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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Werthschätzung eines Landguts.
geringe, angeschlagen wird. Man wähnt so, wie in manchen Fällen, einen Fehler
durch den andern auszugleichen.

Der Käufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wiesen und von ihrer
obgleich nicht ohne Kosten zu bewerkstellenden Verbesserung hat, diese für sich nach
dem Nutzen, die sie ihm in seiner Wirthschaft bringen können, und nach dem ge-
wöhnlichen Heupreise der Gegend, den er am besten auf Getreide reduzirt, abschätzen.
Daß er Rücksicht nehme, ob die Wiesen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten
und andern Servituten unterworfen sey, auch ob er mit dem durchfließenden Wasser
frei oder nicht frei schalten und walten könne, versteht sich wohl von selbst.

§. 79.

Die Weiden hielt man für eben so unentbehrlich wie die Wiesen, bis man ent-Schätzung der
Weiden.

weder die Möglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechselnden Niederlegung
des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden seitdem allgemein geringer,
wie vormals geschätzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanschlägen werden
sie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranschlagt. Indessen ver-
dienen sie bei dem Kaufe eines Gutes besondere Rücksicht.

§. 80.

Die Weiden finden statt:

1) auf raumen oder mit Bäumen wenig besetzten Weideangern.

Sind sie hier privativ und uneingeschränkt, so ist der Grundwerth des Bodens
zu schätzen, da es nämlich dem Besitzer frei steht, ihn auch auf andere Weise zu
nutzen, in sofern die physische Beschaffenheit dieses erlaubt. Ist letzteres nicht der
Fall, indem z. B. häufige Ueberschwemmungen eine andere Benutzung zu unsicher
machen, so muß er sie nach der Nahrung, die sie einer gewissen Kopfzahl von Vieh
geben können, beurtheilen.

Häufiger aber findet es sich, daß solche Weideanger Kommungüter sind, und
jedem Eigenthümer eine bestimmte oder doch beschränkte Weideberechtigung darauf
zusteht. Hier muß der Werth dieser Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des
Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch
hat man nach den Ortsverhältnissen besondere Rücksicht darauf zu nehmen, ob eine
baldige Theilung zu bewirken steht, da dann solche durch ihre Unkultur schlecht be-

Werthſchaͤtzung eines Landguts.
geringe, angeſchlagen wird. Man waͤhnt ſo, wie in manchen Faͤllen, einen Fehler
durch den andern auszugleichen.

Der Kaͤufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wieſen und von ihrer
obgleich nicht ohne Koſten zu bewerkſtellenden Verbeſſerung hat, dieſe fuͤr ſich nach
dem Nutzen, die ſie ihm in ſeiner Wirthſchaft bringen koͤnnen, und nach dem ge-
woͤhnlichen Heupreiſe der Gegend, den er am beſten auf Getreide reduzirt, abſchaͤtzen.
Daß er Ruͤckſicht nehme, ob die Wieſen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten
und andern Servituten unterworfen ſey, auch ob er mit dem durchfließenden Waſſer
frei oder nicht frei ſchalten und walten koͤnne, verſteht ſich wohl von ſelbſt.

§. 79.

Die Weiden hielt man fuͤr eben ſo unentbehrlich wie die Wieſen, bis man ent-Schaͤtzung der
Weiden.

weder die Moͤglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechſelnden Niederlegung
des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden ſeitdem allgemein geringer,
wie vormals geſchaͤtzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanſchlaͤgen werden
ſie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranſchlagt. Indeſſen ver-
dienen ſie bei dem Kaufe eines Gutes beſondere Ruͤckſicht.

§. 80.

Die Weiden finden ſtatt:

1) auf raumen oder mit Baͤumen wenig beſetzten Weideangern.

