Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Wiesenbau.
Hierbei müssen, wenn man auf die Wiederherstellung einer guten Wiese rechnen
will, unumgänglich folgende Regeln beobachtet werden:

1) Man darf die Erschöpfung durch Früchte nicht zu weit treiben, sondern
muß dem Lande noch einen beträchtlichen Grad seiner natürlichen Kraft zu-
rücklassen.

2) Man muß ihm mit der letzten Abtragefrucht eine starke Mistdüngung ge-
ben, und zwar um so mehr, wenn man, wie es häufig und mit Vortheil geschieht,
zu den Früchten mit Kalk gedüngt hatte.

3) Man muß während der Beackerung die völlige Zerstörung des nachtheili-
gen Wurzelunkrauts sich angelegen seyn lassen, weil solches sonst nur mehr erstar-
ket, und sich in den Wiesenboden verbreitet.

Die reichen Ernten, welche man von einem solchen Wiesenboden ziehen kann,
machen diese Wirthschaft auf mildem, reichem, weder der Nässe noch der Dürre
ausgesetztem Boden, insbesondere durch den Anbau von Kopfkohl, Hanf, Krapp,
Taback u. s. w. zwischen anderen Getreidefrüchten höchst vortheilhaft; gesetzt auch,
daß der Ertrag als Wiese sich etwas vermindere. Bei der Beobachtung jener Re-
geln und einer angemessenen Besaamung mit Klee und Gräsern wird dieses aber
nicht der Fall seyn, wenn es gleich bei Vernachläßigung derselben nur zu häufig
bemerkt worden ist.

§. 333.

Wenn man dagegen eine Wiese bloß in der Absicht umbrechen will, um eine
frischere und bessere Narbe darauf zu erzeugen, so kann dies nur in dem Falle rath-
sam seyn, daß sie sich mit schädlichem Unkraute überzogen hätte, welches man da-
durch zu zerstören beabsichtigt. In jedem andern Falle würde ich nicht dazu rathen,
sondern irgend eine andere Verbesserungsart vorziehen. Manche haben es bloß
um des Mooses willen gethan, welches sich aber durch Düngung und Aufführung
anderer Erde weit besser zerstören läßt. Bauet man nach dem Umbruche, wie
häufig geschiehet, nur eine Frucht, gewöhnlich Hafer, so wird man die Kraft
der Wiese doch immer beträchtlich vermindern, wenn man ihr nicht Düngung
wiedergiebt. Sie wird schlechter darauf werden, als sie vorher war, und das
Moos wird bald wieder erscheinen. Kann und will man ihr Dünger geben, so

H h 2

Der Wieſenbau.
Hierbei muͤſſen, wenn man auf die Wiederherſtellung einer guten Wieſe rechnen
will, unumgaͤnglich folgende Regeln beobachtet werden:

1) Man darf die Erſchoͤpfung durch Fruͤchte nicht zu weit treiben, ſondern
muß dem Lande noch einen betraͤchtlichen Grad ſeiner natuͤrlichen Kraft zu-
ruͤcklaſſen.

2) Man muß ihm mit der letzten Abtragefrucht eine ſtarke Miſtduͤngung ge-
ben, und zwar um ſo mehr, wenn man, wie es haͤufig und mit Vortheil geſchieht,
zu den Fruͤchten mit Kalk geduͤngt hatte.

3) Man muß waͤhrend der Beackerung die voͤllige Zerſtoͤrung des nachtheili-
gen Wurzelunkrauts ſich angelegen ſeyn laſſen, weil ſolches ſonſt nur mehr erſtar-
ket, und ſich in den Wieſenboden verbreitet.

Die reichen Ernten, welche man von einem ſolchen Wieſenboden ziehen kann,
machen dieſe Wirthſchaft auf mildem, reichem, weder der Naͤſſe noch der Duͤrre
ausgeſetztem Boden, insbeſondere durch den Anbau von Kopfkohl, Hanf, Krapp,
Taback u. ſ. w. zwiſchen anderen Getreidefruͤchten hoͤchſt vortheilhaft; geſetzt auch,
daß der Ertrag als Wieſe ſich etwas vermindere. Bei der Beobachtung jener Re-
geln und einer angemeſſenen Beſaamung mit Klee und Graͤſern wird dieſes aber
nicht der Fall ſeyn, wenn es gleich bei Vernachlaͤßigung derſelben nur zu haͤufig
bemerkt worden iſt.

