zum Fruchttragen. Dagegen wird nun der abgetragene jedoch von rechtswegen nicht erschöpfte Acker niedergelegt, um dem Viehe Nahrung zu geben, und neue Kräfte durch Graswuchs und Weidedünger zu erlangen.
Es ist in vielen Fällen an sich schon unrichtig, daß diese Wirthschaft gegen die Dreifelderwirthschaft ihre Einsaat beschränke. Es giebt der Fälle viele, wo diese beim Uebertritt in die Koppelwirthschaft vermehrt worden ist, indem das vormalige, zur Erhaltung des Viehes unentbehrliche Weideland, insbesondere der verödete und nur noch mit einzelnen struppigen Bäumen besetzte Forstgrund zu den Ackerschlägen genommen ward, oft mit großem Gewinn für die Holzkultur selbst.
Durch die reichere und kultivirte Weide aber ist sie nun im Stande, so viel meh- reres Vieh zu halten, und es besser und mit größerer Sicherheit zu ernähren. Neben der höhern Benutzung desselben gewinnet sie nun den zureichenden Dünger, und der Acker erhält selbst den auf der Weide fallenden, der bei der Felderwirthschaft so gut wie ganz verloren ist, für den Fruchtbau. Da nun der Ertrag der Körner so ganz von der im Acker befindlichen Kraft abhängt, so wird dieser von derselben Einsaat so beträchtlich vermehrt, daß in den meisten Fällen, auch bei wirklich verminderter Ein- saat, solcher eher vergrößert als herabgesetzt wird. Man hat es deshalb fast allge- mein zugeben müssen, daß ein im Wechsel liegender Acker, bei gleicher Düngung und Fruchtfolge, nach der Ruhe ein Korn mehr Ertrag gebe, welches als reiner Ge- winn von großer Bedeutung ist.
Dazu kommt nun aber die höhere Benutzung, welche sie aus dem Viehe zieht, indem sie diesem den ganzen Sommer hindurch eine zureichende und sich mehr gleich- bleibende Weide geben, und fast in jedem Falle wegen des größern Umfanges oder wegen der größern Kraft derselben weit mehreres Vieh halten kann. Die allge- mein zugestandene höhere Nutzung des Viehes kann also, wenn der Körnerer- trag sich auch nur gleich bliebe, immer als Vortheil dieser Wirthschaftsart gegen die Felderwirthschaft betrachtet werden.
§. 327.
Das Verhältniß, nach welchem der Acker zwischen Fruchtbau und Weide wech- selt, ist nun bei diesen Wirthschaften sehr verschieden, und aus diesem verschiedenen
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Die Koppelwirthſchaft.
zum Fruchttragen. Dagegen wird nun der abgetragene jedoch von rechtswegen nicht erſchoͤpfte Acker niedergelegt, um dem Viehe Nahrung zu geben, und neue Kraͤfte durch Graswuchs und Weideduͤnger zu erlangen.
Es iſt in vielen Faͤllen an ſich ſchon unrichtig, daß dieſe Wirthſchaft gegen die Dreifelderwirthſchaft ihre Einſaat beſchraͤnke. Es giebt der Faͤlle viele, wo dieſe beim Uebertritt in die Koppelwirthſchaft vermehrt worden iſt, indem das vormalige, zur Erhaltung des Viehes unentbehrliche Weideland, insbeſondere der veroͤdete und nur noch mit einzelnen ſtruppigen Baͤumen beſetzte Forſtgrund zu den Ackerſchlaͤgen genommen ward, oft mit großem Gewinn fuͤr die Holzkultur ſelbſt.
Durch die reichere und kultivirte Weide aber iſt ſie nun im Stande, ſo viel meh- reres Vieh zu halten, und es beſſer und mit groͤßerer Sicherheit zu ernaͤhren. Neben der hoͤhern Benutzung deſſelben gewinnet ſie nun den zureichenden Duͤnger, und der Acker erhaͤlt ſelbſt den auf der Weide fallenden, der bei der Felderwirthſchaft ſo gut wie ganz verloren iſt, fuͤr den Fruchtbau. Da nun der Ertrag der Koͤrner ſo ganz von der im Acker befindlichen Kraft abhaͤngt, ſo wird dieſer von derſelben Einſaat ſo betraͤchtlich vermehrt, daß in den meiſten Faͤllen, auch bei wirklich verminderter Ein- ſaat, ſolcher eher vergroͤßert als herabgeſetzt wird. Man hat es deshalb faſt allge- mein zugeben muͤſſen, daß ein im Wechſel liegender Acker, bei gleicher Duͤngung und Fruchtfolge, nach der Ruhe ein Korn mehr Ertrag gebe, welches als reiner Ge- winn von großer Bedeutung iſt.
