Die nachstehenden Versuche betreffen die Wirkungen des menschlichen Verstan- des, seine Denkgesetze und seine Grundvermögen; ferner die thätige Willenskraft, den Grund- charakter der Menschheit, die Freyheit, die Natur der Seele, und ihre Entwickelung. Dieß sind ohne Zweifel die wesentlichsten Punkte in unserer Natur. Jch verehre die großen Män- ner, die ihren Scharfsinn auf diese Gegenstände schon verwendet haben, und ich habe gesucht, ihre Bemühungen zu nutzen. Aber ich meine nicht, daß daraus ein Vorurtheil gegen die meinigen, wenn sie auch jener ihren nicht gleichen, entstehen werde. Die Menschheit ist noch lange eine Gru- be, aus der sich jeder Forscher eine gute Ausbeute versprechen kann, und ich möchte hinzusetzen, auch dann sogar, wenn er nur die schon oft bearbeiteten Gänge von neuem vornimmt. Denn auch bey den angelegentlichsten Wahrheiten, über welche schon einiges Licht verbreitet ist, fehlet noch hie und da sehr viel an der völligen Evidenz, die alle vernünftige Zweifel ausschließt.
Was die Methode betrifft, deren ich mich bedient habe, so halte ichs für nöthig, darüber zum
voraus
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Vorrede.
Die nachſtehenden Verſuche betreffen die Wirkungen des menſchlichen Verſtan- des, ſeine Denkgeſetze und ſeine Grundvermoͤgen; ferner die thaͤtige Willenskraft, den Grund- charakter der Menſchheit, die Freyheit, die Natur der Seele, und ihre Entwickelung. Dieß ſind ohne Zweifel die weſentlichſten Punkte in unſerer Natur. Jch verehre die großen Maͤn- ner, die ihren Scharfſinn auf dieſe Gegenſtaͤnde ſchon verwendet haben, und ich habe geſucht, ihre Bemuͤhungen zu nutzen. Aber ich meine nicht, daß daraus ein Vorurtheil gegen die meinigen, wenn ſie auch jener ihren nicht gleichen, entſtehen werde. Die Menſchheit iſt noch lange eine Gru- be, aus der ſich jeder Forſcher eine gute Ausbeute verſprechen kann, und ich moͤchte hinzuſetzen, auch dann ſogar, wenn er nur die ſchon oft bearbeiteten Gaͤnge von neuem vornimmt. Denn auch bey den angelegentlichſten Wahrheiten, uͤber welche ſchon einiges Licht verbreitet iſt, fehlet noch hie und da ſehr viel an der voͤlligen Evidenz, die alle vernuͤnftige Zweifel ausſchließt.
Was die Methode betrifft, deren ich mich bedient habe, ſo halte ichs fuͤr noͤthig, daruͤber zum
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[[III]/0007]
Vorrede.
Die nachſtehenden Verſuche betreffen die
Wirkungen des menſchlichen Verſtan-
des, ſeine Denkgeſetze und ſeine Grundvermoͤgen;
ferner die thaͤtige Willenskraft, den Grund-
charakter der Menſchheit, die Freyheit, die
Natur der Seele, und ihre Entwickelung.
Dieß ſind ohne Zweifel die weſentlichſten Punkte
in unſerer Natur. Jch verehre die großen Maͤn-
ner, die ihren Scharfſinn auf dieſe Gegenſtaͤnde
ſchon verwendet haben, und ich habe geſucht, ihre
Bemuͤhungen zu nutzen. Aber ich meine nicht,
daß daraus ein Vorurtheil gegen die meinigen,
wenn ſie auch jener ihren nicht gleichen, entſtehen
werde. Die Menſchheit iſt noch lange eine Gru-
be, aus der ſich jeder Forſcher eine gute Ausbeute
verſprechen kann, und ich moͤchte hinzuſetzen, auch
dann ſogar, wenn er nur die ſchon oft bearbeiteten
Gaͤnge von neuem vornimmt. Denn auch bey
den angelegentlichſten Wahrheiten, uͤber welche
ſchon einiges Licht verbreitet iſt, fehlet noch hie
und da ſehr viel an der voͤlligen Evidenz, die alle
vernuͤnftige Zweifel ausſchließt.
Was die Methode betrifft, deren ich mich
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. [III]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/7>, abgerufen am 30.12.2024.
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