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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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Vierter Gesang.

Auf den Uhren war schon der Mittag vor-
über, aber in den Häusern der Gros-
sen brach er erst mit festlichem Pomp' aus
der Küchen hervor -- Hekatomben rauchten
ihm -- Denn die mittägliche Sonne hat
noch nicht ihre Anbether verloren -- Mit
mehrerm Eifer, als wohl jemals ein ägy-
ptischer Priester gehabt, feyern sie täglich
ihr Fest, mit sonnenrothen Gesichtern, bis
das wohlthätige Licht den Kreis verläßt, und
nun die stille Venus vom nächtlichen Him-
mel herabbiikt. Da erhub der gesättigte
Pfarrherr seine gestiefelten Beine, und trat
mit zerstreuten Gedanken seinen bestimmten
zwo Meilen langen Weg an; Die alles
vermögende Liebe hatt' itzt den gelehrten Ma-
gister zu einem gemeinen Bothenläufer ernie-
drigt, und er mußte, welche sonderbare Be-

din-
D


Vierter Geſang.

Auf den Uhren war ſchon der Mittag vor-
uͤber, aber in den Haͤuſern der Groſ-
ſen brach er erſt mit feſtlichem Pomp’ aus
der Kuͤchen hervor — Hekatomben rauchten
ihm — Denn die mittaͤgliche Sonne hat
noch nicht ihre Anbether verloren — Mit
mehrerm Eifer, als wohl jemals ein aͤgy-
ptiſcher Prieſter gehabt, feyern ſie taͤglich
ihr Feſt, mit ſonnenrothen Geſichtern, bis
das wohlthaͤtige Licht den Kreis verlaͤßt, und
nun die ſtille Venus vom naͤchtlichen Him-
mel herabbiikt. Da erhub der geſaͤttigte
Pfarrherr ſeine geſtiefelten Beine, und trat
mit zerſtreuten Gedanken ſeinen beſtimmten
zwo Meilen langen Weg an; Die alles
vermoͤgende Liebe hatt’ itzt den gelehrten Ma-
giſter zu einem gemeinen Bothenlaͤufer ernie-
drigt, und er mußte, welche ſonderbare Be-

din-
D
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[49/0053] Vierter Geſang. Auf den Uhren war ſchon der Mittag vor- uͤber, aber in den Haͤuſern der Groſ- ſen brach er erſt mit feſtlichem Pomp’ aus der Kuͤchen hervor — Hekatomben rauchten ihm — Denn die mittaͤgliche Sonne hat noch nicht ihre Anbether verloren — Mit mehrerm Eifer, als wohl jemals ein aͤgy- ptiſcher Prieſter gehabt, feyern ſie taͤglich ihr Feſt, mit ſonnenrothen Geſichtern, bis das wohlthaͤtige Licht den Kreis verlaͤßt, und nun die ſtille Venus vom naͤchtlichen Him- mel herabbiikt. Da erhub der geſaͤttigte Pfarrherr ſeine geſtiefelten Beine, und trat mit zerſtreuten Gedanken ſeinen beſtimmten zwo Meilen langen Weg an; Die alles vermoͤgende Liebe hatt’ itzt den gelehrten Ma- giſter zu einem gemeinen Bothenlaͤufer ernie- drigt, und er mußte, welche ſonderbare Be- din- D

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/53>, abgerufen am 23.11.2024.