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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Handarbeiten.

Für das Gesinde spricht die größere Anhänglichkeit, Theilnahme und Treue,
welche man von ihnen als Mitgliedern der Familie allenthalben erwarten sollte (aber
freilich nicht immer antrifft), die Sicherheit, mit welcher man bei unaufschieblichen
und täglich fortlaufenden Arbeiten auf sie rechnen kann, die nähere Aufsicht, unter
welcher sie stehen, die Abhängigkeit und der Gehorsam, welchen man von ihnen zu
fordern berechtigt ist, ihre Verantwortlichkeit für die ihnen besonders anvertrauten
Geschäfte.

Tage- und Stückarbeiter erfordern dagegen weniger Vorsorge, können angenom-
men und sogleich wieder verabschiedet werden, wenn man will, und wie es die Arbeit
und ihr Fleiß mit sich bringt. Ihre Betriebsamkeit ist größer, da sie für sich selbst
und ihre Familie sorgen müssen, und bei schlechter Arbeit sogleich außer allem Ver-
dienst gesetzt zu werden besorgen müssen.

Dazu kommt, daß bei den meisten Ortsverhältnissen die Kosten des Gesindes
oder seiner Arbeit bei weitem höher zu stehen kommen, wie die eines Tagelöhners.
Man kann sie im Durchschnitt um die Hälfte höher annehmen, wenn man auch wirk-
lich auf die verrichtete Arbeit, nicht auf die verwandte Zeit Rücksicht nimmt. Vom
Zwangsgesinde kann hier nicht die Rede seyn, indem dieses oder seine Familie einen
Theil seines Lohns schon in dem eingegebenen Baueracker erhält.

§. 192.

Personal des
Gesindes.
Gesinde wird deshalb gewöhnlich nur zu denen Arbeiten gehalten, die ununter-
brochen fortgehen und eine beständige Aufmerksamkeit erfordern. Von denen bei den
Pferden zu haltenden Knechten ist im §. 181. geredet, und die Anzahl und Einrichtung
der Gespanne bestimmt die Anzahl derselben. Zu den Ochsenarbeiten werden nur in
einigen Wirthschaften Knechte gehalten, sonst nur auf 24 bis 30 Ochsen ein Hirte,
und wenn mehrere sind, ein Junge daneben.

Ein Kuhhirte reicht auf 50 bis 60 Stück Kühe nicht nur auf der Weide --
wo er allenfalls mit Hülse eines guten Hundes 200 Stück in Ordnung halten kann --
sondern auch im Stalle zu, wenn er bei dem Häckselschneiden im Winter einige Hülfe
hat, im Sommer aber das grüne Futter gemäht und zugefahren wird.

Nicht bloß von der Zahl, sondern auch von der Milchergiebigkeit der Kühe
hängt die Zahl der Hofmägde ab, welche außer dem Melken die sämmtlichen Ar-
beiten in der Molkerei und überdem die im Hause und im Garten beschaffen und so

Handarbeiten.

Fuͤr das Geſinde ſpricht die groͤßere Anhaͤnglichkeit, Theilnahme und Treue,
welche man von ihnen als Mitgliedern der Familie allenthalben erwarten ſollte (aber
freilich nicht immer antrifft), die Sicherheit, mit welcher man bei unaufſchieblichen
und taͤglich fortlaufenden Arbeiten auf ſie rechnen kann, die naͤhere Aufſicht, unter
welcher ſie ſtehen, die Abhaͤngigkeit und der Gehorſam, welchen man von ihnen zu
fordern berechtigt iſt, ihre Verantwortlichkeit fuͤr die ihnen beſonders anvertrauten
Geſchaͤfte.

Tage- und Stuͤckarbeiter erfordern dagegen weniger Vorſorge, koͤnnen angenom-
men und ſogleich wieder verabſchiedet werden, wenn man will, und wie es die Arbeit
und ihr Fleiß mit ſich bringt. Ihre Betriebſamkeit iſt groͤßer, da ſie fuͤr ſich ſelbſt
und ihre Familie ſorgen muͤſſen, und bei ſchlechter Arbeit ſogleich außer allem Ver-
dienſt geſetzt zu werden beſorgen muͤſſen.

Dazu kommt, daß bei den meiſten Ortsverhaͤltniſſen die Koſten des Geſindes
oder ſeiner Arbeit bei weitem hoͤher zu ſtehen kommen, wie die eines Tageloͤhners.
Man kann ſie im Durchſchnitt um die Haͤlfte hoͤher annehmen, wenn man auch wirk-
lich auf die verrichtete Arbeit, nicht auf die verwandte Zeit Ruͤckſicht nimmt. Vom
Zwangsgeſinde kann hier nicht die Rede ſeyn, indem dieſes oder ſeine Familie einen
Theil ſeines Lohns ſchon in dem eingegebenen Baueracker erhaͤlt.

