Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Ursprung aller menschl. Glückseeligk. te gegeben habe/ auch noch täglich darinnen er-halte; und solchergestalt schliesset er/ daß Gott es auch noch künfftig zu erhalten nicht nur Ver mögend/ sondern auch Willens sey. Zum we- nigsten findet er die geringste erhebliche Ursache nicht/ warumb er disfalls in die göttliche Liebe einig mißtrauen setzen solle. 29. Hiernechst aber begreifft der Mensch 30. Aus diesem Vertrauen aber und der seyn J 3
Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk. te gegeben habe/ auch noch taͤglich darinnen er-halte; und ſolchergeſtalt ſchlieſſet er/ daß Gott es auch noch kuͤnfftig zu erhalten nicht nur Ver moͤgend/ ſondern auch Willens ſey. Zum we- nigſten findet er die geringſte erhebliche Urſache nicht/ warumb er disfalls in die goͤttliche Liebe einig mißtrauen ſetzen ſolle. 29. Hiernechſt aber begreifft der Menſch 30. Aus dieſem Vertrauen aber und der ſeyn J 3
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Urſprung aller menſchl. Gluͤckſeeligk.
te gegeben habe/ auch noch taͤglich darinnen er-
halte; und ſolchergeſtalt ſchlieſſet er/ daß Gott
es auch noch kuͤnfftig zu erhalten nicht nur Ver
moͤgend/ ſondern auch Willens ſey. Zum we-
nigſten findet er die geringſte erhebliche Urſache
nicht/ warumb er disfalls in die goͤttliche Liebe
einig mißtrauen ſetzen ſolle.
29. Hiernechſt aber begreifft der Menſch
wohl/ daß er ſich dieſer goͤttlichen Wolthaten un-
wuͤrdig machen wuͤrde/ wenn er ſeinen Willen/
der ihm ins Hertze geſchrieben/ wiederſtreben
wolte. Und daß er ſich in geringſten nicht zu be-
klagen habe/ wenn ihm GOtt dieſerwegen
alle die verliehenen Gutthaten auff einmahl ent-
ziehen/ und ihn an deſſen ſtatt Boͤſes an ſtatt des
Guten wiederfahren laſſen ſolte; Zumahl ſie
aus der obigen Erkaͤntniß gantz gewiß verſichert
iſt/ daß GOtt dieſes alles zu thun vermoͤgend
ſey. Und auff dieſe Weiſe fuͤrchtet er ſich fuͤr
GOtt.
30. Aus dieſem Vertrauen aber und der
Furcht GOttes lernet er/ daß er ſich fuͤr kei-
ner andern Creatur zufuͤrchten/ oder derſel-
ben zuvertrauen Urſach habe. Denn ſo viel
die Furcht betrifft/ wird der Menſch durch
obige Betrachtung verſichert/ daß wenn gleich
alle Menſchen und alle andere Creaturen ihn
boͤſes zu thun/ und Schaden zuzufuͤgen erſonnen
ſeyn ſolten/ ſie dennoch ſolches ohne GOttes
Willen ins Werck zurichten unvermoͤgend
ſeyn
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/165>, abgerufen am 04.03.2025. |