Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Das Honiggras. Der Wiesenfuchsschwanz.
man vor 30 Jahren aus England hatte kommen lassen; und die Engländer nah-
men ihn damals aus Amerika.

Das Honiggras, Wollgras, Holcus lanatus,
§. 402.

ist von manchen landwirthschaftlichen Schriftstellern vorzüglich gerühmt worden;Honiggras.
scheint mir aber eins der schlechtesten und dem Vieh am wenigsten angenehmen
Gräser zu seyn. Man muß es wenigstens sehr jung mähen. Es giebt nur ei-
nen Schnitt, treibt aber gegen den Herbst stark und horstig aus, so daß es dann
eine ziemliche Weide, selbst auf sandigem und hohem Boden giebt, wo es aber
von dem Vieh nur in Ermangelung einer besseren Weide gefressen wird. Ueberdem
erfriert dieses Gras im Winter leicht, wenn es einzeln und nicht im Wiesenrasen steht.

Der Saamen kann abgemähet und abgedroschen werden. Er ist aber sehr
schwer aus den Hülsen zu kriegen, und wird mehrentheils mit den Hülsen aus-
gesäet. Beim Handel kommt es sehr darauf an, ob der Saamen ausgerieben
oder noch in den Hülsen sey. Im letzteren Falle muß man einige Scheffel auf
den Morgen säen, im ersteren reicht 1 Pfund zu, wenn er reif ist und sorgfältig
vertheilt wird.

Der Wiesenfuchsschwanz, Alopecurus pratensis,
§. 403.

ist auf einem reichen und mäßig feuchten Boden, seine Grunderde sey thonigWiesenfuchs-
schwanz.
oder sandig, vielleicht das vorzüglichste Gras, was in unserm Klima angebauet
werden kann. Es hat sehr mastige und starke Blätter, sowohl aus der Wurzel
als am Halme, belegt den Boden dicht, kommt sehr früh hervor und wächst
sehr schnell wieder, so daß man füglich drei Schnitte davon nehmen kann.
Jung bei dem Hervorkommen seiner Aehren gemähet, ist es dem Viehe sehr an-
genehm. Auf magerem oder trocknem Boden paßt es aber durchaus nicht.

Der Saamen muß durch Abstreifen der Aehre aufgenommen werden. Wenn
er reif ist und man mit der Hand über die Aehre herstreift, so behält man ihn
darin. Man muß ihn dann sogleich dünn auf einem luftigen Boden ausbrei-
ten, weil er sich sonst sehr leicht brennt und die Keimfähigkeit verliert.


Das Honiggras. Der Wieſenfuchsſchwanz.
man vor 30 Jahren aus England hatte kommen laſſen; und die Englaͤnder nah-
men ihn damals aus Amerika.

Das Honiggras, Wollgras, Holcus lanatus,
§. 402.

iſt von manchen landwirthſchaftlichen Schriftſtellern vorzuͤglich geruͤhmt worden;Honiggras.
ſcheint mir aber eins der ſchlechteſten und dem Vieh am wenigſten angenehmen
Graͤſer zu ſeyn. Man muß es wenigſtens ſehr jung maͤhen. Es giebt nur ei-
nen Schnitt, treibt aber gegen den Herbſt ſtark und horſtig aus, ſo daß es dann
eine ziemliche Weide, ſelbſt auf ſandigem und hohem Boden giebt, wo es aber
von dem Vieh nur in Ermangelung einer beſſeren Weide gefreſſen wird. Ueberdem
erfriert dieſes Gras im Winter leicht, wenn es einzeln und nicht im Wieſenraſen ſteht.

Der Saamen kann abgemaͤhet und abgedroſchen werden. Er iſt aber ſehr
ſchwer aus den Huͤlſen zu kriegen, und wird mehrentheils mit den Huͤlſen aus-
geſaͤet. Beim Handel kommt es ſehr darauf an, ob der Saamen ausgerieben
oder noch in den Huͤlſen ſey. Im letzteren Falle muß man einige Scheffel auf
den Morgen ſaͤen, im erſteren reicht 1 Pfund zu, wenn er reif iſt und ſorgfaͤltig
vertheilt wird.