§. 333.

Wenn man dagegen eine Wieſe bloß in der Abſicht umbrechen will, um eine
friſchere und beſſere Narbe darauf zu erzeugen, ſo kann dies nur in dem Falle rath-
ſam ſeyn, daß ſie ſich mit ſchaͤdlichem Unkraute uͤberzogen haͤtte, welches man da-
durch zu zerſtoͤren beabſichtigt. In jedem andern Falle wuͤrde ich nicht dazu rathen,
ſondern irgend eine andere Verbeſſerungsart vorziehen. Manche haben es bloß
um des Mooſes willen gethan, welches ſich aber durch Duͤngung und Auffuͤhrung
anderer Erde weit beſſer zerſtoͤren laͤßt. Bauet man nach dem Umbruche, wie
haͤufig geſchiehet, nur eine Frucht, gewoͤhnlich Hafer, ſo wird man die Kraft
der Wieſe doch immer betraͤchtlich vermindern, wenn man ihr nicht Duͤngung
wiedergiebt. Sie wird ſchlechter darauf werden, als ſie vorher war, und das
Moos wird bald wieder erſcheinen. Kann und will man ihr Duͤnger geben, ſo

H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0265" n="243"/><fw place="top" type="header">Der Wie&#x017F;enbau.</fw><lb/>
Hierbei mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, wenn man auf die Wiederher&#x017F;tellung einer guten Wie&#x017F;e rechnen<lb/>
will, unumga&#x0364;nglich folgende Regeln beobachtet werden:</p><lb/>
              <p>1) Man darf die Er&#x017F;cho&#x0364;pfung durch Fru&#x0364;chte nicht zu weit treiben, &#x017F;ondern<lb/>
muß dem Lande noch einen betra&#x0364;chtlichen Grad &#x017F;einer natu&#x0364;rlichen Kraft zu-<lb/>
ru&#x0364;ckla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>2) Man muß ihm mit der letzten Abtragefrucht eine &#x017F;tarke Mi&#x017F;tdu&#x0364;ngung ge-<lb/>
ben, und zwar um &#x017F;o mehr, wenn man, wie es ha&#x0364;ufig und mit Vortheil ge&#x017F;chieht,<lb/>
zu den Fru&#x0364;chten mit Kalk gedu&#x0364;ngt hatte.</p><lb/>
              <p>3) Man muß wa&#x0364;hrend der Beackerung die vo&#x0364;llige Zer&#x017F;to&#x0364;rung des nachtheili-<lb/>
gen Wurzelunkrauts &#x017F;ich angelegen &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;en, weil &#x017F;olches &#x017F;on&#x017F;t nur mehr er&#x017F;tar-<lb/>
ket, und &#x017F;ich in den Wie&#x017F;enboden verbreitet.</p><lb/>
              <p>Die reichen Ernten, welche man von einem &#x017F;olchen Wie&#x017F;enboden ziehen kann,<lb/>
machen die&#x017F;e Wirth&#x017F;chaft auf mildem, reichem, weder der Na&#x0364;&#x017F;&#x017F;e noch der Du&#x0364;rre<lb/>
ausge&#x017F;etztem Boden, insbe&#x017F;ondere durch den Anbau von Kopfkohl, Hanf, Krapp,<lb/>
Taback u. &#x017F;. w. zwi&#x017F;chen anderen Getreidefru&#x0364;chten ho&#x0364;ch&#x017F;t vortheilhaft; ge&#x017F;etzt auch,<lb/>
daß der Ertrag als Wie&#x017F;e &#x017F;ich etwas vermindere. Bei der Beobachtung jener Re-<lb/>
geln und einer angeme&#x017F;&#x017F;enen Be&#x017F;aamung mit Klee und Gra&#x0364;&#x017F;ern wird die&#x017F;es aber<lb/>
nicht der Fall &#x017F;eyn, wenn es gleich bei Vernachla&#x0364;ßigung der&#x017F;elben nur zu ha&#x0364;ufig<lb/>
bemerkt worden i&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 333.</head><lb/>
              <p>Wenn man dagegen eine Wie&#x017F;e bloß in der Ab&#x017F;icht umbrechen will, um eine<lb/>
fri&#x017F;chere und be&#x017F;&#x017F;ere Narbe darauf zu erzeugen, &#x017F;o kann dies nur in dem Falle rath-<lb/>
