Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Vierdter Theil. Halle, 1725.VII. Handel. Papentzende Wiederspenstigkeit etlicher Prediger wieder Ihre Obrigkeit. §. I. IN IIX. Handel des andern theils ist ausführlich gehandelt wordenVorerinnerung. von der Streitigkeit unter denen Evangelischen Theologen wegen Zuläßigkeit der Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester. So ist auch in II. und III. Handel dieses vierten Theils handgreiflich gezeiget worden, daß der Päpstische Bindeschlüssel ein vortrefliches scheinheiliges Remedium sey, sich der weltlichen Obrigkeit zu wiedersetzen. Beydes wird durch gegenwärtigen Handel noch mehr erleutert werden, der in October des 1719. Jahrs an beyde hiesige Facultäten, die Theologische und Juristische von Bürgermeister und Rath einer freyen Reichsstadt D. geschicket wurde, und mit zwey Worten darinnen bestand, daß der Magistrat, ohne sich bey denen dasigen Predigern Raths zu erhohlen einem Bürger vergönnet hätte, seiner verstorbenen Frauen Schwester zu heyrathen; die Prediger aber wolten die neuen Eheleute nicht zur Beicht und Abendmahl lassen, sondern bedienten sich des sogenannten Bindeschlüssels zwar unmittelbar wieder sie, aber doch zugleich mittelbahr wieder die Obrigkeit, indem sie auf Befehl ihren Unfug einzustellen more solito ihr Gewissen vorschützten: Weßhalben a Magistratu Uns zwar keine Acta zugeschicket wurden, sondern man begehrte nur ein Responsum von Uns. §. II. Ob nun wohl es überflüßig scheinen möchte das an uns gescheheneDie an Uns ergangene Frage. Petitum ausführlich zu communiciren, zumahlen da ohne dem in unsern Responso die Species facti wiederhohlet worden, so wird doch eines theils die Kürtze desselbigen, andern theils aber dasjenige, was in dem folgenden §. wird gemeldet werden, mich entschuldigen, daß ich dasselbige von Wort zu Wort hieher setze. P. P. Ew. Ew. Hoch-Ehrw. Hoch-Edelgeb. und Gestr. können wir nicht verhalten, was massen dem in hiesiger Graffschafft wohnenden Schultzen zu C. cum causae cognitione erlaubet, seiner ohne Kinder verstorbenen Frauen ihre Schwester zu heyrathen, dieselbe seyn auch darauf copuliret, wie sich aber zugetragen, daß die Frau schwan- VII. Handel. Papentzende Wiederspenstigkeit etlicher Prediger wieder Ihre Obrigkeit. §. I. IN IIX. Handel des andern theils ist ausführlich gehandelt wordenVorerinnerung. von der Streitigkeit unter denen Evangelischen Theologen wegen Zuläßigkeit der Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester. So ist auch in II. und III. Handel dieses vierten Theils handgreiflich gezeiget worden, daß der Päpstische Bindeschlüssel ein vortrefliches scheinheiliges Remedium sey, sich der weltlichen Obrigkeit zu wiedersetzen. Beydes wird durch gegenwärtigen Handel noch mehr erleutert werden, der in October des 1719. Jahrs an beyde hiesige Facultäten, die Theologische und Juristische von Bürgermeister und Rath einer freyen Reichsstadt D. geschicket wurde, und mit zwey Worten darinnen bestand, daß der Magistrat, ohne sich bey denen dasigen Predigern Raths zu erhohlen einem Bürger vergönnet hätte, seiner verstorbenen Frauen Schwester zu heyrathen; die Prediger aber wolten die neuen Eheleute nicht zur Beicht und Abendmahl lassen, sondern bedienten sich des sogenannten Bindeschlüssels zwar unmittelbar wieder sie, aber doch zugleich mittelbahr wieder die Obrigkeit, indem sie auf Befehl ihren Unfug einzustellen more solito ihr Gewissen vorschützten: Weßhalben a Magistratu Uns zwar keine Acta zugeschicket wurden, sondern man begehrte nur ein Responsum von Uns. §. II. Ob nun wohl es überflüßig scheinen möchte das an uns gescheheneDie an Uns ergangene Frage. Petitum ausführlich zu communiciren, zumahlen da ohne dem in unsern Responso die Species facti wiederhohlet worden, so