Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Mistdüngung.
Eier legenden Hühnern sich wieder verliert. Dieser Federviehmist äußert in einer
kleinen Masse, aber bei einer sorgfältigen Vertheilung eine vorzüglich treibende
Kraft, die aber minder bemerklich wird, wenn man diesen Mist klumpig unter
die Oberfläche bringt. Es scheint durchaus nöthig, um seine Wirkung gehörig
zu benutzen, daß man ihn, verkleinert und zertheilt, nur als Ueberstreuungsmittel
gebrauche.

§. 18.

Die menschlichen Excremente sind ein anerkannt wirksames Düngungsmit-Menschliche
Excremente

tel, und zeichnen sich in ihrer Grundmischung von den Excrementen der Haus-
thiere sehr merklich aus. Sie sind wahrscheinlich auch unter sich nach der mehr
animalischen oder mehr vegetabilischen Nahrung der Menschen verschieden.

Wo man ihren Gebrauch gehörig kennt, und den Ekel dagegen völlig über-
wunden hat, werden sie vor jeder andern Mistart geschätzt. Man ist so weit ge-
gangen zu behaupten, daß die Auswürfe eines jeden Menschen zureichend seyn
würden, so viele vegetabilische Nahrung zu erzeugen, als er zu seinem Lebensun-
terhalt bedürfte. Dies ist jedoch, wie sich leicht berechnen läßt, sehr übertrieben.
Daß aber eine sehr beträchtliche Production aus diesen Excrementen hervorgehen
kann, wenn man sie sammelte und gehörig behandelte, und daß dadurch in Europa
eine Million Menschen mehr ernährt werden können, hat keinen Zweifel. Bis
jetzt sind sie zum größten Theile ungenutzt von der Natur wieder zersetzt, oder durch
das Wasser dem Abgrunde des Meeres zugeführt worden. Dies rührt theils von
dem üblen Geruche, den sie anfangs verbreiten, von dem Ekel, welchen sie erre-
gen, und von einem daraus herstammenden Vorurtheile, daß sie den darauf ge-
wachsenen Pflanzen einen üblen Geschmack mittheilen, theils aber auch davon her,
daß man sie nicht gehörig behandelte, und sodann einen nachtheiligen, oder doch
einen der Mühe nicht entsprechenden Erfolg davon bemerkte.

Sie wirken nämlich ungemein stark und überreizend, wenn sie vor überstan-
dener Gährung in den Acker gebracht und nicht sehr sorgfältig vertheilet werden.
Man muß sie also als Mengedünger bereiten, am besten mit abgestochenen Rasen
in Haufen bringen, und diesen etwas gebrannten Kalk zusetzen. Hierdurch wird
ihre übermäßige Kraft gehörig vermindert, und in einer größeren Masse vertheilt,
ohne die kräftigen Stoffe verlohren gehen zu lassen. Dieser Mist verliert hier

Die Miſtduͤngung.
Eier legenden Huͤhnern ſich wieder verliert. Dieſer Federviehmiſt aͤußert in einer
kleinen Maſſe, aber bei einer ſorgfaͤltigen Vertheilung eine vorzuͤglich treibende
Kraft, die aber minder bemerklich wird, wenn man dieſen Miſt klumpig unter
die Oberflaͤche bringt. Es ſcheint durchaus noͤthig, um ſeine Wirkung gehoͤrig
zu benutzen, daß man ihn, verkleinert und zertheilt, nur als Ueberſtreuungsmittel
gebrauche.

§. 18.

Die menſchlichen Excremente ſind ein anerkannt wirkſames Duͤngungsmit-Menſchliche
Excremente

tel, und zeichnen ſich in ihrer Grundmiſchung von den Excrementen der Haus-
thiere ſehr merklich aus. Sie ſind wahrſcheinlich auch unter ſich nach der mehr
animaliſchen oder mehr vegetabiliſchen Nahrung der Menſchen verſchieden.

Wo man ihren Gebrauch gehoͤrig kennt, und den Ekel dagegen voͤllig uͤber-
wunden hat, werden ſie vor jeder andern Miſtart geſchaͤtzt. Man iſt ſo weit ge-
gangen zu behaupten, daß die Auswuͤrfe eines jeden Menſchen zureichend ſeyn
wuͤrden, ſo viele vegetabiliſche Nahrung zu erzeugen, als er zu ſeinem Lebensun-
terhalt beduͤrfte. Dies iſt jedoch, wie ſich leicht berechnen laͤßt, ſehr uͤbertrieben.
Daß aber eine ſehr betraͤchtliche Production aus dieſen Excrementen hervorgehen
kann, wenn man ſie ſammelte und gehoͤrig behandelte, und daß dadurch in Europa
eine Million Menſchen mehr ernaͤhrt werden koͤnnen, hat keinen Zweifel. Bis
jetzt ſind ſie zum groͤßten Theile ungenutzt von der Natur wieder zerſetzt, oder durch
das Waſſer dem Abgrunde des Meeres zugefuͤhrt worden. Dies ruͤhrt theils von
dem uͤblen Geruche, den ſie anfangs verbreiten, von dem Ekel, welchen ſie erre-
gen, und von einem daraus herſtammenden Vorurtheile, daß ſie den darauf ge-
wachſenen Pflanzen einen uͤblen Geſchmack mittheilen, theils aber auch davon her,
daß man ſie nicht gehoͤrig behandelte, und ſodann einen nachtheiligen, oder doch
einen der Muͤhe nicht entſprechenden Erfolg davon bemerkte.