Dazu kommt nun aber die hoͤhere Benutzung, welche ſie aus dem Viehe zieht, indem ſie dieſem den ganzen Sommer hindurch eine zureichende und ſich mehr gleich- bleibende Weide geben, und faſt in jedem Falle wegen des groͤßern Umfanges oder wegen der groͤßern Kraft derſelben weit mehreres Vieh halten kann. Die allge- mein zugeſtandene hoͤhere Nutzung des Viehes kann alſo, wenn der Koͤrnerer- trag ſich auch nur gleich bliebe, immer als Vortheil dieſer Wirthſchaftsart gegen die Felderwirthſchaft betrachtet werden.
§. 327.
Das Verhaͤltniß, nach welchem der Acker zwiſchen Fruchtbau und Weide wech- ſelt, iſt nun bei dieſen Wirthſchaften ſehr verſchieden, und aus dieſem verſchiedenen
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Die Koppelwirthſchaft.
zum Fruchttragen. Dagegen wird nun der abgetragene jedoch von rechtswegen nicht
erſchoͤpfte Acker niedergelegt, um dem Viehe Nahrung zu geben, und neue Kraͤfte
durch Graswuchs und Weideduͤnger zu erlangen.
Es iſt in vielen Faͤllen an ſich ſchon unrichtig, daß dieſe Wirthſchaft gegen die
Dreifelderwirthſchaft ihre Einſaat beſchraͤnke. Es giebt der Faͤlle viele, wo dieſe
beim Uebertritt in die Koppelwirthſchaft vermehrt worden iſt, indem das vormalige,
zur Erhaltung des Viehes unentbehrliche Weideland, insbeſondere der veroͤdete und
nur noch mit einzelnen ſtruppigen Baͤumen beſetzte Forſtgrund zu den Ackerſchlaͤgen
genommen ward, oft mit großem Gewinn fuͤr die Holzkultur ſelbſt.
Durch die reichere und kultivirte Weide aber iſt ſie nun im Stande, ſo viel meh-
reres Vieh zu halten, und es beſſer und mit groͤßerer Sicherheit zu ernaͤhren. Neben
der hoͤhern Benutzung deſſelben gewinnet ſie nun den zureichenden Duͤnger, und der
Acker erhaͤlt ſelbſt den auf der Weide fallenden, der bei der Felderwirthſchaft ſo gut
wie ganz verloren iſt, fuͤr den Fruchtbau. Da nun der Ertrag der Koͤrner ſo ganz
von der im Acker befindlichen Kraft abhaͤngt, ſo wird dieſer von derſelben Einſaat ſo
betraͤchtlich vermehrt, daß in den meiſten Faͤllen, auch bei wirklich verminderter Ein-
ſaat, ſolcher eher vergroͤßert als herabgeſetzt wird. Man hat es deshalb faſt allge-
mein zugeben muͤſſen, daß ein im Wechſel liegender Acker, bei gleicher Duͤngung
und Fruchtfolge, nach der Ruhe ein Korn mehr Ertrag gebe, welches als reiner Ge-
winn von großer Bedeutung iſt.
Dazu kommt nun aber die hoͤhere Benutzung, welche ſie aus dem Viehe zieht,
indem ſie dieſem den ganzen Sommer hindurch eine zureichende und ſich mehr gleich-
bleibende Weide geben, und faſt in jedem Falle wegen des groͤßern Umfanges oder
wegen der groͤßern Kraft derſelben weit mehreres Vieh halten kann. Die allge-
mein zugeſtandene hoͤhere Nutzung des Viehes kann alſo, wenn der Koͤrnerer-
trag ſich auch nur gleich bliebe, immer als Vortheil dieſer Wirthſchaftsart gegen
die Felderwirthſchaft betrachtet werden.
§. 327.
Das Verhaͤltniß, nach welchem der Acker zwiſchen Fruchtbau und Weide wech-
ſelt, iſt nun bei dieſen Wirthſchaften ſehr verſchieden, und aus dieſem verſchiedenen
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/361>, abgerufen am 22.02.2025.
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