Die Benarbung einer solchen geschwemmten Fläche, besonders aber des obe-Benarbung der neuen Oberfläche. ren Theils, kann, wenn man sie der Natur überläßt und nichts weiter dazu thut, erst langsam vor sich gehen.
Man kann in dem Falle in den ersten Jahren gar nicht oder doch nur sehr sparsam und mit großer Vorsicht wässern, weil das Wasser die ganz unbenarbte Erde wieder fortführen und Einrisse machen würde. Man muß deshalb erst ab- warten, daß sich nur einige auf solchem todten Boden wachsende Gräser und Kräu- ter, wäre es auch nur der Bocksbart, Aira canescens, erzeugt haben. So wie man anfängt, nachhaltig zu wässern, erzeugen sich zuerst viele Moose und Flech- ten mit wenigen untermischten anderen Pflanzen, und je stärker sich eine solche Wiese anfangs bemooset, um desto besser ist es. Das Moos geht, wenn man mit den anhaltenden Bewässerungen, die man der Beschlammung wegen anfangs gab, aufhöret, und nun mit der Wässerung und Trockenlegung gehörig wechselt, in Moder über, und giebt nun denen sich erzeugenden Gräsern und Pflanzen Nah- rung. So wie sich ein dichterer Graswuchs erzeugt, wird das Moos völlig über- wunden. Man hat daher mehrentheils im fünften Jahre nach der Schwemmung -- auch in solchen Fällen, wo zur Befruchtung der Wiese weiter nichts ge- than worden, als daß man mit der Bewässerung, sobald es ohne Gefahr der Ein- risse geschehen konnte, anfing und sie fast ununterbrochen fortsetzte -- schon eine Heuernte, die sich der Mühe verlohnte, gehabt; im zehnten Jahre aber auf ganz sandigem Boden 20 Centner Heu per Morgen gemacht. Wenn sich der Boden erst festgesetzt hat und einiges Gras erzeuget, so kömmt man früher zum Ziele, wenn man die Wiese nicht mähet, sondern sie abweiden läßt, welches, wenn sie zuvor trocken gelegt worden, auch mit der größten Sicherheit mit Schaafen ge- schehen kann.
Weit schneller aber geht es mit der Befruchtung und Berasung der abge- schwemmten Flächen, wenn man ihr irgend einen Dünger giebt. Alle die dün- gende Materien, die man überhaupt den Wiesen zukommen läßt, passen sich auch hierzu, und vorzüglichen Nutzen hat man von einem schwachen Hürdenlager der Schaafe darauf verspürt. Ich weiß einen Fall, wo man sich auch eines Hürden- lagers von Gänsen dazu mit sehr gutem Erfolge bediente. Die Natur giebt aber
Dritter Theil. E e
Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.
§. 305.
Die Benarbung einer ſolchen geſchwemmten Flaͤche, beſonders aber des obe-Benarbung der neuen Oberflaͤche. ren Theils, kann, wenn man ſie der Natur uͤberlaͤßt und nichts weiter dazu thut, erſt langſam vor ſich gehen.
Man kann in dem Falle in den erſten Jahren gar nicht oder doch nur ſehr ſparſam und mit großer Vorſicht waͤſſern, weil das Waſſer die ganz unbenarbte Erde wieder fortfuͤhren und Einriſſe machen wuͤrde. Man muß deshalb erſt ab- warten, daß ſich nur einige auf ſolchem todten Boden wachſende Graͤſer und Kraͤu- ter, waͤre es auch nur der Bocksbart, Aira canescens, erzeugt haben. So wie man anfaͤngt, nachhaltig zu waͤſſern, erzeugen ſich zuerſt viele Mooſe und Flech- ten mit wenigen untermiſchten anderen Pflanzen, und je ſtaͤrker ſich eine ſolche Wieſe anfangs bemooſet, um deſto beſſer iſt es. Das Moos geht, wenn man mit den anhaltenden Bewaͤſſerungen, die man der Beſchlammung wegen anfangs gab, aufhoͤret, und nun mit der Waͤſſerung und Trockenlegung gehoͤrig wechſelt, in Moder uͤber, und giebt nun denen ſich erzeugenden Graͤſern und Pflanzen Nah- rung. So wie ſich ein dichterer Graswuchs erzeugt, wird das Moos voͤllig uͤber- wunden. Man hat daher mehrentheils im fuͤnften Jahre nach der Schwemmung — auch in ſolchen Faͤllen, wo zur Befruchtung der Wieſe weiter nichts ge- than worden, als daß man mit der Bewaͤſſerung, ſobald es ohne Gefahr der Ein- riſſe geſchehen konnte, anfing und ſie faſt ununterbrochen fortſetzte — ſchon eine Heuernte, die ſich der Muͤhe verlohnte, gehabt; im zehnten Jahre aber auf ganz ſandigem Boden 20 Centner Heu per Morgen gemacht. Wenn ſich der Boden erſt feſtgeſetzt hat und einiges Gras erzeuget, ſo koͤmmt man fruͤher zum Ziele, wenn man die Wieſe nicht maͤhet, ſondern ſie abweiden laͤßt, welches, wenn ſie zuvor trocken gelegt worden, auch mit der groͤßten Sicherheit mit Schaafen ge- ſchehen kann.