Sie wirken naͤmlich ungemein ſtark und uͤberreizend, wenn ſie vor uͤberſtan-
dener Gaͤhrung in den Acker gebracht und nicht ſehr ſorgfaͤltig vertheilet werden.
Man muß ſie alſo als Mengeduͤnger bereiten, am beſten mit abgeſtochenen Raſen
in Haufen bringen, und dieſen etwas gebrannten Kalk zuſetzen. Hierdurch wird
ihre uͤbermaͤßige Kraft gehoͤrig vermindert, und in einer groͤßeren Maſſe vertheilt,
ohne die kraͤftigen Stoffe verlohren gehen zu laſſen. Dieſer Miſt verliert hier

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0231" n="183"/><fw place="top" type="header">Die Mi&#x017F;tdu&#x0364;ngung.</fw><lb/>
Eier legenden Hu&#x0364;hnern &#x017F;ich wieder verliert. Die&#x017F;er Federviehmi&#x017F;t a&#x0364;ußert in einer<lb/>
kleinen Ma&#x017F;&#x017F;e, aber bei einer &#x017F;orgfa&#x0364;ltigen Vertheilung eine vorzu&#x0364;glich treibende<lb/>
Kraft, die aber minder bemerklich wird, wenn man die&#x017F;en Mi&#x017F;t klumpig unter<lb/>
die Oberfla&#x0364;che bringt. Es &#x017F;cheint durchaus no&#x0364;thig, um &#x017F;eine Wirkung geho&#x0364;rig<lb/>
zu benutzen, daß man ihn, verkleinert und zertheilt, nur als Ueber&#x017F;treuungsmittel<lb/>
gebrauche.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 18.</head><lb/>
            <p>Die men&#x017F;chlichen Excremente &#x017F;ind ein anerkannt wirk&#x017F;ames Du&#x0364;ngungsmit-<note place="right">Men&#x017F;chliche<lb/>
Excremente</note><lb/>
tel, und zeichnen &#x017F;ich in ihrer Grundmi&#x017F;chung von den Excrementen der Haus-<lb/>
thiere &#x017F;ehr merklich aus. Sie &#x017F;ind wahr&#x017F;cheinlich auch unter &#x017F;ich nach der mehr<lb/>
animali&#x017F;chen oder mehr vegetabili&#x017F;chen Nahrung der Men&#x017F;chen ver&#x017F;chieden.</p><lb/>
            <p>Wo man ihren Gebrauch geho&#x0364;rig kennt, und den Ekel dagegen vo&#x0364;llig u&#x0364;ber-<lb/>
wunden hat, werden &#x017F;ie vor jeder andern Mi&#x017F;tart ge&#x017F;cha&#x0364;tzt. Man i&#x017F;t &#x017F;o weit ge-<lb/>
gangen zu behaupten, daß die Auswu&#x0364;rfe eines jeden Men&#x017F;chen zureichend &#x017F;eyn<lb/>
wu&#x0364;rden, &#x017F;o viele vegetabili&#x017F;che Nahrung zu erzeugen, als er zu &#x017F;einem Lebensun-<lb/>
terhalt bedu&#x0364;rfte. Dies i&#x017F;t jedoch, wie &#x017F;ich leicht berechnen la&#x0364;ßt, &#x017F;ehr u&#x0364;bertrieben.<lb/>
Daß aber eine &#x017F;ehr betra&#x0364;chtliche Production aus die&#x017F;en Excrementen hervorgehen<lb/>
kann, wenn man &#x017F;ie &#x017F;ammelte und geho&#x0364;rig behandelte, und daß dadurch in Europa<lb/>
eine Million Men&#x017F;chen mehr erna&#x0364;hrt werden ko&#x0364;nnen, hat keinen Zweifel. Bis<lb/>
jetzt &#x017F;ind &#x017F;ie zum gro&#x0364;ßten Theile ungenutzt von der Natur wieder zer&#x017F;etzt, oder durch<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er dem Abgrunde des Meeres zugefu&#x0364;hrt worden. Dies ru&#x0364;hrt theils von<lb/>
dem u&#x0364;blen Geruche, den &#x017F;ie anfangs verbreiten, von dem Ekel, welchen &#x017F;ie erre-<lb/>
gen, und von einem daraus her&#x017F;tammenden Vorurtheile, daß &#x017F;ie den darauf ge-<lb/>
wach&#x017F;enen Pflanzen einen u&#x0364;blen Ge&#x017F;chmack mittheilen, theils aber auch davon her,<lb/>
daß man &#x017F;ie nicht geho&#x0364;rig behandelte, und &#x017F;odann einen nachtheiligen, oder doch<lb/>
einen der Mu&#x0364;he nicht ent&#x017F;prechenden Erfolg davon bemerkte.</p><lb/>
