Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite
[Spaltenumbruch] Wie er ist gar ohn alle Gallen Ich weiß, er wird dir auch gefallen.
AMICE der alte Freund
Das ist kein Freund, das merck ich schlecht, Der seim Freund alles giebetrecht Es sey gleich böse oder gut, Wie Plutarchus beweisen thut, Ein Freund thut sich holdseelig machen In rechten und ehrlichen Sachen, Wo aber sein Freund unrecht thut, So straft er ihn mit Worten gut, Das ist der wahren Freundschafft Art
Der Jüngling.
Amice, du bist allzuhart, Du hast mich offt vexiret hie Was ich je thät, gefiel dir nie, Du bist mir nie recht freundlich worn
AMICE der alte Freund
O Freund, wie hast so zarte Ohrn, Die keine Straff nit dulden mügen, Dich freuen Schmeicheler und Lügen, Gwiß ist dein wahrer Freund ein Heuchler, Schleicher, Liebkoser und ein Meuchler, Ich möchte ihn wol hören und sehen.
Der Jüngling
Ja Amice, das soll geschehen, Schau, ietzund geht er gleich daher Hört weiter, wie ich ihn bewehr, Mein Miser Lux woher so spat?
Der Heuchler
Ich kom herüber aus der Stadt, Und hätt mich schier mit eim geschlagen Der dir thät etlich Ding nachsagen, Die doch alle erlogen warn
Der Jüngling
Mein Miser Lux, ich hab vor Jahrn [Spaltenumbruch] Mit ihm ein Vertrag aufgericht Verwahrt mit Brief und Aides Pflicht, Des ich jetzt grossen Nachtheil hab, Wolt gern es wär wieder ab, Rath, wie ich mich der Ding mög fristen.
Der Heuchler
Such dir ein schalckhaffting Juristen Der all faule Handlung annehm, Und sich gar keiner Lügen schäm, Der dreht der Sachen wohl ein Nasen, Thut jener Theil ins Recht sich lassen So bstich sein Part und Advocaten, Mit etlich Thalern und Ducaten, Die machen denn durch Lüst und Renck Dem Wiedertheil so viel Einkleng Daß er die Sach vertheiding lat
Der Jüngling
Amice, wie gefält dir der Rath
AMICE der alte Freund
Gar nichts, als was du gwiß verheist Dasselb ohn alle Auszug leist Wilt anders sein ein Biedermann
Der Jüngling
Mein Miser Lux, mich ficht auch an, Ich hab ein Part, die vor Gericht Um 1000. Gülden mich anspricht, Und wenn ich nur zwey Zeugen hätt, Daß ich sie überzeugen thät, So würd ich frey, quitt, loß gesprochen.
Der Heuchler
O lieber Freund laß mich nur kochen, Sag mir nur, was ich zeugen soll.
Der Jüngling
Hätt ich noch ein, so bestünd ich wohl, Amice, hilf mich machen quit.
AMICE der alt Freund
O Freund! das thu ich warlich nit
[Spaltenumbruch] Wie er ist gar ohn alle Gallen Ich weiß, er wird dir auch gefallen.
AMICE der alte Freund
Das ist kein Freund, das merck ich schlecht, Der seim Freund alles giebetrecht Es sey gleich böse oder gut, Wie Plutarchus beweisen thut, Ein Freund thut sich holdseelig machen In rechten und ehrlichen Sachen, Wo aber sein Freund unrecht thut, So straft er ihn mit Worten gut, Das ist der wahren Freundschafft Art
Der Jüngling.
Amice, du bist allzuhart, Du hast mich offt vexiret hie Was ich je thät, gefiel dir nie, Du bist mir nie recht freundlich worn
AMICE der alte Freund
O Freund, wie hast so zarte Ohrn, Die keine Straff nit dulden mügen, Dich freuen Schmeicheler und Lügen, Gwiß ist dein wahrer Freund ein Heuchler, Schleicher, Liebkoser und ein Meuchler, Ich möchte ihn wol hören und sehen.
Der Jüngling
Ja Amice, das soll geschehen, Schau, ietzund geht er gleich daher Hört weiter, wie ich ihn bewehr, Mein Miser Lux woher so spat?
