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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

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Der Weizen.
oder im Miste war -- auch andres hervorragendes Unkraut, besonders die blaue
Kornblume zu köpfen. Dies muß ebenfalls mit höchster Vorsicht geschehen,
und der Weizen darf nicht stärker, als an der äußersten Spitze seiner Blätter
berührt werden.

§. 60.

Der Weizen ist mehr wie anderes Getreide empfindlich gegen jede ungünstigeEinwirkung
der Witte-
rung.

besonders naßkalte Witterung. Er ändert danach gleich seine Farbe und macht
einen Stillstand im Wachsthum, scheint wirklich, wie man sagt, zurückgewach-
sen. Er erholt sich aber eben so schnell, wenn eine günstigere Witterung eintritt,
und gewinnt in wenigen Tagen wieder ein gesundes Ansehen.

Bis zum Schossen und Hervortreten der Aehre liebt der Weizen eine mit
vielem Regen abwechselnde warme Witterung, welche das Emporkommen seiner
Nebensprossen befördert. Nachher, besonders in der Blütezeit, ist ihm trocknes
warmes Wetter vorzüglich günstig. Nach dem Ansatze und bei der Vollendung
seiner Körner ist ihm aber mäßig feuchte Witterung wieder sehr zuträglich, in-
dem er bei anhaltender Dürre und trockenen Winden zu schnell reift und seine
Körner nicht so vollständig werden, als wenn sie langsamer reifen. Zu feuchte
Witterung beim Ansatz der Körner erzeugt dagegen den Staubbrand.

§. 61.

Weizen, der eine gute Handelswaare seyn soll, muß gemähet werden,Reife.
bevor er seine volle Reife erreicht hat. Er wird sonst hornig, oder, wie man
es nennt, gläsig. Er giebt dann kein so weißes Mehl. Obwohl man dieses
dadurch verbessern kann, daß man solchen Weizen etwas anfeuchtet, so wird
er doch von den Käufern getadelt, wenigstens wenn Ueberfluß zu Markte
kommt. Ueberdem aber ist der Weizen sehr zum Ausfallen geneigt, und bei
trockenem, windigem Wetter einem großen Verluste unterworfen, wenn man
ihn völlig reifen läßt. Deshalb muß auf den Zeitpunkt seiner Mähereife ge-
nau geachtet werden, welche eintritt, wenn die Körner zwar ihr Mehl gebil-
det haben und nicht mehr milchigt, aber doch noch weich sind. Und obwohl
in der Regel der Weizen erst 14 Tage nach dem Rocken reift, so tritt doch
nicht selten der Fall ein, daß er diese Mähereife bei dürrem Wetter bekommt,
bevor man mit dem Rocken fertig ist; und so muß man den Rocken stehen

Der Weizen.
oder im Miſte war — auch andres hervorragendes Unkraut, beſonders die blaue
Kornblume zu koͤpfen. Dies muß ebenfalls mit hoͤchſter Vorſicht geſchehen,
und der Weizen darf nicht ſtaͤrker, als an der aͤußerſten Spitze ſeiner Blaͤtter
beruͤhrt werden.

§. 60.

Der Weizen iſt mehr wie anderes Getreide empfindlich gegen jede unguͤnſtigeEinwirkung
der Witte-
rung.

beſonders naßkalte Witterung. Er aͤndert danach gleich ſeine Farbe und macht
einen Stillſtand im Wachsthum, ſcheint wirklich, wie man ſagt, zuruͤckgewach-
ſen. Er erholt ſich aber eben ſo ſchnell, wenn eine guͤnſtigere Witterung eintritt,
und gewinnt in wenigen Tagen wieder ein geſundes Anſehen.

Bis zum Schoſſen und Hervortreten der Aehre liebt der Weizen eine mit
vielem Regen abwechſelnde warme Witterung, welche das Emporkommen ſeiner
Nebenſproſſen befoͤrdert. Nachher, beſonders in der Bluͤtezeit, iſt ihm trocknes
warmes Wetter vorzuͤglich guͤnſtig. Nach dem Anſatze und bei der Vollendung
ſeiner Koͤrner iſt ihm aber maͤßig feuchte Witterung wieder ſehr zutraͤglich, in-
dem er bei anhaltender Duͤrre und trockenen Winden zu ſchnell reift und ſeine
Koͤrner nicht ſo vollſtaͤndig werden, als wenn ſie langſamer reifen. Zu feuchte
Witterung beim Anſatz der Koͤrner erzeugt dagegen den Staubbrand.