            <p>Sie wirken na&#x0364;mlich ungemein &#x017F;tark und u&#x0364;berreizend, wenn &#x017F;ie vor u&#x0364;ber&#x017F;tan-<lb/>
dener Ga&#x0364;hrung in den Acker gebracht und nicht &#x017F;ehr &#x017F;orgfa&#x0364;ltig vertheilet werden.<lb/>
Man muß &#x017F;ie al&#x017F;o als Mengedu&#x0364;nger bereiten, am be&#x017F;ten mit abge&#x017F;tochenen Ra&#x017F;en<lb/>
in Haufen bringen, und die&#x017F;en etwas gebrannten Kalk zu&#x017F;etzen. Hierdurch wird<lb/>
ihre u&#x0364;berma&#x0364;ßige Kraft geho&#x0364;rig vermindert, und in einer gro&#x0364;ßeren Ma&#x017F;&#x017F;e vertheilt,<lb/>
ohne die kra&#x0364;ftigen Stoffe verlohren gehen zu la&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er Mi&#x017F;t verliert hier<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[183/0231] Die Miſtduͤngung. Eier legenden Huͤhnern ſich wieder verliert. Dieſer Federviehmiſt aͤußert in einer kleinen Maſſe, aber bei einer ſorgfaͤltigen Vertheilung eine vorzuͤglich treibende Kraft, die aber minder bemerklich wird, wenn man dieſen Miſt klumpig unter die Oberflaͤche bringt. Es ſcheint durchaus noͤthig, um ſeine Wirkung gehoͤrig zu benutzen, daß man ihn, verkleinert und zertheilt, nur als Ueberſtreuungsmittel gebrauche. §. 18. Die menſchlichen Excremente ſind ein anerkannt wirkſames Duͤngungsmit- tel, und zeichnen ſich in ihrer Grundmiſchung von den Excrementen der Haus- thiere ſehr merklich aus. Sie ſind wahrſcheinlich auch unter ſich nach der mehr animaliſchen oder mehr vegetabiliſchen Nahrung der Menſchen verſchieden. Menſchliche Excremente Wo man ihren Gebrauch gehoͤrig kennt, und den Ekel dagegen voͤllig uͤber- wunden hat, werden ſie vor jeder andern Miſtart geſchaͤtzt. Man iſt ſo weit ge- gangen zu behaupten, daß die Auswuͤrfe eines jeden Menſchen zureichend ſeyn wuͤrden, ſo viele vegetabiliſche Nahrung zu erzeugen, als er zu ſeinem Lebensun- terhalt beduͤrfte. Dies iſt jedoch, wie ſich leicht berechnen laͤßt, ſehr uͤbertrieben. Daß aber eine ſehr betraͤchtliche Production aus dieſen Excrementen hervorgehen kann, wenn man ſie ſammelte und gehoͤrig behandelte, und daß dadurch in Europa eine Million Menſchen mehr ernaͤhrt werden koͤnnen, hat keinen Zweifel. Bis jetzt ſind ſie zum groͤßten Theile ungenutzt von der Natur wieder zerſetzt, oder durch das Waſſer dem Abgrunde des Meeres zugefuͤhrt worden. Dies ruͤhrt theils von dem uͤblen Geruche, den ſie anfangs verbreiten, von dem Ekel, welchen ſie erre- gen, und von einem daraus herſtammenden Vorurtheile, daß ſie den darauf ge- wachſenen Pflanzen einen uͤblen Geſchmack mittheilen, theils aber auch davon her, daß man ſie nicht gehoͤrig behandelte, und ſodann einen nachtheiligen, oder doch einen der Muͤhe nicht entſprechenden Erfolg davon bemerkte. Sie wirken naͤmlich ungemein ſtark und uͤberreizend, wenn ſie vor uͤberſtan- dener Gaͤhrung in den Acker gebracht und nicht ſehr ſorgfaͤltig vertheilet werden. Man muß ſie alſo als Mengeduͤnger bereiten, am beſten mit abgeſtochenen Raſen in Haufen bringen, und dieſen etwas gebrannten Kalk zuſetzen. Hierdurch wird ihre uͤbermaͤßige Kraft gehoͤrig vermindert, und in einer groͤßeren Maſſe vertheilt, ohne die kraͤftigen Stoffe verlohren gehen zu laſſen. Dieſer Miſt verliert hier

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/231
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/231>, abgerufen am 03.12.2024.