Der Wieſenfuchsſchwanz, Alopecurus pratensis,
§. 403.

iſt auf einem reichen und maͤßig feuchten Boden, ſeine Grunderde ſey thonigWieſenfuchs-
ſchwanz.
oder ſandig, vielleicht das vorzuͤglichſte Gras, was in unſerm Klima angebauet
werden kann. Es hat ſehr maſtige und ſtarke Blaͤtter, ſowohl aus der Wurzel
als am Halme, belegt den Boden dicht, kommt ſehr fruͤh hervor und waͤchſt
ſehr ſchnell wieder, ſo daß man fuͤglich drei Schnitte davon nehmen kann.
Jung bei dem Hervorkommen ſeiner Aehren gemaͤhet, iſt es dem Viehe ſehr an-
genehm. Auf magerem oder trocknem Boden paßt es aber durchaus nicht.

Der Saamen muß durch Abſtreifen der Aehre aufgenommen werden. Wenn
er reif iſt und man mit der Hand uͤber die Aehre herſtreift, ſo behaͤlt man ihn
darin. Man muß ihn dann ſogleich duͤnn auf einem luftigen Boden ausbrei-
ten, weil er ſich ſonſt ſehr leicht brennt und die Keimfaͤhigkeit verliert.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0317" n="293"/><fw place="top" type="header">Das Honiggras. Der Wie&#x017F;enfuchs&#x017F;chwanz.</fw><lb/>
man vor 30 Jahren aus England hatte kommen la&#x017F;&#x017F;en; und die Engla&#x0364;nder nah-<lb/>
men ihn damals aus Amerika.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Das Honiggras, Wollgras, <hi rendition="#aq">Holcus lanatus,</hi></hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 402.</head><lb/>
              <p>i&#x017F;t von manchen landwirth&#x017F;chaftlichen Schrift&#x017F;tellern vorzu&#x0364;glich geru&#x0364;hmt worden;<note place="right">Honiggras.</note><lb/>
&#x017F;cheint mir aber eins der &#x017F;chlechte&#x017F;ten und dem Vieh am wenig&#x017F;ten angenehmen<lb/>
Gra&#x0364;&#x017F;er zu &#x017F;eyn. Man muß es wenig&#x017F;tens &#x017F;ehr jung ma&#x0364;hen. Es giebt nur ei-<lb/>
nen Schnitt, treibt aber gegen den Herb&#x017F;t &#x017F;tark und hor&#x017F;tig aus, &#x017F;o daß es dann<lb/>
eine ziemliche Weide, &#x017F;elb&#x017F;t auf &#x017F;andigem und hohem Boden giebt, wo es aber<lb/>
von dem Vieh nur in Ermangelung einer be&#x017F;&#x017F;eren Weide gefre&#x017F;&#x017F;en wird. Ueberdem<lb/>
erfriert die&#x017F;es Gras im Winter leicht, wenn es einzeln und nicht im Wie&#x017F;enra&#x017F;en &#x017F;teht.</p><lb/>
              <p>Der Saamen kann abgema&#x0364;het und abgedro&#x017F;chen werden. Er i&#x017F;t aber &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chwer aus den Hu&#x0364;l&#x017F;en zu kriegen, und wird mehrentheils mit den Hu&#x0364;l&#x017F;en aus-<lb/>
ge&#x017F;a&#x0364;et. Beim Handel kommt es &#x017F;ehr darauf an, ob der Saamen ausgerieben<lb/>
oder noch in den Hu&#x0364;l&#x017F;en &#x017F;ey. Im letzteren Falle muß man einige Scheffel auf<lb/>
den Morgen &#x017F;a&#x0364;en, im er&#x017F;teren reicht 1 Pfund zu, wenn er reif i&#x017F;t und &#x017F;orgfa&#x0364;ltig<lb/>
vertheilt wird.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Wie&#x017F;enfuchs&#x017F;chwanz, <hi rendition="#aq">Alopecurus pratensis,</hi></hi> </head><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 403.</head><lb/>
              <p>i&#x017F;t auf einem reichen und ma&#x0364;ßig feuchten Boden, &#x017F;eine Grunderde &#x017F;ey thonig<note place="right">Wie&#x017F;enfuchs-<lb/>
&#x017F;chwanz.</note><lb/>
oder &#x017F;andig, vielleicht das vorzu&#x0364;glich&#x017F;te Gras, was in un&#x017F;erm Klima angebauet<lb/>
