Ja Eduard, auch in meiner Seele haben sich nun schon so manche Träume entwickelt, wie ich einst glücklich, mit Dir glücklich leben will. -- Meine Tante Buttler ist also todt? -- Wenn ich einst in Waterhall wohnen werde, -- so nahe bei Dir, -- vielleicht an Amaliens Seite, im Schooße einer ländlichen Einsamkeit, -- ich verliere mich seit Deinem lieben Briefe so oft in diesen Traum und tausend Vorsätze und Ideen spinnen sich dann leise in meiner Seele aus. -- Mit einem kindischen Wohlbehagen verweil' ich oft bei meinen Planen und wün- sche die Zukunft schon herbei, um sie wirklich zu machen.
Es ängstigt mich, Eduard, mein Vater ist krank und hat mir einen sehr melancholischen Brief geschrieben, er liebt mich gewiß mit der innigsten Zärtlichkeit, aber ich kann nicht an Amalien denken, ohne mich mit Wehmuth mei- nes Vaters zu erinnern: so oft mir sein Bild
11. William Lovell an Eduard Burton.
Paris.
Ja Eduard, auch in meiner Seele haben ſich nun ſchon ſo manche Traͤume entwickelt, wie ich einſt gluͤcklich, mit Dir gluͤcklich leben will. — Meine Tante Buttler iſt alſo todt? — Wenn ich einſt in Waterhall wohnen werde, — ſo nahe bei Dir, — vielleicht an Amaliens Seite, im Schooße einer laͤndlichen Einſamkeit, — ich verliere mich ſeit Deinem lieben Briefe ſo oft in dieſen Traum und tauſend Vorſaͤtze und Ideen ſpinnen ſich dann leiſe in meiner Seele aus. — Mit einem kindiſchen Wohlbehagen verweil’ ich oft bei meinen Planen und wuͤn- ſche die Zukunft ſchon herbei, um ſie wirklich zu machen.
Es aͤngſtigt mich, Eduard, mein Vater iſt krank und hat mir einen ſehr melancholiſchen Brief geſchrieben, er liebt mich gewiß mit der innigſten Zaͤrtlichkeit, aber ich kann nicht an Amalien denken, ohne mich mit Wehmuth mei- nes Vaters zu erinnern: ſo oft mir ſein Bild
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[121[119]/0129]
11.
William Lovell an Eduard Burton.
Paris.
Ja Eduard, auch in meiner Seele haben ſich
nun ſchon ſo manche Traͤume entwickelt, wie ich
einſt gluͤcklich, mit Dir gluͤcklich leben will. —
Meine Tante Buttler iſt alſo todt? — Wenn
ich einſt in Waterhall wohnen werde, — ſo
nahe bei Dir, — vielleicht an Amaliens Seite,
im Schooße einer laͤndlichen Einſamkeit, — ich
verliere mich ſeit Deinem lieben Briefe ſo oft
in dieſen Traum und tauſend Vorſaͤtze und
Ideen ſpinnen ſich dann leiſe in meiner Seele
aus. — Mit einem kindiſchen Wohlbehagen
verweil’ ich oft bei meinen Planen und wuͤn-
ſche die Zukunft ſchon herbei, um ſie wirklich
zu machen.
Es aͤngſtigt mich, Eduard, mein Vater iſt
krank und hat mir einen ſehr melancholiſchen
Brief geſchrieben, er liebt mich gewiß mit der
innigſten Zaͤrtlichkeit, aber ich kann nicht an
Amalien denken, ohne mich mit Wehmuth mei-
nes Vaters zu erinnern: ſo oft mir ſein Bild
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 121[119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/129>, abgerufen am 21.11.2024.
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