Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
35.
Thomas an seinen Bruder Willy.


Deine Briefe, lieber Willy, sind mir jetzt
immer gar zu fromm. Es ist freylich wohl
wahr, daß man sich in Deinem Alter von dem
Irrdischen etwas abziehen kann, und man thut
ganz recht und wohl daran, aber alles Ding,
Willy, hat auch sein Maaß und Ziel. Wir
sind in der Welt, um zu arbeiten, und etwas
zu thun und dazu möchte man alle Kourage
verliehren, wenn man immer nur an die Ver-
gänglichkeit der Dinge denken wollte, darum
bilde ich mir manchmal ein, daß manches, was
ich thue und verfertige, ewig dauern würde,
und mir ist ganz wohl dabey zu Muthe.

Was du mir von Deinem Garten schreibst,
will ich gar gern glauben, weil Du und der
Gärtner vielleicht nicht mit dem Dinge umzu-
gehen wissen. Auch gehören zu solchem Werke
viele Arbeiter und Gartenknechte, wie du wohl
auch hier an meinem Garten in Bonstreet wirst
gesehn haben; die Natur hängt einmal nach

35.
Thomas an ſeinen Bruder Willy.


Deine Briefe, lieber Willy, ſind mir jetzt
immer gar zu fromm. Es iſt freylich wohl
wahr, daß man ſich in Deinem Alter von dem
Irrdiſchen etwas abziehen kann, und man thut
ganz recht und wohl daran, aber alles Ding,
Willy, hat auch ſein Maaß und Ziel. Wir
ſind in der Welt, um zu arbeiten, und etwas
zu thun und dazu moͤchte man alle Kourage
verliehren, wenn man immer nur an die Ver-
gaͤnglichkeit der Dinge denken wollte, darum
bilde ich mir manchmal ein, daß manches, was
ich thue und verfertige, ewig dauern wuͤrde,
und mir iſt ganz wohl dabey zu Muthe.

Was du mir von Deinem Garten ſchreibſt,
will ich gar gern glauben, weil Du und der
Gaͤrtner vielleicht nicht mit dem Dinge umzu-
gehen wiſſen. Auch gehoͤren zu ſolchem Werke
viele Arbeiter und Gartenknechte, wie du wohl
auch hier an meinem Garten in Bonſtreet wirſt
geſehn haben; die Natur haͤngt einmal nach

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0365" n="359"/>
        <div n="2">
          <head>35.<lb/><hi rendition="#g">Thomas</hi> an &#x017F;einen Bruder <hi rendition="#g">Willy</hi>.</head><lb/>
          <dateline>
            <placeName> <hi rendition="#right"><hi rendition="#g">Bon&#x017F;treet</hi>.</hi> </placeName>
          </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>eine Briefe, lieber Willy, &#x017F;ind mir jetzt<lb/>
immer gar zu fromm. Es i&#x017F;t freylich wohl<lb/>
wahr, daß man &#x017F;ich in Deinem Alter von dem<lb/>
Irrdi&#x017F;chen etwas abziehen kann, und man thut<lb/>
ganz recht und wohl daran, aber alles Ding,<lb/>
Willy, hat auch &#x017F;ein Maaß und Ziel. Wir<lb/>
&#x017F;ind in der Welt, um zu arbeiten, und etwas<lb/>
zu thun und dazu mo&#x0364;chte man alle Kourage<lb/>
verliehren, wenn man immer nur an die Ver-<lb/>
ga&#x0364;nglichkeit der Dinge denken wollte, darum<lb/>
bilde ich mir manchmal ein, daß manches, was<lb/>
ich thue und verfertige, ewig dauern wu&#x0364;rde,<lb/>
und mir i&#x017F;t ganz wohl dabey zu Muthe.</p><lb/>
          <p>Was du mir von Deinem Garten &#x017F;chreib&#x017F;t,<lb/>
will ich gar gern glauben, weil Du und der<lb/>
Ga&#x0364;rtner vielleicht nicht mit dem Dinge umzu-<lb/>
gehen wi&#x017F;&#x017F;en. Auch geho&#x0364;ren zu &#x017F;olchem Werke<lb/>
viele Arbeiter und Gartenknechte, wie du wohl<lb/>
auch hier an meinem Garten in Bon&#x017F;treet wir&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;ehn haben; die Natur ha&#x0364;ngt einmal nach<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[359/0365] 35. Thomas an ſeinen Bruder Willy. Bonſtreet. Deine Briefe, lieber Willy, ſind mir jetzt immer gar zu fromm. Es iſt freylich wohl wahr, daß man ſich in Deinem Alter von dem Irrdiſchen etwas abziehen kann, und man thut ganz recht und wohl daran, aber alles Ding, Willy, hat auch ſein Maaß und Ziel. Wir ſind in der Welt, um zu arbeiten, und etwas zu thun und dazu moͤchte man alle Kourage verliehren, wenn man immer nur an die Ver- gaͤnglichkeit der Dinge denken wollte, darum bilde ich mir manchmal ein, daß manches, was ich thue und verfertige, ewig dauern wuͤrde, und mir iſt ganz wohl dabey zu Muthe. Was du mir von Deinem Garten ſchreibſt, will ich gar gern glauben, weil Du und der Gaͤrtner vielleicht nicht mit dem Dinge umzu- gehen wiſſen. Auch gehoͤren zu ſolchem Werke viele Arbeiter und Gartenknechte, wie du wohl auch hier an meinem Garten in Bonſtreet wirſt geſehn haben; die Natur haͤngt einmal nach

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/365
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 2. Berlin u. a., 1796, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell02_1796/365>, abgerufen am 21.11.2024.