werden kann. Es hat &#x017F;ehr ma&#x017F;tige und &#x017F;tarke Bla&#x0364;tter, &#x017F;owohl aus der Wurzel<lb/>
als am Halme, belegt den Boden dicht, kommt &#x017F;ehr fru&#x0364;h hervor und wa&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;chnell wieder, &#x017F;o daß man fu&#x0364;glich drei Schnitte davon nehmen kann.<lb/>
Jung bei dem Hervorkommen &#x017F;einer Aehren gema&#x0364;het, i&#x017F;t es dem Viehe &#x017F;ehr an-<lb/>
genehm. Auf magerem oder trocknem Boden paßt es aber durchaus nicht.</p><lb/>
              <p>Der Saamen muß durch Ab&#x017F;treifen der Aehre aufgenommen werden. Wenn<lb/>
er reif i&#x017F;t und man mit der Hand u&#x0364;ber die Aehre her&#x017F;treift, &#x017F;o beha&#x0364;lt man ihn<lb/>
darin. Man muß ihn dann &#x017F;ogleich du&#x0364;nn auf einem luftigen Boden ausbrei-<lb/>
ten, weil er &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;ehr leicht brennt und die Keimfa&#x0364;higkeit verliert.</p>
            </div>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0317] Das Honiggras. Der Wieſenfuchsſchwanz. man vor 30 Jahren aus England hatte kommen laſſen; und die Englaͤnder nah- men ihn damals aus Amerika. Das Honiggras, Wollgras, Holcus lanatus, §. 402. iſt von manchen landwirthſchaftlichen Schriftſtellern vorzuͤglich geruͤhmt worden; ſcheint mir aber eins der ſchlechteſten und dem Vieh am wenigſten angenehmen Graͤſer zu ſeyn. Man muß es wenigſtens ſehr jung maͤhen. Es giebt nur ei- nen Schnitt, treibt aber gegen den Herbſt ſtark und horſtig aus, ſo daß es dann eine ziemliche Weide, ſelbſt auf ſandigem und hohem Boden giebt, wo es aber von dem Vieh nur in Ermangelung einer beſſeren Weide gefreſſen wird. Ueberdem erfriert dieſes Gras im Winter leicht, wenn es einzeln und nicht im Wieſenraſen ſteht. Honiggras. Der Saamen kann abgemaͤhet und abgedroſchen werden. Er iſt aber ſehr ſchwer aus den Huͤlſen zu kriegen, und wird mehrentheils mit den Huͤlſen aus- geſaͤet. Beim Handel kommt es ſehr darauf an, ob der Saamen ausgerieben oder noch in den Huͤlſen ſey. Im letzteren Falle muß man einige Scheffel auf den Morgen ſaͤen, im erſteren reicht 1 Pfund zu, wenn er reif iſt und ſorgfaͤltig vertheilt wird. Der Wieſenfuchsſchwanz, Alopecurus pratensis, §. 403. iſt auf einem reichen und maͤßig feuchten Boden, ſeine Grunderde ſey thonig oder ſandig, vielleicht das vorzuͤglichſte Gras, was in unſerm Klima angebauet werden kann. Es hat ſehr maſtige und ſtarke Blaͤtter, ſowohl aus der Wurzel als am Halme, belegt den Boden dicht, kommt ſehr fruͤh hervor und waͤchſt ſehr ſchnell wieder, ſo daß man fuͤglich drei Schnitte davon nehmen kann. Jung bei dem Hervorkommen ſeiner Aehren gemaͤhet, iſt es dem Viehe ſehr an- genehm. Auf magerem oder trocknem Boden paßt es aber durchaus nicht. Wieſenfuchs- ſchwanz. Der Saamen muß durch Abſtreifen der Aehre aufgenommen werden. Wenn er reif iſt und man mit der Hand uͤber die Aehre herſtreift, ſo behaͤlt man ihn darin. Man muß ihn dann ſogleich duͤnn auf einem luftigen Boden ausbrei- ten, weil er ſich ſonſt ſehr leicht brennt und die Keimfaͤhigkeit verliert.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/317
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 4. Berlin, 1812, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft04_1812/317>, abgerufen am 03.12.2024.