Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.Das 3. Hauptst. von Gott als dem dahin zielet/ daß die Schöpffung von der Ver-nunfft nicht begriffen/ sondern durch ein überna- türliches Licht alleine erkennet werden könne/ auch die Heydnische Philosophi durchgehends durch ein falsches axioma, daß sie für unstrei- tig wahr angenommen/ (nehmlich daß aus nichts auch nichts werden könne) in den Haupt-Jrrthumb verfallen/ daß diese erste ma- terie von sich selbst herkommen/ und GOtt gleich ewig sey; aus welchen schädlichen Jrr- thumb und deren daher geleiteten noch schädli- chern Folgereyen auch alle Heydnische Secten/ ja so gar fast alle Ketzereyen in der ersten Christli- chen Kirche entstanden. Wir wollen den Be- weißthum dieses unseres Lehr-Satzes kürtzlich also zusammen fassen. 9. Die erste würckende Ursache und die 10. So
Das 3. Hauptſt. von Gott als dem dahin zielet/ daß die Schoͤpffung von der Ver-nunfft nicht begriffen/ ſondern durch ein uͤberna- tuͤrliches Licht alleine erkennet werden koͤnne/ auch die Heydniſche Philoſophi durchgehends durch ein falſches axioma, daß ſie fuͤr unſtrei- tig wahr angenommen/ (nehmlich daß aus nichts auch nichts werden koͤnne) in den Haupt-Jrrthumb verfallen/ daß dieſe erſte ma- terie von ſich ſelbſt herkommen/ und GOtt gleich ewig ſey; aus welchen ſchaͤdlichen Jrr- thumb und deren daher geleiteten noch ſchaͤdli- chern Folgereyen auch alle Heydniſche Secten/ ja ſo gar faſt alle Ketzereyen in der erſten Chriſtli- chen Kirche entſtanden. Wir wollen den Be- weißthum dieſes unſeres Lehr-Satzes kuͤrtzlich alſo zuſammen faſſen. 9. Die erſte wuͤrckende Urſache und die 10. So
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Das 3. Hauptſt. von Gott als dem
dahin zielet/ daß die Schoͤpffung von der Ver-
nunfft nicht begriffen/ ſondern durch ein uͤberna-
tuͤrliches Licht alleine erkennet werden koͤnne/
auch die Heydniſche Philoſophi durchgehends
durch ein falſches axioma, daß ſie fuͤr unſtrei-
tig wahr angenommen/ (nehmlich daß aus
nichts auch nichts werden koͤnne) in den
Haupt-Jrrthumb verfallen/ daß dieſe erſte ma-
terie von ſich ſelbſt herkommen/ und GOtt
gleich ewig ſey; aus welchen ſchaͤdlichen Jrr-
thumb und deren daher geleiteten noch ſchaͤdli-
chern Folgereyen auch alle Heydniſche Secten/ ja
ſo gar faſt alle Ketzereyen in der erſten Chriſtli-
chen Kirche entſtanden. Wir wollen den Be-
weißthum dieſes unſeres Lehr-Satzes kuͤrtzlich
alſo zuſammen faſſen.
9. Die erſte wuͤrckende Urſache und die
erſte gewirckte Sache ſind/ wie jetzt gemeldet/
zwey unterſchiedener Dinge/ jene iſt ein We-
ſen von welcher/ (á qua) dieſe aber iſt ein We-
ſen aus welcher (ex qua) die andern Dinge ent-
ſtanden. Hierinnen kommen alle alten und neuen
Philoſophen (die nicht offenbahre Atheiſten
ſind) uͤberein. So wohl auch hierinnen/ daß
eine erſte gewirckte Sache (materia prima)
ſeyn muͤſſe/ weil gleichfalls dem menſchlichen
Verſtand zuwider ſey/ daß er ſich in Erkaͤnt-
niß derer gewuͤrckten Dinge in infinitum ver-
ſteigen ſolle.
10. So
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/154>, abgerufen am 04.03.2025. |