Der Heuchler
Ich kom herüber aus der Stadt, Und hätt mich schier mit eim geschlagen Der dir thät etlich Ding nachsagen, Die doch alle erlogen warn
Der Jüngling
Mein Miser Lux, ich hab vor Jahrn [Spaltenumbruch] Mit ihm ein Vertrag aufgericht Verwahrt mit Brief und Aides Pflicht, Des ich jetzt grossen Nachtheil hab, Wolt gern es wär wieder ab, Rath, wie ich mich der Ding mög fristen.
Der Heuchler
Such dir ein schalckhaffting Juristen Der all faule Handlung annehm, Und sich gar keiner Lügen schäm, Der dreht der Sachen wohl ein Nasen, Thut jener Theil ins Recht sich lassen So bstich sein Part und Advocaten, Mit etlich Thalern und Ducaten, Die machen denn durch Lüst und Renck Dem Wiedertheil so viel Einkleng Daß er die Sach vertheiding lat
Der Jüngling
Amice, wie gefält dir der Rath
AMICE der alte Freund
Gar nichts, als was du gwiß verheist Dasselb ohn alle Auszug leist Wilt anders sein ein Biedermann
Der Jüngling
Mein Miser Lux, mich ficht auch an, Ich hab ein Part, die vor Gericht Um 1000. Gülden mich anspricht, Und wenn ich nur zwey Zeugen hätt, Daß ich sie überzeugen thät, So würd ich frey, quitt, loß gesprochen.
Der Heuchler
O lieber Freund laß mich nur kochen, Sag mir nur, was ich zeugen soll.
Der Jüngling
Hätt ich noch ein, so bestünd ich wohl, Amice, hilf mich machen quit.
AMICE der alt Freund
O Freund! das thu ich warlich nit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <l><pb facs="#f0369" n="353"/><cb n="1"/>
Wie er ist gar ohn alle Gallen Ich weiß, er wird dir auch                  gefallen.</l>
      </div>
      <div>
        <head>AMICE der alte Freund</head><lb/>
        <l>Das ist kein Freund, das merck ich schlecht, Der seim Freund alles giebetrecht Es                      sey gleich böse oder gut, Wie Plutarchus beweisen thut, Ein Freund thut sich                      holdseelig machen In rechten und ehrlichen Sachen, Wo aber sein Freund unrecht                      thut, So straft er ihn mit Worten gut, Das ist der wahren Freundschafft Art</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling.</head><lb/>
        <l>Amice, du bist allzuhart, Du hast mich offt vexiret hie Was ich je thät, gefiel                      dir nie, Du bist mir nie recht freundlich worn</l>
      </div>
      <div>
        <head>AMICE der alte Freund</head><lb/>
        <l>O Freund, wie hast so zarte Ohrn, Die keine Straff nit dulden mügen, Dich freuen                      Schmeicheler und Lügen, Gwiß ist dein wahrer Freund ein Heuchler, Schleicher,                      Liebkoser und ein Meuchler, Ich möchte ihn wol hören und sehen.</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling</head><lb/>
        <l>Ja Amice, das soll geschehen, Schau, ietzund geht er gleich daher Hört weiter,                      wie ich ihn bewehr, Mein Miser Lux woher so spat?</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Heuchler</head><lb/>
        <l>Ich kom herüber aus der Stadt, Und hätt mich schier mit eim geschlagen Der dir                      thät etlich Ding nachsagen, Die doch alle erlogen warn</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling</head><lb/>
        <l>Mein Miser Lux, ich hab vor Jahrn <cb n="2"/>
Mit ihm ein Vertrag aufgericht                      Verwahrt mit Brief und Aides Pflicht, Des ich jetzt grossen Nachtheil hab, Wolt                      gern es wär wieder ab, Rath, wie ich mich der Ding mög fristen.</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Heuchler</head><lb/>
        <l>Such dir ein schalckhaffting Juristen Der all faule Handlung annehm, Und sich gar                      keiner Lügen schäm, Der dreht der Sachen wohl ein Nasen, Thut jener Theil ins                      Recht sich lassen So bstich sein Part und Advocaten, Mit etlich Thalern und                      Ducaten, Die machen denn durch Lüst und Renck Dem Wiedertheil so viel Einkleng                      Daß er die Sach vertheiding lat</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling</head><lb/>