§. 61.

Weizen, der eine gute Handelswaare ſeyn ſoll, muß gemaͤhet werden,Reife.
bevor er ſeine volle Reife erreicht hat. Er wird ſonſt hornig, oder, wie man
es nennt, glaͤſig. Er giebt dann kein ſo weißes Mehl. Obwohl man dieſes
dadurch verbeſſern kann, daß man ſolchen Weizen etwas anfeuchtet, ſo wird
er doch von den Kaͤufern getadelt, wenigſtens wenn Ueberfluß zu Markte
kommt. Ueberdem aber iſt der Weizen ſehr zum Ausfallen geneigt, und bei
trockenem, windigem Wetter einem großen Verluſte unterworfen, wenn man
ihn voͤllig reifen laͤßt. Deshalb muß auf den Zeitpunkt ſeiner Maͤhereife ge-
nau geachtet werden, welche eintritt, wenn die Koͤrner zwar ihr Mehl gebil-
det haben und nicht mehr milchigt, aber doch noch weich ſind. Und obwohl
in der Regel der Weizen erſt 14 Tage nach dem Rocken reift, ſo tritt doch
nicht ſelten der Fall ein, daß er dieſe Maͤhereife bei duͤrrem Wetter bekommt,
bevor man mit dem Rocken fertig iſt; und ſo muß man den Rocken ſtehen

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[61/0085] Der Weizen. oder im Miſte war — auch andres hervorragendes Unkraut, beſonders die blaue Kornblume zu koͤpfen. Dies muß ebenfalls mit hoͤchſter Vorſicht geſchehen, und der Weizen darf nicht ſtaͤrker, als an der aͤußerſten Spitze ſeiner Blaͤtter beruͤhrt werden. §. 60. Der Weizen iſt mehr wie anderes Getreide empfindlich gegen jede unguͤnſtige beſonders naßkalte Witterung. Er aͤndert danach gleich ſeine Farbe und macht einen Stillſtand im Wachsthum, ſcheint wirklich, wie man ſagt, zuruͤckgewach- ſen. Er erholt ſich aber eben ſo ſchnell, wenn eine guͤnſtigere Witterung eintritt, und gewinnt in wenigen Tagen wieder ein geſundes Anſehen. Einwirkung der Witte- rung. Bis zum Schoſſen und Hervortreten der Aehre liebt der Weizen eine mit vielem Regen abwechſelnde warme Witterung, welche das Emporkommen ſeiner Nebenſproſſen befoͤrdert. Nachher, beſonders in der Bluͤtezeit, iſt ihm trocknes warmes Wetter vorzuͤglich guͤnſtig. Nach dem Anſatze und bei der Vollendung ſeiner Koͤrner iſt ihm aber maͤßig feuchte Witterung wieder ſehr zutraͤglich, in- dem er bei anhaltender Duͤrre und trockenen Winden zu ſchnell reift und ſeine Koͤrner nicht ſo vollſtaͤndig werden, als wenn ſie langſamer reifen. Zu feuchte Witterung beim Anſatz der Koͤrner erzeugt dagegen den Staubbrand. §. 61. Weizen, der eine gute Handelswaare ſeyn ſoll, muß gemaͤhet werden, bevor er ſeine volle Reife erreicht hat. Er wird ſonſt hornig, oder, wie man es nennt, glaͤſig. Er giebt dann kein ſo weißes Mehl. Obwohl man dieſes dadurch verbeſſern kann, daß man ſolchen Weizen etwas anfeuchtet, ſo wird er doch von den Kaͤufern getadelt, wenigſtens wenn Ueberfluß zu Markte kommt. Ueberdem aber iſt der Weizen ſehr zum Ausfallen geneigt, und bei trockenem, windigem Wetter einem großen Verluſte unterworfen, wenn man ihn voͤllig reifen laͤßt. Deshalb muß auf den Zeitpunkt ſeiner Maͤhereife ge- nau geachtet werden, welche eintritt, wenn die Koͤrner zwar ihr Mehl gebil- det haben und nicht mehr milchigt, aber doch noch weich ſind. Und obwohl in der Regel der Weizen erſt 14 Tage nach dem Rocken reift, ſo tritt doch nicht ſelten der Fall ein, daß er dieſe Maͤhereife bei duͤrrem Wetter bekommt, bevor man mit dem Rocken fertig iſt; und ſo muß man den Rocken ſtehen Reife.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/85>, abgerufen am 21.11.2024.