wird doch eines theils die Kürtze desselbigen, andern theils aber dasjenige, was in dem folgenden §. wird gemeldet werden, mich entschuldigen, daß ich dasselbige von Wort zu Wort hieher setze. P. P. Ew. Ew. Hoch-Ehrw. Hoch-Edelgeb. und Gestr. können wir nicht verhalten, was massen dem in hiesiger Graffschafft wohnenden Schultzen zu C. cum causae cognitione erlaubet, seiner ohne Kinder verstorbenen Frauen ihre Schwester zu heyrathen, dieselbe seyn auch darauf copuliret, wie sich aber zugetragen, daß die Frau schwan- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0301" n="293"/> </div> <div> <head>VII. Handel. Papentzende Wiederspenstigkeit etlicher Prediger wieder Ihre Obrigkeit.</head><lb/> </div> <div> <head>§. I.</head><lb/> <p>IN IIX. 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Jahrs an beyde hiesige Facultäten, die Theologische und Juristische von Bürgermeister und Rath einer freyen Reichsstadt D. geschicket wurde, und mit zwey Worten darinnen bestand, daß der Magistrat, ohne sich bey denen dasigen Predigern Raths zu erhohlen einem Bürger vergönnet hätte, seiner verstorbenen Frauen Schwester zu heyrathen; die Prediger aber wolten die neuen Eheleute nicht zur Beicht und Abendmahl lassen, sondern bedienten sich des sogenannten Bindeschlüssels zwar unmittelbar wieder sie, aber doch zugleich mittelbahr wieder die Obrigkeit, indem sie auf Befehl ihren Unfug einzustellen more solito ihr Gewissen vorschützten: Weßhalben a Magistratu Uns zwar keine Acta zugeschicket wurden, sondern man begehrte nur ein Responsum von Uns.</p> <p>§. II. 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VII. Handel. Papentzende Wiederspenstigkeit etlicher Prediger wieder Ihre Obrigkeit.
§. I.
IN IIX. Handel des andern theils ist ausführlich gehandelt worden von der Streitigkeit unter denen Evangelischen Theologen wegen Zuläßigkeit der Ehe mit des verstorbenen Weibes Schwester. So ist auch in II. und III. Handel dieses vierten Theils handgreiflich gezeiget worden, daß der Päpstische Bindeschlüssel ein vortrefliches scheinheiliges Remedium sey, sich der weltlichen Obrigkeit zu wiedersetzen. Beydes wird durch gegenwärtigen Handel noch mehr erleutert werden, der in October des 1719. Jahrs an beyde hiesige Facultäten, die Theologische und Juristische von Bürgermeister und Rath einer freyen Reichsstadt D. geschicket wurde, und mit zwey Worten darinnen bestand, daß der Magistrat, ohne sich bey denen dasigen Predigern Raths zu erhohlen einem Bürger vergönnet hätte, seiner verstorbenen Frauen Schwester zu heyrathen; die Prediger aber wolten die neuen Eheleute nicht zur Beicht und Abendmahl lassen, sondern bedienten sich des sogenannten Bindeschlüssels zwar unmittelbar wieder sie, aber doch zugleich mittelbahr wieder die Obrigkeit, indem sie auf Befehl ihren Unfug einzustellen more solito ihr Gewissen vorschützten: Weßhalben a Magistratu Uns zwar keine Acta zugeschicket wurden, sondern man begehrte nur ein Responsum von Uns.
Vorerinnerung. §. II. Ob nun wohl es überflüßig scheinen möchte das an uns geschehene Petitum ausführlich zu communiciren, zumahlen da ohne dem in unsern Responso die Species facti wiederhohlet worden, so wird doch eines theils die Kürtze desselbigen, andern theils aber dasjenige, was in dem folgenden §. wird gemeldet werden, mich entschuldigen, daß ich dasselbige von Wort zu Wort hieher setze. P. P. Ew. Ew. Hoch-Ehrw. Hoch-Edelgeb. und Gestr. können wir nicht verhalten, was massen dem in hiesiger Graffschafft wohnenden Schultzen zu C. cum causae cognitione erlaubet, seiner ohne Kinder verstorbenen Frauen ihre Schwester zu heyrathen, dieselbe seyn auch darauf copuliret, wie sich aber zugetragen, daß die Frau schwan-
Die an Uns ergangene Frage.
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