Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

Stadt die Kultur eines andern Gewächses eine noch hö-
here Landrente gewährt, als die Forstwirthschaft gibt; und
wir wenden uns in dieser Beziehung zu der Betrachtung
des Anbaues der Kartoffel.

Preis der Kartoffeln in der Stadt.

Zwischen Kartoffeln und Rocken findet ein gemein-
schaftliches Maaß, nämlich das ihrer Nahrungsfähigkeit
statt, und wenn -- was hier vorausgesetzt wird -- keine
besondere Vorliebe für die eine oder andere Frucht statt
hat: so wird der Preis beider genau in dem Verhältniß
ihrer Nahrungsfähigkeit stehen.

Nun stimmen die chemischen Analysen und die Er-
fahrungen beim Branntweinbrennen fast alle darin über-
ein, daß drei gehäufte Scheffel Kartoffeln im Mehlgehalt
sowohl als im Ertrage an Branntwein einem Scheffel
Rocken gleich sind; und wir nehmen hiernach den Preis
eines Scheffels Kartoffeln in der Stadt selbst zu 1/3 des
Rockenpreises, also zu 1/2 Thlr. pr. Schfl. an.

Bei den nachfolgenden Berechnungen über den Er-
trag der Kartoffeln und den mit dem Bau derselben ver-
bundenen Kosten liegen die in §. 17. mitgetheilten Un-
tersuchungen über die belgische Wirthschaft zum Grunde.

Wir haben dort angenommen, daß bei gleichem Reich-
thum des Bodens, auf derselben Fläche wo 1 Schfl. Ro-
cken wächst, 9 Schfl. Kartoffeln wachsen, und wir haben
dort gefunden, daß die Erzeugung von 5,7 Schfl. Kar-
toffeln nicht mehr Arbeit kostet, als die von 1 Schfl.
Rocken.

Eine Frucht, die im Verhältniß zum Rocken von
derselben Fläche das Dreifache an Nahrungsstoff liefert,
und die die Arbeit des Menschen mit dem doppelten
Quantum an Nahrungsstoff belohnt, ist in der That so
merkwürdig, und ihre allgemeine Verbreitung ist so sehr

Stadt die Kultur eines andern Gewaͤchſes eine noch hoͤ-
here Landrente gewaͤhrt, als die Forſtwirthſchaft gibt; und
wir wenden uns in dieſer Beziehung zu der Betrachtung
des Anbaues der Kartoffel.

Preis der Kartoffeln in der Stadt.

Zwiſchen Kartoffeln und Rocken findet ein gemein-
ſchaftliches Maaß, naͤmlich das ihrer Nahrungsfaͤhigkeit
ſtatt, und wenn — was hier vorausgeſetzt wird — keine
beſondere Vorliebe fuͤr die eine oder andere Frucht ſtatt
hat: ſo wird der Preis beider genau in dem Verhaͤltniß
ihrer Nahrungsfaͤhigkeit ſtehen.

Nun ſtimmen die chemiſchen Analyſen und die Er-
fahrungen beim Branntweinbrennen faſt alle darin uͤber-
ein, daß drei gehaͤufte Scheffel Kartoffeln im Mehlgehalt
ſowohl als im Ertrage an Branntwein einem Scheffel
Rocken gleich ſind; und wir nehmen hiernach den Preis
eines Scheffels Kartoffeln in der Stadt ſelbſt zu ⅓ des
Rockenpreiſes, alſo zu ½ Thlr. pr. Schfl. an.

Bei den nachfolgenden Berechnungen uͤber den Er-
trag der Kartoffeln und den mit dem Bau derſelben ver-
bundenen Koſten liegen die in §. 17. mitgetheilten Un-
terſuchungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft zum Grunde.

Wir haben dort angenommen, daß bei gleichem Reich-
thum des Bodens, auf derſelben Flaͤche wo 1 Schfl. Ro-
cken waͤchſt, 9 Schfl. Kartoffeln wachſen, und wir haben
dort gefunden, daß die Erzeugung von 5,7 Schfl. Kar-
toffeln nicht mehr Arbeit koſtet, als die von 1 Schfl.
Rocken.

