sieht er als einen zufälligen äußerlichen Grund an (ac- cessorium accidentale;) die Struktur der Gefäße, die blasenartige Struktur derselben in den Pflanzen, und der Mechanismus des reizbaren Herzens und der Puls- adern, mit der davon abhangenden Bewegung der flüs- sigen Theile in den Thieren, wird als ein hinzukom- mender doch wesentlicher Bildungsgrund betrach- tet. Aber so wesentlich dieser letztere auch ist, so soll solcher doch selbst nichts weiter als eine Folge von jenen erstern seyn. Denn die wesentliche Kraft in dem Keim und die Beschaffenheit der Säfte, die ihm zugeführet werden, machen die bestimmende Grundkraft aus, wo- von in den Pflanzen das blasige Wesen, und in den Thieren der erste Mechanismus hervorgebracht wird.
5.
Ueber die Ordnung der Bildungsgründe, die Hr. Wolf hier annimmt, läßt sich, wie ich meine, eine wohlgegründete Erinnerung machen, ehe man sich auf die Beobachtungen einlassen darf, da die Sache noch mehr und fast allein auf Raisonnement beruhet. Es mag die Beschaffenheit der Nahrungssäfte so vieles von dem gesammten Bildungsgrunde ausmachen, und so vielen Einfluß in die Form des zu bildenden Körpers haben, als man wolle: so ist es doch nicht nur natürli- cher sich vorzustellen, daß die schickliche Vertheilung der Säfte von einer vorherbestimmten Struktur des Keims abhange, als die erste Struktur von der Ver- theilung der Säfte herzuleiten; sondern es ist jenes auch nothwendig. Die Beobachtungen, so ferne sie etwas entscheiden, sind für das erstere, und die Vernunftgrün- de sind ganz dafür; dafür nämlich, daß die Vorherbil- dung des Keims, das ist eine gewisse Organisation in demselben, oder eine Lage seiner Theile unter einander der
Grund
XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
ſieht er als einen zufaͤlligen aͤußerlichen Grund an (ac- ceſſorium accidentale;) die Struktur der Gefaͤße, die blaſenartige Struktur derſelben in den Pflanzen, und der Mechanismus des reizbaren Herzens und der Puls- adern, mit der davon abhangenden Bewegung der fluͤſ- ſigen Theile in den Thieren, wird als ein hinzukom- mender doch weſentlicher Bildungsgrund betrach- tet. Aber ſo weſentlich dieſer letztere auch iſt, ſo ſoll ſolcher doch ſelbſt nichts weiter als eine Folge von jenen erſtern ſeyn. Denn die weſentliche Kraft in dem Keim und die Beſchaffenheit der Saͤfte, die ihm zugefuͤhret werden, machen die beſtimmende Grundkraft aus, wo- von in den Pflanzen das blaſige Weſen, und in den Thieren der erſte Mechanismus hervorgebracht wird.
5.
Ueber die Ordnung der Bildungsgruͤnde, die Hr. Wolf hier annimmt, laͤßt ſich, wie ich meine, eine wohlgegruͤndete Erinnerung machen, ehe man ſich auf die Beobachtungen einlaſſen darf, da die Sache noch mehr und faſt allein auf Raiſonnement beruhet. Es mag die Beſchaffenheit der Nahrungsſaͤfte ſo vieles von dem geſammten Bildungsgrunde ausmachen, und ſo vielen Einfluß in die Form des zu bildenden Koͤrpers haben, als man wolle: ſo iſt es doch nicht nur natuͤrli- cher ſich vorzuſtellen, daß die ſchickliche Vertheilung der Saͤfte von einer vorherbeſtimmten Struktur des Keims abhange, als die erſte Struktur von der Ver- theilung der Saͤfte herzuleiten; ſondern es iſt jenes auch nothwendig. Die Beobachtungen, ſo ferne ſie etwas entſcheiden, ſind fuͤr das erſtere, und die Vernunftgruͤn- de ſind ganz dafuͤr; dafuͤr naͤmlich, daß die Vorherbil- dung des Keims, das iſt eine gewiſſe Organiſation in demſelben, oder eine Lage ſeiner Theile unter einander der
Grund
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XIV. Verſ. Ueber die Perfektibilitaͤt
ſieht er als einen zufaͤlligen aͤußerlichen Grund an (ac-
ceſſorium accidentale;) die Struktur der Gefaͤße, die
blaſenartige Struktur derſelben in den Pflanzen, und
der Mechanismus des reizbaren Herzens und der Puls-
adern, mit der davon abhangenden Bewegung der fluͤſ-
ſigen Theile in den Thieren, wird als ein hinzukom-
mender doch weſentlicher Bildungsgrund betrach-
tet. Aber ſo weſentlich dieſer letztere auch iſt, ſo ſoll
ſolcher doch ſelbſt nichts weiter als eine Folge von jenen
erſtern ſeyn. Denn die weſentliche Kraft in dem Keim
und die Beſchaffenheit der Saͤfte, die ihm zugefuͤhret
werden, machen die beſtimmende Grundkraft aus, wo-
von in den Pflanzen das blaſige Weſen, und in den
Thieren der erſte Mechanismus hervorgebracht wird.
5.
Ueber die Ordnung der Bildungsgruͤnde, die Hr.
Wolf hier annimmt, laͤßt ſich, wie ich meine, eine
wohlgegruͤndete Erinnerung machen, ehe man ſich auf
die Beobachtungen einlaſſen darf, da die Sache noch
mehr und faſt allein auf Raiſonnement beruhet. Es
mag die Beſchaffenheit der Nahrungsſaͤfte ſo vieles von
dem geſammten Bildungsgrunde ausmachen, und ſo
vielen Einfluß in die Form des zu bildenden Koͤrpers
haben, als man wolle: ſo iſt es doch nicht nur natuͤrli-
cher ſich vorzuſtellen, daß die ſchickliche Vertheilung der
Saͤfte von einer vorherbeſtimmten Struktur des
Keims abhange, als die erſte Struktur von der Ver-
theilung der Saͤfte herzuleiten; ſondern es iſt jenes auch
nothwendig. Die Beobachtungen, ſo ferne ſie etwas
entſcheiden, ſind fuͤr das erſtere, und die Vernunftgruͤn-
de ſind ganz dafuͤr; dafuͤr naͤmlich, daß die Vorherbil-
dung des Keims, das iſt eine gewiſſe Organiſation in
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/490>, abgerufen am 22.12.2024.
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