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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 6. Hauptst. von der absonderlichen
ausser dem Ehestand ein Geschlechte/ die ver-
trauliche
Conversation des andern Ge-
schlechts als was schädliches und unehrliches
fliehen und meiden lehret/ oder wenn zwey
vernünfftige Personen/ die nicht mit einan-
der verehlicht sind/ vertraulich mit einander
umgehen/ dieses als eine unvernünfftige la-
sterhafte Liebe schändet und schmähet.
Denn
hierdurch wird gantz offenbahr die gantze Welt
gehindert den besten Theil der vernünfftigen und
absonderlichen Liebe auszuüben/ in dem wir albe-
reit oben gesagt/ daß die Vertrauligkeit und
Weichhertzigkeit zwischen zweyen Personen un-
terschiedennen Geschlechts natürlicher Weise viel
stärcker sey/ als zwischen denen von einem Ge-
schlechte.

11.

Jch weiß ja wohl/ daß dieses alles unter
dem praetext geschicht/ damit der Mißbrauch
einer unvernünfftigen Liebe dadurch abge-
schnitten werde.
Aber man wird nicht leichte
was unvernünfftigers antreffen können als diesen
praerext. Indifferente Dinge kan man wohl
gantz unterlassen/ wenn der Mißbrauch groß ist.
Aber nothwendige Dinge/ oder wahrhafftig gute
Dinge gantz auszurotten wegen des befürchteten
Mißbrauchs ist wieder die gesunde Vernunfft.
Was ist aber nothwendiger als eine vernünfftige
Vertrauligkeit auch unter Personen von zweyer-
ley Geschlechte.

12. Zu

Das 6. Hauptſt. von der abſonderlichen
auſſer dem Eheſtand ein Geſchlechte/ die ver-
trauliche
Converſation des andern Ge-
ſchlechts als was ſchaͤdliches und unehrliches
fliehen und meiden lehret/ oder wenn zwey
vernuͤnfftige Perſonen/ die nicht mit einan-
der verehlicht ſind/ vertraulich mit einander
umgehen/ dieſes als eine unvernuͤnfftige la-
ſterhafte Liebe ſchaͤndet und ſchmaͤhet.
Denn
hierdurch wird gantz offenbahr die gantze Welt
gehindert den beſten Theil der vernuͤnfftigen und
abſonderlichen Liebe auszuuͤben/ in dem wir albe-
reit oben geſagt/ daß die Vertrauligkeit und
Weichhertzigkeit zwiſchen zweyen Perſonen un-
terſchiedennen Geſchlechts natuͤrlicher Weiſe viel
ſtaͤrcker ſey/ als zwiſchen denen von einem Ge-
ſchlechte.

11.

Jch weiß ja wohl/ daß dieſes alles unter
dem prætext geſchicht/ damit der Mißbrauch
einer unvernuͤnfftigen Liebe dadurch abge-
ſchnitten werde.
Aber man wird nicht leichte
was unvernuͤnfftigers antreffen koͤnnen als dieſen
prærext. Indifferente Dinge kan man wohl
gantz unterlaſſen/ wenn der Mißbrauch groß iſt.
Aber nothwendige Dinge/ oder wahrhafftig gute
Dinge gantz auszurotten wegen des befuͤrchteten
Mißbrauchs iſt wieder die geſunde Vernunfft.
Was iſt aber nothwendiger als eine vernuͤnfftige
Vertrauligkeit auch unter Perſonen von zweyer-
ley Geſchlechte.

12. Zu
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[262[258]/0290] Das 6. Hauptſt. von der abſonderlichen auſſer dem Eheſtand ein Geſchlechte/ die ver- trauliche Converſation des andern Ge- ſchlechts als was ſchaͤdliches und unehrliches fliehen und meiden lehret/ oder wenn zwey vernuͤnfftige Perſonen/ die nicht mit einan- der verehlicht ſind/ vertraulich mit einander umgehen/ dieſes als eine unvernuͤnfftige la- ſterhafte Liebe ſchaͤndet und ſchmaͤhet. Denn hierdurch wird gantz offenbahr die gantze Welt gehindert den beſten Theil der vernuͤnfftigen und abſonderlichen Liebe auszuuͤben/ in dem wir albe- reit oben geſagt/ daß die Vertrauligkeit und Weichhertzigkeit zwiſchen zweyen Perſonen un- terſchiedennen Geſchlechts natuͤrlicher Weiſe viel ſtaͤrcker ſey/ als zwiſchen denen von einem Ge- ſchlechte. 11. Jch weiß ja wohl/ daß dieſes alles unter dem prætext geſchicht/ damit der Mißbrauch einer unvernuͤnfftigen Liebe dadurch abge- ſchnitten werde. Aber man wird nicht leichte was unvernuͤnfftigers antreffen koͤnnen als dieſen prærext. Indifferente Dinge kan man wohl gantz unterlaſſen/ wenn der Mißbrauch groß iſt. Aber nothwendige Dinge/ oder wahrhafftig gute Dinge gantz auszurotten wegen des befuͤrchteten Mißbrauchs iſt wieder die geſunde Vernunfft. Was iſt aber nothwendiger als eine vernuͤnfftige Vertrauligkeit auch unter Perſonen von zweyer- ley Geſchlechte. 12. Zu

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 262[258]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/290>, abgerufen am 21.11.2024.