhigt, ich bin an eine ſtille ruhige In-<lb/> ſel nach einem wilden Sturme verſchlagen. Fol-<lb/> gen Sie meinem Beyſpiele, Roſa, und werfen<lb/> Sie ſich einer Ueberzeugung in die Arme, um<lb/> beruhigt zu werden. Ueberzeugungen muß der<lb/> Menſch haben, um ſein Daſeyn ertragen zu<lb/> koͤnnen, um nicht vor ſich ſelbſt und dem Ab-<lb/> grunde den er in ſeinem Innern entdeckt zuruͤck-<lb/> zuſchaudern. Ich mag dieſe Nothwendigkeit<lb/> keine Schwaͤche nennen, denn durch Glaube<lb/> und Ueberzeugung fuͤhlt ſich der Menſch ſtark;<lb/> ſeine Zweifel waren nur ziehende Wogen die<lb/> ihn an das feſte Geſtade trugen.</p> </div><lb/> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </body> </text> </TEI> [364/0370]
38.
William Lovell an Roſa.
Rom.
Endlich, Freund, bin ich beruhigt, ich habe
die hoͤchſten Spannungen der Phantaſie uͤber-
ſtanden und ein gewoͤhnlicheres Leben nimmt
ſeinen Anfang. Andrea hat mich endlich von
ſeiner Lehre uͤberzeugt und ich fuͤhle mich inner-
lich beruhigt, ich bin an eine ſtille ruhige In-
ſel nach einem wilden Sturme verſchlagen. Fol-
gen Sie meinem Beyſpiele, Roſa, und werfen
Sie ſich einer Ueberzeugung in die Arme, um
beruhigt zu werden. Ueberzeugungen muß der
Menſch haben, um ſein Daſeyn ertragen zu
koͤnnen, um nicht vor ſich ſelbſt und dem Ab-
grunde den er in ſeinem Innern entdeckt zuruͤck-
zuſchaudern. Ich mag dieſe Nothwendigkeit
keine Schwaͤche nennen, denn durch Glaube
und Ueberzeugung fuͤhlt ſich der Menſch ſtark;
ſeine Zweifel waren nur ziehende Wogen die
ihn an das feſte Geſtade trugen.
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Zitationshilfe: | Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/370>, abgerufen am 03.03.2025. |