§. 192.

Perſonal des
Geſindes.
Geſinde wird deshalb gewoͤhnlich nur zu denen Arbeiten gehalten, die ununter-
brochen fortgehen und eine beſtaͤndige Aufmerkſamkeit erfordern. Von denen bei den
Pferden zu haltenden Knechten iſt im §. 181. geredet, und die Anzahl und Einrichtung
der Geſpanne beſtimmt die Anzahl derſelben. Zu den Ochſenarbeiten werden nur in
einigen Wirthſchaften Knechte gehalten, ſonſt nur auf 24 bis 30 Ochſen ein Hirte,
und wenn mehrere ſind, ein Junge daneben.

Ein Kuhhirte reicht auf 50 bis 60 Stuͤck Kuͤhe nicht nur auf der Weide —
wo er allenfalls mit Huͤlſe eines guten Hundes 200 Stuͤck in Ordnung halten kann —
ſondern auch im Stalle zu, wenn er bei dem Haͤckſelſchneiden im Winter einige Huͤlfe
hat, im Sommer aber das gruͤne Futter gemaͤht und zugefahren wird.

Nicht bloß von der Zahl, ſondern auch von der Milchergiebigkeit der Kuͤhe
haͤngt die Zahl der Hofmaͤgde ab, welche außer dem Melken die ſaͤmmtlichen Ar-
beiten in der Molkerei und uͤberdem die im Hauſe und im Garten beſchaffen und ſo

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[142/0172] Handarbeiten. Fuͤr das Geſinde ſpricht die groͤßere Anhaͤnglichkeit, Theilnahme und Treue, welche man von ihnen als Mitgliedern der Familie allenthalben erwarten ſollte (aber freilich nicht immer antrifft), die Sicherheit, mit welcher man bei unaufſchieblichen und taͤglich fortlaufenden Arbeiten auf ſie rechnen kann, die naͤhere Aufſicht, unter welcher ſie ſtehen, die Abhaͤngigkeit und der Gehorſam, welchen man von ihnen zu fordern berechtigt iſt, ihre Verantwortlichkeit fuͤr die ihnen beſonders anvertrauten Geſchaͤfte. Tage- und Stuͤckarbeiter erfordern dagegen weniger Vorſorge, koͤnnen angenom- men und ſogleich wieder verabſchiedet werden, wenn man will, und wie es die Arbeit und ihr Fleiß mit ſich bringt. Ihre Betriebſamkeit iſt groͤßer, da ſie fuͤr ſich ſelbſt und ihre Familie ſorgen muͤſſen, und bei ſchlechter Arbeit ſogleich außer allem Ver- dienſt geſetzt zu werden beſorgen muͤſſen. Dazu kommt, daß bei den meiſten Ortsverhaͤltniſſen die Koſten des Geſindes oder ſeiner Arbeit bei weitem hoͤher zu ſtehen kommen, wie die eines Tageloͤhners. Man kann ſie im Durchſchnitt um die Haͤlfte hoͤher annehmen, wenn man auch wirk- lich auf die verrichtete Arbeit, nicht auf die verwandte Zeit Ruͤckſicht nimmt. Vom Zwangsgeſinde kann hier nicht die Rede ſeyn, indem dieſes oder ſeine Familie einen Theil ſeines Lohns ſchon in dem eingegebenen Baueracker erhaͤlt. §. 192. Geſinde wird deshalb gewoͤhnlich nur zu denen Arbeiten gehalten, die ununter- brochen fortgehen und eine beſtaͤndige Aufmerkſamkeit erfordern. Von denen bei den Pferden zu haltenden Knechten iſt im §. 181. geredet, und die Anzahl und Einrichtung der Geſpanne beſtimmt die Anzahl derſelben. Zu den Ochſenarbeiten werden nur in einigen Wirthſchaften Knechte gehalten, ſonſt nur auf 24 bis 30 Ochſen ein Hirte, und wenn mehrere ſind, ein Junge daneben. Perſonal des Geſindes. Ein Kuhhirte reicht auf 50 bis 60 Stuͤck Kuͤhe nicht nur auf der Weide — wo er allenfalls mit Huͤlſe eines guten Hundes 200 Stuͤck in Ordnung halten kann — ſondern auch im Stalle zu, wenn er bei dem Haͤckſelſchneiden im Winter einige Huͤlfe hat, im Sommer aber das gruͤne Futter gemaͤht und zugefahren wird. Nicht bloß von der Zahl, ſondern auch von der Milchergiebigkeit der Kuͤhe haͤngt die Zahl der Hofmaͤgde ab, welche außer dem Melken die ſaͤmmtlichen Ar- beiten in der Molkerei und uͤberdem die im Hauſe und im Garten beſchaffen und ſo

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/172>, abgerufen am 22.12.2024.