ser Aktion sogar gänzlich mangele. Wenn dieß letztere nun zwar ein sehr seltener Fall ist, so ist es dagegen desto gewöhnlicher, daß nur matte Vorstellungen von der Hand- lung damit verbunden sind.
Es ist natürlich, wenn die Seelenkraft stärker auf die Bemerkung der äußerlichen Wirkungen gerichtet ist, so wird sie desto weniger mit der Nachmachung der in- nern Aktionen selbst beschäftiget seyn können, und umge- kehrt. Wer lebhaft schildert, beweiset, daß seine Seele in der ersten Richtung, als Beobachtungsgeist am thä- tigsten gewesen sey; und desto minder ist sie es in der letz- tern gewesen, als wirksamen, bestrebenden, handelnden Kraft. Auf diese Art werden die Tugenden erzeugt, die nur Kinder der Phantasie sind. Sie sind selten ohne einige Wallungen des Herzens, und ohne Empfin- dungen, die sie begleiten; aber sie sind nicht die starken Fertigkeiten in der Thätigkeitskraft, sondern vielmehr Fertigkeiten, es bey den ersten halben schwachen Anfängen der Aktionen bewenden zu lassen, und die Seelenkraft mehr auf die Reproduktionen der Aeußern Wirkungen hinzulenken. Daher das Uebertriebene von dieser Seite, das Heftige, das Zudringende, welches nur einige lei- dentliche Empfindungen bey andern hervorbringet, und weniger thätige Entschlüsse und starke Ausübungen be- fördert. Dagegen sieht man, daß der, welcher aus dem Gefühl eigener innerer Fertigkeit redet, weniger die Außenseite der Aktion vor Augen zu legen suchet, und wenn er es thut, so thut, daß er in und durch diese auf die unausdrückliche innere Aktion hinweiset. Dieß ist das Gepräge der Meister in der Kunst, das sie ihren praktischen Vorschriften aufdrucken.
2.
Die zwote Frage: Worinnen bestehet das Wesentliche einer Fertigkeit, die innere Stärke,
die
der Vorſtellungskraft ⁊c.
ſer Aktion ſogar gaͤnzlich mangele. Wenn dieß letztere nun zwar ein ſehr ſeltener Fall iſt, ſo iſt es dagegen deſto gewoͤhnlicher, daß nur matte Vorſtellungen von der Hand- lung damit verbunden ſind.
Es iſt natuͤrlich, wenn die Seelenkraft ſtaͤrker auf die Bemerkung der aͤußerlichen Wirkungen gerichtet iſt, ſo wird ſie deſto weniger mit der Nachmachung der in- nern Aktionen ſelbſt beſchaͤftiget ſeyn koͤnnen, und umge- kehrt. Wer lebhaft ſchildert, beweiſet, daß ſeine Seele in der erſten Richtung, als Beobachtungsgeiſt am thaͤ- tigſten geweſen ſey; und deſto minder iſt ſie es in der letz- tern geweſen, als wirkſamen, beſtrebenden, handelnden Kraft. Auf dieſe Art werden die Tugenden erzeugt, die nur Kinder der Phantaſie ſind. Sie ſind ſelten ohne einige Wallungen des Herzens, und ohne Empfin- dungen, die ſie begleiten; aber ſie ſind nicht die ſtarken Fertigkeiten in der Thaͤtigkeitskraft, ſondern vielmehr Fertigkeiten, es bey den erſten halben ſchwachen Anfaͤngen der Aktionen bewenden zu laſſen, und die Seelenkraft mehr auf die Reproduktionen der Aeußern Wirkungen hinzulenken. Daher das Uebertriebene von dieſer Seite, das Heftige, das Zudringende, welches nur einige lei- dentliche Empfindungen bey andern hervorbringet, und weniger thaͤtige Entſchluͤſſe und ſtarke Ausuͤbungen be- foͤrdert. Dagegen ſieht man, daß der, welcher aus dem Gefuͤhl eigener innerer Fertigkeit redet, weniger die Außenſeite der Aktion vor Augen zu legen ſuchet, und wenn er es thut, ſo thut, daß er in und durch dieſe auf die unausdruͤckliche innere Aktion hinweiſet. Dieß iſt das Gepraͤge der Meiſter in der Kunſt, das ſie ihren praktiſchen Vorſchriften aufdrucken.
2.
Die zwote Frage: Worinnen beſtehet das Weſentliche einer Fertigkeit, die innere Staͤrke,
die
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
ſer Aktion ſogar gaͤnzlich mangele. Wenn dieß letztere
nun zwar ein ſehr ſeltener Fall iſt, ſo iſt es dagegen deſto
gewoͤhnlicher, daß nur matte Vorſtellungen von der Hand-
lung damit verbunden ſind.
Es iſt natuͤrlich, wenn die Seelenkraft ſtaͤrker auf
die Bemerkung der aͤußerlichen Wirkungen gerichtet iſt,
ſo wird ſie deſto weniger mit der Nachmachung der in-
nern Aktionen ſelbſt beſchaͤftiget ſeyn koͤnnen, und umge-
kehrt. Wer lebhaft ſchildert, beweiſet, daß ſeine Seele
in der erſten Richtung, als Beobachtungsgeiſt am thaͤ-
tigſten geweſen ſey; und deſto minder iſt ſie es in der letz-
tern geweſen, als wirkſamen, beſtrebenden, handelnden
Kraft. Auf dieſe Art werden die Tugenden erzeugt,
die nur Kinder der Phantaſie ſind. Sie ſind ſelten
ohne einige Wallungen des Herzens, und ohne Empfin-
dungen, die ſie begleiten; aber ſie ſind nicht die ſtarken
Fertigkeiten in der Thaͤtigkeitskraft, ſondern vielmehr
Fertigkeiten, es bey den erſten halben ſchwachen Anfaͤngen
der Aktionen bewenden zu laſſen, und die Seelenkraft
mehr auf die Reproduktionen der Aeußern Wirkungen
hinzulenken. Daher das Uebertriebene von dieſer Seite,
das Heftige, das Zudringende, welches nur einige lei-
dentliche Empfindungen bey andern hervorbringet, und
weniger thaͤtige Entſchluͤſſe und ſtarke Ausuͤbungen be-
foͤrdert. Dagegen ſieht man, daß der, welcher aus
dem Gefuͤhl eigener innerer Fertigkeit redet, weniger die
Außenſeite der Aktion vor Augen zu legen ſuchet, und
wenn er es thut, ſo thut, daß er in und durch dieſe auf
die unausdruͤckliche innere Aktion hinweiſet. Dieß iſt
das Gepraͤge der Meiſter in der Kunſt, das ſie ihren
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2.
Die zwote Frage: Worinnen beſtehet das
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 653. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/713>, abgerufen am 21.12.2024.
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