        <l>Amice, wie gefält dir der Rath</l>
      </div>
      <div>
        <head>AMICE der alte Freund</head><lb/>
        <l>Gar nichts, als was du gwiß verheist Dasselb ohn alle Auszug leist Wilt anders                      sein ein Biedermann</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling</head><lb/>
        <l>Mein Miser Lux, mich ficht auch an, Ich hab ein Part, die vor Gericht Um 1000.                      Gülden mich anspricht, Und wenn ich nur zwey Zeugen hätt, Daß ich sie überzeugen                      thät, So würd ich frey, quitt, loß gesprochen.</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Heuchler</head><lb/>
        <l>O lieber Freund laß mich nur kochen, Sag mir nur, was ich zeugen soll.</l>
      </div>
      <div>
        <head>Der Jüngling</head><lb/>
        <l>Hätt ich noch ein, so bestünd ich wohl, Amice, hilf mich machen quit.</l>
      </div>
      <div>
        <head>AMICE der alt Freund</head><lb/>
        <l>O Freund! das thu ich warlich nit
</l>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0369] Wie er ist gar ohn alle Gallen Ich weiß, er wird dir auch gefallen. AMICE der alte Freund Das ist kein Freund, das merck ich schlecht, Der seim Freund alles giebetrecht Es sey gleich böse oder gut, Wie Plutarchus beweisen thut, Ein Freund thut sich holdseelig machen In rechten und ehrlichen Sachen, Wo aber sein Freund unrecht thut, So straft er ihn mit Worten gut, Das ist der wahren Freundschafft Art Der Jüngling. Amice, du bist allzuhart, Du hast mich offt vexiret hie Was ich je thät, gefiel dir nie, Du bist mir nie recht freundlich worn AMICE der alte Freund O Freund, wie hast so zarte Ohrn, Die keine Straff nit dulden mügen, Dich freuen Schmeicheler und Lügen, Gwiß ist dein wahrer Freund ein Heuchler, Schleicher, Liebkoser und ein Meuchler, Ich möchte ihn wol hören und sehen. Der Jüngling Ja Amice, das soll geschehen, Schau, ietzund geht er gleich daher Hört weiter, wie ich ihn bewehr, Mein Miser Lux woher so spat? Der Heuchler Ich kom herüber aus der Stadt, Und hätt mich schier mit eim geschlagen Der dir thät etlich Ding nachsagen, Die doch alle erlogen warn Der Jüngling Mein Miser Lux, ich hab vor Jahrn Mit ihm ein Vertrag aufgericht Verwahrt mit Brief und Aides Pflicht, Des ich jetzt grossen Nachtheil hab, Wolt gern es wär wieder ab, Rath, wie ich mich der Ding mög fristen. Der Heuchler Such dir ein schalckhaffting Juristen Der all faule Handlung annehm, Und sich gar keiner Lügen schäm, Der dreht der Sachen wohl ein Nasen, Thut jener Theil ins Recht sich lassen So bstich sein Part und Advocaten, Mit etlich Thalern und Ducaten, Die machen denn durch Lüst und Renck Dem Wiedertheil so viel Einkleng Daß er die Sach vertheiding lat Der Jüngling Amice, wie gefält dir der Rath AMICE der alte Freund Gar nichts, als was du gwiß verheist Dasselb ohn alle Auszug leist Wilt anders sein ein Biedermann Der Jüngling Mein Miser Lux, mich ficht auch an, Ich hab ein Part, die vor Gericht Um 1000. Gülden mich anspricht, Und wenn ich nur zwey Zeugen hätt, Daß ich sie überzeugen thät, So würd ich frey, quitt, loß gesprochen. Der Heuchler O lieber Freund laß mich nur kochen, Sag mir nur, was ich zeugen soll. Der Jüngling Hätt ich noch ein, so bestünd ich wohl, Amice, hilf mich machen quit. AMICE der alt Freund O Freund! das thu ich warlich nit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in TEI. (2012-11-23T14:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-23T14:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-23T14:00:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/369
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Erster Theil. Halle, 1723, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte01_1723/369>, abgerufen am 21.12.2024.