Eine Frucht, die im Verhaͤltniß zum Rocken von
derſelben Flaͤche das Dreifache an Nahrungsſtoff liefert,
und die die Arbeit des Menſchen mit dem doppelten
Quantum an Nahrungsſtoff belohnt, iſt in der That ſo
merkwuͤrdig, und ihre allgemeine Verbreitung iſt ſo ſehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0167" n="153"/>
Stadt die Kultur eines andern Gewa&#x0364;ch&#x017F;es eine noch ho&#x0364;-<lb/>
here Landrente gewa&#x0364;hrt, als die For&#x017F;twirth&#x017F;chaft gibt; und<lb/>
wir wenden uns in die&#x017F;er Beziehung zu der Betrachtung<lb/>
des Anbaues der Kartoffel.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head>Preis der Kartoffeln in der Stadt.</head><lb/>
            <p>Zwi&#x017F;chen Kartoffeln und Rocken findet ein gemein-<lb/>
&#x017F;chaftliches Maaß, na&#x0364;mlich das ihrer Nahrungsfa&#x0364;higkeit<lb/>
&#x017F;tatt, und wenn &#x2014; was hier vorausge&#x017F;etzt wird &#x2014; keine<lb/>
be&#x017F;ondere Vorliebe fu&#x0364;r die eine oder andere Frucht &#x017F;tatt<lb/>
hat: &#x017F;o wird der Preis beider genau in dem Verha&#x0364;ltniß<lb/>
ihrer Nahrungsfa&#x0364;higkeit &#x017F;tehen.</p><lb/>
            <p>Nun &#x017F;timmen die chemi&#x017F;chen Analy&#x017F;en und die Er-<lb/>
fahrungen beim Branntweinbrennen fa&#x017F;t alle darin u&#x0364;ber-<lb/>
ein, daß drei geha&#x0364;ufte Scheffel Kartoffeln im Mehlgehalt<lb/>
&#x017F;owohl als im Ertrage an Branntwein einem Scheffel<lb/>
Rocken gleich &#x017F;ind; und wir nehmen hiernach den Preis<lb/>
eines Scheffels Kartoffeln in der Stadt &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x2153; des<lb/>
Rockenprei&#x017F;es, al&#x017F;o zu ½ Thlr. pr. Schfl. an.</p><lb/>
            <p>Bei den nachfolgenden Berechnungen u&#x0364;ber den Er-<lb/>
trag der Kartoffeln und den mit dem Bau der&#x017F;elben ver-<lb/>
bundenen Ko&#x017F;ten liegen die in §. 17. mitgetheilten Un-<lb/>
ter&#x017F;uchungen u&#x0364;ber die belgi&#x017F;che Wirth&#x017F;chaft zum Grunde.</p><lb/>
            <p>Wir haben dort angenommen, daß bei gleichem Reich-<lb/>
thum des Bodens, auf der&#x017F;elben Fla&#x0364;che wo 1 Schfl. Ro-<lb/>
cken wa&#x0364;ch&#x017F;t, 9 Schfl. Kartoffeln wach&#x017F;en, und wir haben<lb/>
dort gefunden, daß die Erzeugung von 5,7 Schfl. Kar-<lb/>
toffeln nicht mehr Arbeit ko&#x017F;tet, als die von 1 Schfl.<lb/>
Rocken.</p><lb/>
            <p>Eine Frucht, die im Verha&#x0364;ltniß zum Rocken von<lb/>
der&#x017F;elben Fla&#x0364;che das Dreifache an Nahrungs&#x017F;toff liefert,<lb/>
und die die Arbeit des Men&#x017F;chen mit dem doppelten<lb/>
Quantum an Nahrungs&#x017F;toff belohnt, i&#x017F;t in der That &#x017F;o<lb/>
merkwu&#x0364;rdig, und ihre allgemeine Verbreitung i&#x017F;t &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0167] Stadt die Kultur eines andern Gewaͤchſes eine noch hoͤ- here Landrente gewaͤhrt, als die Forſtwirthſchaft gibt; und wir wenden uns in dieſer Beziehung zu der Betrachtung des Anbaues der Kartoffel. Preis der Kartoffeln in der Stadt. Zwiſchen Kartoffeln und Rocken findet ein gemein- ſchaftliches Maaß, naͤmlich das ihrer Nahrungsfaͤhigkeit ſtatt, und wenn — was hier vorausgeſetzt wird — keine beſondere Vorliebe fuͤr die eine oder andere Frucht ſtatt hat: ſo wird der Preis beider genau in dem Verhaͤltniß ihrer Nahrungsfaͤhigkeit ſtehen. Nun ſtimmen die chemiſchen Analyſen und die Er- fahrungen beim Branntweinbrennen faſt alle darin uͤber- ein, daß drei gehaͤufte Scheffel Kartoffeln im Mehlgehalt ſowohl als im Ertrage an Branntwein einem Scheffel Rocken gleich ſind; und wir nehmen hiernach den Preis eines Scheffels Kartoffeln in der Stadt ſelbſt zu ⅓ des Rockenpreiſes, alſo zu ½ Thlr. pr. Schfl. an. Bei den nachfolgenden Berechnungen uͤber den Er- trag der Kartoffeln und den mit dem Bau derſelben ver- bundenen Koſten liegen die in §. 17. mitgetheilten Un- terſuchungen uͤber die belgiſche Wirthſchaft zum Grunde. Wir haben dort angenommen, daß bei gleichem Reich- thum des Bodens, auf derſelben Flaͤche wo 1 Schfl. Ro- cken waͤchſt, 9 Schfl. Kartoffeln wachſen, und wir haben dort gefunden, daß die Erzeugung von 5,7 Schfl. Kar- toffeln nicht mehr Arbeit koſtet, als die von 1 Schfl. Rocken. Eine Frucht, die im Verhaͤltniß zum Rocken von derſelben Flaͤche das Dreifache an Nahrungsſtoff liefert, und die die Arbeit des Menſchen mit dem doppelten Quantum an Nahrungsſtoff belohnt, iſt in der That ſo merkwuͤrdig, und ihre allgemeine Verbreitung iſt ſo ſehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/167
Zitationshilfe: Thünen, Johann Heinrich von: Der isolirte Staat in Beziehung auf Landwirthschaft und Nationalökonomie. Hamburg, 1826, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuenen_staat_1826/167>, abgerufen am 22.12.2024.