Weit ſchneller aber geht es mit der Befruchtung und Beraſung der abge- ſchwemmten Flaͤchen, wenn man ihr irgend einen Duͤnger giebt. Alle die duͤn- gende Materien, die man uͤberhaupt den Wieſen zukommen laͤßt, paſſen ſich auch hierzu, und vorzuͤglichen Nutzen hat man von einem ſchwachen Huͤrdenlager der Schaafe darauf verſpuͤrt. Ich weiß einen Fall, wo man ſich auch eines Huͤrden- lagers von Gaͤnſen dazu mit ſehr gutem Erfolge bediente. Die Natur giebt aber
Dritter Theil. E e
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Die Abſchwemmung oder Anlage der Schwemmwieſen.
§. 305.
Die Benarbung einer ſolchen geſchwemmten Flaͤche, beſonders aber des obe-
ren Theils, kann, wenn man ſie der Natur uͤberlaͤßt und nichts weiter dazu
thut, erſt langſam vor ſich gehen.
Benarbung
der neuen
Oberflaͤche.
Man kann in dem Falle in den erſten Jahren gar nicht oder doch nur ſehr
ſparſam und mit großer Vorſicht waͤſſern, weil das Waſſer die ganz unbenarbte
Erde wieder fortfuͤhren und Einriſſe machen wuͤrde. Man muß deshalb erſt ab-
warten, daß ſich nur einige auf ſolchem todten Boden wachſende Graͤſer und Kraͤu-
ter, waͤre es auch nur der Bocksbart, Aira canescens, erzeugt haben. So wie
man anfaͤngt, nachhaltig zu waͤſſern, erzeugen ſich zuerſt viele Mooſe und Flech-
ten mit wenigen untermiſchten anderen Pflanzen, und je ſtaͤrker ſich eine ſolche
Wieſe anfangs bemooſet, um deſto beſſer iſt es. Das Moos geht, wenn man
mit den anhaltenden Bewaͤſſerungen, die man der Beſchlammung wegen anfangs
gab, aufhoͤret, und nun mit der Waͤſſerung und Trockenlegung gehoͤrig wechſelt,
in Moder uͤber, und giebt nun denen ſich erzeugenden Graͤſern und Pflanzen Nah-
rung. So wie ſich ein dichterer Graswuchs erzeugt, wird das Moos voͤllig uͤber-
wunden. Man hat daher mehrentheils im fuͤnften Jahre nach der Schwemmung
— auch in ſolchen Faͤllen, wo zur Befruchtung der Wieſe weiter nichts ge-
than worden, als daß man mit der Bewaͤſſerung, ſobald es ohne Gefahr der Ein-
riſſe geſchehen konnte, anfing und ſie faſt ununterbrochen fortſetzte — ſchon eine
Heuernte, die ſich der Muͤhe verlohnte, gehabt; im zehnten Jahre aber auf ganz
ſandigem Boden 20 Centner Heu per Morgen gemacht. Wenn ſich der Boden
erſt feſtgeſetzt hat und einiges Gras erzeuget, ſo koͤmmt man fruͤher zum Ziele,
wenn man die Wieſe nicht maͤhet, ſondern ſie abweiden laͤßt, welches, wenn ſie
zuvor trocken gelegt worden, auch mit der groͤßten Sicherheit mit Schaafen ge-
ſchehen kann.
Weit ſchneller aber geht es mit der Befruchtung und Beraſung der abge-
ſchwemmten Flaͤchen, wenn man ihr irgend einen Duͤnger giebt. Alle die duͤn-
gende Materien, die man uͤberhaupt den Wieſen zukommen laͤßt, paſſen ſich auch
hierzu, und vorzuͤglichen Nutzen hat man von einem ſchwachen Huͤrdenlager der
Schaafe darauf verſpuͤrt. Ich weiß einen Fall, wo man ſich auch eines Huͤrden-
lagers von Gaͤnſen dazu mit ſehr gutem Erfolge bediente. Die Natur giebt aber
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/239>, abgerufen am 03.03.2025.
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