&#x017F;am &#x017F;eyn, daß &#x017F;ie &#x017F;ich mit &#x017F;cha&#x0364;dlichem Unkraute u&#x0364;berzogen ha&#x0364;tte, welches man da-<lb/>
durch zu zer&#x017F;to&#x0364;ren beab&#x017F;ichtigt. In jedem andern Falle wu&#x0364;rde ich nicht dazu rathen,<lb/>
&#x017F;ondern irgend eine andere Verbe&#x017F;&#x017F;erungsart vorziehen. Manche haben es bloß<lb/>
um des Moo&#x017F;es willen gethan, welches &#x017F;ich aber durch Du&#x0364;ngung und Auffu&#x0364;hrung<lb/>
anderer Erde weit be&#x017F;&#x017F;er zer&#x017F;to&#x0364;ren la&#x0364;ßt. Bauet man nach dem Umbruche, wie<lb/>
ha&#x0364;ufig ge&#x017F;chiehet, nur <hi rendition="#g">eine</hi> Frucht, gewo&#x0364;hnlich Hafer, &#x017F;o wird man die Kraft<lb/>
der Wie&#x017F;e doch immer betra&#x0364;chtlich vermindern, wenn man ihr nicht Du&#x0364;ngung<lb/>
wiedergiebt. Sie wird &#x017F;chlechter darauf werden, als &#x017F;ie vorher war, und das<lb/>
Moos wird bald wieder er&#x017F;cheinen. Kann und will man ihr Du&#x0364;nger geben, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0265] Der Wieſenbau. Hierbei muͤſſen, wenn man auf die Wiederherſtellung einer guten Wieſe rechnen will, unumgaͤnglich folgende Regeln beobachtet werden: 1) Man darf die Erſchoͤpfung durch Fruͤchte nicht zu weit treiben, ſondern muß dem Lande noch einen betraͤchtlichen Grad ſeiner natuͤrlichen Kraft zu- ruͤcklaſſen. 2) Man muß ihm mit der letzten Abtragefrucht eine ſtarke Miſtduͤngung ge- ben, und zwar um ſo mehr, wenn man, wie es haͤufig und mit Vortheil geſchieht, zu den Fruͤchten mit Kalk geduͤngt hatte. 3) Man muß waͤhrend der Beackerung die voͤllige Zerſtoͤrung des nachtheili- gen Wurzelunkrauts ſich angelegen ſeyn laſſen, weil ſolches ſonſt nur mehr erſtar- ket, und ſich in den Wieſenboden verbreitet. Die reichen Ernten, welche man von einem ſolchen Wieſenboden ziehen kann, machen dieſe Wirthſchaft auf mildem, reichem, weder der Naͤſſe noch der Duͤrre ausgeſetztem Boden, insbeſondere durch den Anbau von Kopfkohl, Hanf, Krapp, Taback u. ſ. w. zwiſchen anderen Getreidefruͤchten hoͤchſt vortheilhaft; geſetzt auch, daß der Ertrag als Wieſe ſich etwas vermindere. Bei der Beobachtung jener Re- geln und einer angemeſſenen Beſaamung mit Klee und Graͤſern wird dieſes aber nicht der Fall ſeyn, wenn es gleich bei Vernachlaͤßigung derſelben nur zu haͤufig bemerkt worden iſt. §. 333. Wenn man dagegen eine Wieſe bloß in der Abſicht umbrechen will, um eine friſchere und beſſere Narbe darauf zu erzeugen, ſo kann dies nur in dem Falle rath- ſam ſeyn, daß ſie ſich mit ſchaͤdlichem Unkraute uͤberzogen haͤtte, welches man da- durch zu zerſtoͤren beabſichtigt. In jedem andern Falle wuͤrde ich nicht dazu rathen, ſondern irgend eine andere Verbeſſerungsart vorziehen. Manche haben es bloß um des Mooſes willen gethan, welches ſich aber durch Duͤngung und Auffuͤhrung anderer Erde weit beſſer zerſtoͤren laͤßt. Bauet man nach dem Umbruche, wie haͤufig geſchiehet, nur eine Frucht, gewoͤhnlich Hafer, ſo wird man die Kraft der Wieſe doch immer betraͤchtlich vermindern, wenn man ihr nicht Duͤngung wiedergiebt. Sie wird ſchlechter darauf werden, als ſie vorher war, und das Moos wird bald wieder erſcheinen. Kann und will man ihr Duͤnger geben, ſo H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/265
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/265>, abgerufen am 21.11.2024.