barer wäre. Dies scheint es mir aber in gewöhnlichen Fällen, wo man die Milch nicht frisch zu hohen Preisen absetzen kann, in der That nicht zu seyn.
Wenn man weiß, was eine Kuh an jährlicher Nutzung einbringt, so läßt sich die Rechnung auf folgende Weise machen: Das junge Thier kostet in den beiden ersten Jahren höchstens die Hälfte der Fütterung einer Kuh, und im dritten Jahre, um reichlich zu rechnen, so viel wie eine Kuh, also überhaupt den jährigen Ertrag zweier Kühe. Unter diesen Preis wird man doch selten eine tadellose junge Kuh kaufen können. Die Vorzüge eines an eine bestimmte Behandlung und Weide gewöhnten Thiers sind anerkannt und dann besonders wichtig, wenn die Weide fehlerhaft ist.
§. 23.
Kälber, die man nicht aufziehen will, sucht man sobald als möglich ist,Mastkälber. los zu werden, um die Milch benutzen zu können.
Die Mastung der Kälber kann nur unter gewissen Verhältnissen vortheil- haft seyn, wo nämlich gute Kälber für beträchtliche Städte aufgesucht und gut bezahlt werden, man jedoch von der Nachbarschaft dieser Städte durch die Mol- kerei keine besondere Nutzung haben kann.
Die Mastung der Kälber geschiehet
a) mit bloßer Milch. Dies giebt immer das beste und weißeste Fleisch, und ist für den Landwirth als solchen am anwendbarsten. Bei diesen Käl- bern hat das Saugen weniger gegen sich, indem das Kalb verkauft wird, so wie man es absetzt. Wird aber diese Kälbermastung im Großen betrieben, so müssen die Kälber den Müttern oder Ammen zu bestimmten Zeiten zugeführt werden. Man muß einen Theil der Kühe daran gewöhnen, daß sie andre Kälber annehmen, und man findet solche, die dies ohne Bedenken thun. Diese kann man ihre ganze Milchzeit hindurch zu Ammen gebrauchen, und durch starke Fütterung zu einem reichlichen Milchabsatz bringen. Sie werden dadurch aber zu Melkkühen zuweilen ganz untauglich. Bei älteren Mastkälbern von 8 bis 12 Wochen reicht nämlich die Muttermilch häufig nicht hin, um sie zu der völligen Feistigkeit zu bringen, und dies muß durch die Ammen ersetzt werden.
b) mit anderer Fütterung, die Anfangs als Zugabe zur Milch, nachher allein gereicht wird.
Aufzucht des Rindviehes.
barer waͤre. Dies ſcheint es mir aber in gewoͤhnlichen Faͤllen, wo man die Milch nicht friſch zu hohen Preiſen abſetzen kann, in der That nicht zu ſeyn.
Wenn man weiß, was eine Kuh an jaͤhrlicher Nutzung einbringt, ſo laͤßt ſich die Rechnung auf folgende Weiſe machen: Das junge Thier koſtet in den beiden erſten Jahren hoͤchſtens die Haͤlfte der Fuͤtterung einer Kuh, und im dritten Jahre, um reichlich zu rechnen, ſo viel wie eine Kuh, alſo uͤberhaupt den jaͤhrigen Ertrag zweier Kuͤhe. Unter dieſen Preis wird man doch ſelten eine tadelloſe junge Kuh kaufen koͤnnen. Die Vorzuͤge eines an eine beſtimmte Behandlung und Weide gewoͤhnten Thiers ſind anerkannt und dann beſonders wichtig, wenn die Weide fehlerhaft iſt.
§. 23.
Kaͤlber, die man nicht aufziehen will, ſucht man ſobald als moͤglich iſt,Maſtkaͤlber. los zu werden, um die Milch benutzen zu koͤnnen.
Die Maſtung der Kaͤlber kann nur unter gewiſſen Verhaͤltniſſen vortheil- haft ſeyn, wo naͤmlich gute Kaͤlber fuͤr betraͤchtliche Staͤdte aufgeſucht und gut bezahlt werden, man jedoch von der Nachbarſchaft dieſer Staͤdte durch die Mol- kerei keine beſondere Nutzung haben kann.