Sind ſie hier privativ und uneingeſchraͤnkt, ſo iſt der Grundwerth des Bodens
zu ſchaͤtzen, da es naͤmlich dem Beſitzer frei ſteht, ihn auch auf andere Weiſe zu
nutzen, in ſofern die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes erlaubt. Iſt letzteres nicht der
Fall, indem z. B. haͤufige Ueberſchwemmungen eine andere Benutzung zu unſicher
machen, ſo muß er ſie nach der Nahrung, die ſie einer gewiſſen Kopfzahl von Vieh
geben koͤnnen, beurtheilen.

Haͤufiger aber findet es ſich, daß ſolche Weideanger Kommunguͤter ſind, und
jedem Eigenthuͤmer eine beſtimmte oder doch beſchraͤnkte Weideberechtigung darauf
zuſteht. Hier muß der Werth dieſer Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des
Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch
hat man nach den Ortsverhaͤltniſſen beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen, ob eine
baldige Theilung zu bewirken ſteht, da dann ſolche durch ihre Unkultur ſchlecht be-

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[45/0075] Werthſchaͤtzung eines Landguts. geringe, angeſchlagen wird. Man waͤhnt ſo, wie in manchen Faͤllen, einen Fehler durch den andern auszugleichen. Der Kaͤufer muß, nach der Kenntniß, die er von den Wieſen und von ihrer obgleich nicht ohne Koſten zu bewerkſtellenden Verbeſſerung hat, dieſe fuͤr ſich nach dem Nutzen, die ſie ihm in ſeiner Wirthſchaft bringen koͤnnen, und nach dem ge- woͤhnlichen Heupreiſe der Gegend, den er am beſten auf Getreide reduzirt, abſchaͤtzen. Daß er Ruͤckſicht nehme, ob die Wieſen privativ, oder dem Vor- und Nachhuten und andern Servituten unterworfen ſey, auch ob er mit dem durchfließenden Waſſer frei oder nicht frei ſchalten und walten koͤnne, verſteht ſich wohl von ſelbſt. §. 79. Die Weiden hielt man fuͤr eben ſo unentbehrlich wie die Wieſen, bis man ent- weder die Moͤglichkeit einer Stallfutterung, oder aber der wechſelnden Niederlegung des Ackerlandes zur Weide kennen lernte. Sie werden ſeitdem allgemein geringer, wie vormals geſchaͤtzt, jedoch darum nicht werthlos. Bei Kaufanſchlaͤgen werden ſie mehrentheils unter der Rubrik der Viehnutzung mit veranſchlagt. Indeſſen ver- dienen ſie bei dem Kaufe eines Gutes beſondere Ruͤckſicht. Schaͤtzung der Weiden. §. 80. Die Weiden finden ſtatt: 1) auf raumen oder mit Baͤumen wenig beſetzten Weideangern. Sind ſie hier privativ und uneingeſchraͤnkt, ſo iſt der Grundwerth des Bodens zu ſchaͤtzen, da es naͤmlich dem Beſitzer frei ſteht, ihn auch auf andere Weiſe zu nutzen, in ſofern die phyſiſche Beſchaffenheit dieſes erlaubt. Iſt letzteres nicht der Fall, indem z. B. haͤufige Ueberſchwemmungen eine andere Benutzung zu unſicher machen, ſo muß er ſie nach der Nahrung, die ſie einer gewiſſen Kopfzahl von Vieh geben koͤnnen, beurtheilen. Haͤufiger aber findet es ſich, daß ſolche Weideanger Kommunguͤter ſind, und jedem Eigenthuͤmer eine beſtimmte oder doch beſchraͤnkte Weideberechtigung darauf zuſteht. Hier muß der Werth dieſer Berechtigung ebenfalls nach der Kopfzahl des Viehes und dem effektiven Nutzen, den es davon hat, beurtheilt werden. Jedoch hat man nach den Ortsverhaͤltniſſen beſondere Ruͤckſicht darauf zu nehmen, ob eine baldige Theilung zu bewirken ſteht, da dann ſolche durch ihre Unkultur ſchlecht be-

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/75>, abgerufen am 22.12.2024.