Daß Sie noch auf Ihre alten Tage Krank- heiten auszustehn haben, hat mich wahrlich herzlich gejammert; doch freilich kommen sie dann am liebsten, denn dann hat der Mensch nicht mehr so viele Kräfte sich gesund zu ma- chen. Ich möchte Sie gar gerne trösten und Ih- nen noch viel lieber helfen; aber wenn Gott bei solchen Gelegenheiten nicht das Beste thut, so will die menschliche Hülfe wenig sagen. Es ist aber Schade, daß ein so guter christlicher Herr, wie Ihre Gnaden doch in dem vollsten Maaße sind, was auch Ihre Feinde nicht von Ihnen abläugnen können, so viel Unglück und Leiden in dieser Welt erdulden soll; wenn das nicht nachher, wenn das Leben hier ausgegangen ist, wieder gut gemacht wird, so ist das nicht ganz recht und billig. Ich wollte, ich könnte Ihnen nur etwas von meiner überflüssigen Gesundheit abgeben, denn ich bin hier immer, seit ich auf die Reisen gehe, ganz frisch und gesund, und das ist mein Herr William, Ihren Sohn
14. Willy an den Herrn Walter Lovell.
Paris.
Daß Sie noch auf Ihre alten Tage Krank- heiten auszuſtehn haben, hat mich wahrlich herzlich gejammert; doch freilich kommen ſie dann am liebſten, denn dann hat der Menſch nicht mehr ſo viele Kraͤfte ſich geſund zu ma- chen. Ich moͤchte Sie gar gerne troͤſten und Ih- nen noch viel lieber helfen; aber wenn Gott bei ſolchen Gelegenheiten nicht das Beſte thut, ſo will die menſchliche Huͤlfe wenig ſagen. Es iſt aber Schade, daß ein ſo guter chriſtlicher Herr, wie Ihre Gnaden doch in dem vollſten Maaße ſind, was auch Ihre Feinde nicht von Ihnen ablaͤugnen koͤnnen, ſo viel Ungluͤck und Leiden in dieſer Welt erdulden ſoll; wenn das nicht nachher, wenn das Leben hier ausgegangen iſt, wieder gut gemacht wird, ſo iſt das nicht ganz recht und billig. Ich wollte, ich koͤnnte Ihnen nur etwas von meiner uͤberfluͤſſigen Geſundheit abgeben, denn ich bin hier immer, ſeit ich auf die Reiſen gehe, ganz friſch und geſund, und das iſt mein Herr William, Ihren Sohn
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14.
Willy an den Herrn Walter Lovell.
Paris.
Daß Sie noch auf Ihre alten Tage Krank-
heiten auszuſtehn haben, hat mich wahrlich
herzlich gejammert; doch freilich kommen ſie
dann am liebſten, denn dann hat der Menſch
nicht mehr ſo viele Kraͤfte ſich geſund zu ma-
chen. Ich moͤchte Sie gar gerne troͤſten und Ih-
nen noch viel lieber helfen; aber wenn Gott bei
ſolchen Gelegenheiten nicht das Beſte thut, ſo
will die menſchliche Huͤlfe wenig ſagen. Es iſt
aber Schade, daß ein ſo guter chriſtlicher Herr,
wie Ihre Gnaden doch in dem vollſten Maaße
ſind, was auch Ihre Feinde nicht von Ihnen
ablaͤugnen koͤnnen, ſo viel Ungluͤck und Leiden
in dieſer Welt erdulden ſoll; wenn das nicht
nachher, wenn das Leben hier ausgegangen iſt,
wieder gut gemacht wird, ſo iſt das nicht ganz
recht und billig. Ich wollte, ich koͤnnte Ihnen
nur etwas von meiner uͤberfluͤſſigen Geſundheit
abgeben, denn ich bin hier immer, ſeit ich auf
die Reiſen gehe, ganz friſch und geſund, und
das iſt mein Herr William, Ihren Sohn
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 137[135]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/145>, abgerufen am 21.11.2024.
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