Die Maſtung der Kaͤlber geſchiehet
a) mit bloßer Milch. Dies giebt immer das beſte und weißeſte Fleiſch, und iſt fuͤr den Landwirth als ſolchen am anwendbarſten. Bei dieſen Kaͤl- bern hat das Saugen weniger gegen ſich, indem das Kalb verkauft wird, ſo wie man es abſetzt. Wird aber dieſe Kaͤlbermaſtung im Großen betrieben, ſo muͤſſen die Kaͤlber den Muͤttern oder Ammen zu beſtimmten Zeiten zugefuͤhrt werden. Man muß einen Theil der Kuͤhe daran gewoͤhnen, daß ſie andre Kaͤlber annehmen, und man findet ſolche, die dies ohne Bedenken thun. Dieſe kann man ihre ganze Milchzeit hindurch zu Ammen gebrauchen, und durch ſtarke Fuͤtterung zu einem reichlichen Milchabſatz bringen. Sie werden dadurch aber zu Melkkuͤhen zuweilen ganz untauglich. Bei aͤlteren Maſtkaͤlbern von 8 bis 12 Wochen reicht naͤmlich die Muttermilch haͤufig nicht hin, um ſie zu der voͤlligen Feiſtigkeit zu bringen, und dies muß durch die Ammen erſetzt werden.
b) mit anderer Fuͤtterung, die Anfangs als Zugabe zur Milch, nachher allein gereicht wird.
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Aufzucht des Rindviehes.
barer waͤre. Dies ſcheint es mir aber in gewoͤhnlichen Faͤllen, wo man die
Milch nicht friſch zu hohen Preiſen abſetzen kann, in der That nicht zu ſeyn.
Wenn man weiß, was eine Kuh an jaͤhrlicher Nutzung einbringt, ſo laͤßt
ſich die Rechnung auf folgende Weiſe machen: Das junge Thier koſtet in den
beiden erſten Jahren hoͤchſtens die Haͤlfte der Fuͤtterung einer Kuh, und im
dritten Jahre, um reichlich zu rechnen, ſo viel wie eine Kuh, alſo uͤberhaupt
den jaͤhrigen Ertrag zweier Kuͤhe. Unter dieſen Preis wird man doch ſelten
eine tadelloſe junge Kuh kaufen koͤnnen. Die Vorzuͤge eines an eine beſtimmte
Behandlung und Weide gewoͤhnten Thiers ſind anerkannt und dann beſonders
wichtig, wenn die Weide fehlerhaft iſt.
§. 23.
Kaͤlber, die man nicht aufziehen will, ſucht man ſobald als moͤglich iſt,
los zu werden, um die Milch benutzen zu koͤnnen.
Maſtkaͤlber.
Die Maſtung der Kaͤlber kann nur unter gewiſſen Verhaͤltniſſen vortheil-
haft ſeyn, wo naͤmlich gute Kaͤlber fuͤr betraͤchtliche Staͤdte aufgeſucht und gut
bezahlt werden, man jedoch von der Nachbarſchaft dieſer Staͤdte durch die Mol-
kerei keine beſondere Nutzung haben kann.
Die Maſtung der Kaͤlber geſchiehet
a) mit bloßer Milch. Dies giebt immer das beſte und weißeſte Fleiſch,
und iſt fuͤr den Landwirth als ſolchen am anwendbarſten. Bei dieſen Kaͤl-
bern hat das Saugen weniger gegen ſich, indem das Kalb verkauft wird, ſo
wie man es abſetzt. Wird aber dieſe Kaͤlbermaſtung im Großen betrieben, ſo
muͤſſen die Kaͤlber den Muͤttern oder Ammen zu beſtimmten Zeiten zugefuͤhrt
werden. Man muß einen Theil der Kuͤhe daran gewoͤhnen, daß ſie andre
Kaͤlber annehmen, und man findet ſolche, die dies ohne Bedenken thun. Dieſe
kann man ihre ganze Milchzeit hindurch zu Ammen gebrauchen, und durch
ſtarke Fuͤtterung zu einem reichlichen Milchabſatz bringen. Sie werden dadurch
aber zu Melkkuͤhen zuweilen ganz untauglich. Bei aͤlteren Maſtkaͤlbern von
8 bis 12 Wochen reicht naͤmlich die Muttermilch haͤufig nicht hin, um ſie zu der
voͤlligen Feiſtigkeit zu bringen, und dies muß durch die Ammen erſetzt werden.
b) mit anderer Fuͤtterung, die Anfangs als Zugabe zur Milch, nachher
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/341>, abgerufen am 22.02.2025.
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